Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

923

Sibirische Pest - Sibylle

diese Pläne verwirklicht. Durch Reskript des Kaisers Alexander III., der sich für das Riesenwerk sehr interessierte, vom 17. (29.) März 1891 wurde der Bau der S. E. angeordnet, und nachdem im Mai 1891 von dem damaligen Thronfolger in Wladiwostok, dem Endpunkt der Bahn, der erste Spatenstich vollzogen war, noch im nämlichen Jahre in Angriff genommen. Die S. E. wird eine Gesamtlänge von 7112 Werst erreichen; die Herstellungskosten sind auf 350 Mill. Rubel veranschlagt. Sie bildet die Fortsetzung der noch im europ. Rußland belegenen Staatsbahn Samara-Ufa-Slatoust-Tscheljabinsk. Von Tscheljabinsk führt die Linie über Kurgan und Petropawlowsk nach Omsk am Irtysch, wo sie denselben überschreitend in die Barabinsche Steppe eintritt, um sodann über Kainsk das Dorf Kriwoschtschekow am Ob zu erreichen. Hier überschreitet die S. E. den Ob mittels einer 400 Faden langen Brücke und geht dann über Mariinsk, die Stadt Kansk und Nishne-Udinsk nach der Stadt Irkutsk. Auf der Strecke Mariinsk-Irkutsk ist das Gelände sehr gebirgig, auch müssen die Flüsse Uda, Ija und Oka überbrückt werden. Die Stadt Tomsk bleibt 80 Werst nördlich von der Bahn und soll mittels einer Stichbahn angeschlossen werden. Von Irkutsk führt die Linie am Baikalsee entlang bis zur Station Mysowskaja an der Südseite des Sees, worauf das Witimplateau überschritten wird; über die Distriktsstadt Tschita und dann dem Schilkafluß folgend erreicht die S. E. die der Stadt Srjetensk gegenüber liegende Ansiedelung Matakan. Der nächste Abschnitt bis zur Stadt Chabarowka am rechten Ufer des Amur (2000 Werst) ist noch nicht allgemein bearbeitet. Es wird beabsichtigt, die Bahn auf 600 Werst im Thal des Schilka- und Amurflusses zu führen, dann den Amur zur Abkürzung des Weges zu verlassen und erst nach weitern 1400 Werst an der Mündung des Ussuri auf einer Brücke von 1200 Faden zu überschreiten. Dann geht die Linie 400 Werst am Ussuri entlang, wobei die Flüsse Chor, Bikin und Iman überbrückt werden. Der Ussuri bildet hier bis zum Chankasee gleichzeitig die Reichsgrenze gegen China. Unter Überschreitung des Ussuri (6755 Werst) geht die Linie an den Gebirgslehnen des Chankasees und im Thal des Lefaflüßchens entlang nach der Station Nikolskaja (6982 Werst), von hier aus am Sujfunflusse entlang nach Chabarowka, demnächst in der Richtung auf die Stadt Wladiwostok, wo an der Bucht des Solotoj Rog (goldenes Horn) die Endstation in 7083 Werst liegt. Die Länge und Baukosten verteilen sich folgendermaßen:

Bezeichnung der Bahnen Werst Rubel

Westsibir. Eisenbahn (Tscheljabinsk-Obfluß) 1328 47361479

Mittelsibir. Eisenbahn (Ob-Irkutsk) 1754 73272898

Baikalsee-Umgehungsbahn (Irkutsk-Mysowskaja) 292 22310820

Transbaikalsche Eisenbahn (Mysowskaja-Srjetensk) 1009 53309817

Amur-Eisenbahn (Srjetensk-Chabarowka) 2000 117555835

Ussuri-Eisenbahn, und zwar:

a. Nordussurische Sektion (Chabarowka-Grafskaja) 347 18738582

b. Südussurische Sektion (Grafskaja-Wladiwostok) 382 17661051

^[Additionslinie]

Zusammen 7112 350210482

Außer diesen Beträgen sind noch 8 Mill. Rubel zur Herstellung einer Verbindung der S. E. (von Tscheljabinsk aus) mit der Station Ostrowskaja der Uralbahn und ferner vorläufig 14 Mill. Rubel zur Anlage von Häfen und Flußkorrektionen vorgesehen. Über den Stand der Bauarbeiten Ende 1894 berichtete der Minister der Verkehrsanstalten in der Sitzung des Sibirischen Eisenbahnkomitees, welche unter dem Präsidium des Kaisers Nikolaus II. als erste nach dessen Thronbesteigung stattfand. Auf der ersten Teilstrecke der Westsibir. Bahn (von Tscheljabinsk bis Omsk am Irtyschfluß) sind 742 Werst nebst Telegraphenverbindung und 60 Proz. aller Oberbauten fertig gestellt und dem Verkehr übergeben, von der zweiten Teilstrecke der Westsibir. Bahn (von Omsk bis zum Obfluße) sind 100 Werst bereits befahrbar, sonst die Arbeiten in vollem Gange, auch Schienen und Wagen teilweise angeliefert. Auf der ersten Teilstrecke der Mittelsibir. Bahn vom Ob bis zur Stadt Krasnojarsk werden 300 Werst vollendet sein bei fertig gestellter Telegraphenlinie und genügend vorhandenem Material für den Weiterbau der Bahn; die zweite Teilstrecke von Krasnojarsk bis Irkutsk mit der Zweiglinie nach Tomsk befindet sich im Bau. Von der Ussuribahn ist die südl. Sektion bis 1 Werst vor der Station Grafskaja, dem Endpunkt dieser Sektion, fertig gestellt. Im ganzen waren Ende 1894 gegen 1518 Werst von der Gesamtstrecke der S. E. fertig, etwa 100 Werst mehr als der fünfte Teil der ganzen Länge der Hauptlinien. In Regierungskreisen ist die Frage neuerdings angeregt, die S. E. mit Turkestan in Verbindung zu bringen, und sind zwei Linien hierfür in Vorschlag gebracht: Tscheljabinsk-Turgaj - Turkestan und Petropawlowsk-Atbassar-Turkestan. - Vgl. Encyklopädie des gesamten Eisenbahnwesens, hg. von Roll, Bd. 6 (Wien 1894).

Sibirische Pest, s. Milzbrand.

Sibirische Tataren, s. Irtysch-Tataren.

Sibirīt, Mineral, s. Turmalin.

Šibkapaß, s. Schipkapaß.

Sibth., hinter lat. Pflanzennamen Abkürzung für John Sibthorp, geb. 28. Okt. 1758 zu Oxford, Professor der Botanik daselbst, gest. 7. Febr. 1796 zu Bath; seine "Flora graeca" wurde von Smith und Lindley fortgesetzt (10 Bde., Lond. 1806-40).

Sibylla, der 168. Planetoid.

Sibylle, bei den Griechen der Name für Frauen, welche, von Begeisterung ergriffen, geweissagt haben sollten. Ansätze zu den Sagen von S. finden sich zuerst in der Sage von Kassandra. Lange Zeit sprach man nur von einer S.; später nahm man bis zu 12 S. an, die in verschiedenen Orten und Ländern heimisch gewesen sein sollten. In Italien erzählte man von den S. von Cumä und Tibur. Die Cumäische S. (nach Virgil Deïphobe, s. d.) bot der Sage nach dem röm. König Tarquinius Superbus neun Rollen (Sibyllinische Bücher) ihrer Weissagungen zum Kauf an und warf, als dieser den geforderten Preis zu hoch fand, drei und wiederum drei Rollen ins Feuer, bis der König für die drei letzten die anfangs für alle neun verlangte Summe zahlte. Diese "Libri Sybillini" wurden in Rom als heiliges Gut im Kapitolinischen Tempel unter Aussicht einer eigenen, anfangs aus 2, seit dem J. 367 v. Chr. aus 10, seit Sulla aus 15 Mitgliedern bestehenden priesterlichen Behörde (s. Decemvirn) aufbewahrt und durften nur auf ausdrücklichen Befehl des Senats befragt werden. 83 v. Chr. wurde die ältere Sammlung mit dem Tempel ein Raub der Flammen. Man sandte deshalb Boten aus, besonders nach Kleinasien, um das, was in Tempeln des Apollo oder sonst an sibyllinischen