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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Simon (Aug. Heinr.); Simon (Emma); Simon (Gustav); Simon (Jules); Simon Magus

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Simon Magus – Simon (Jules)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Simon'

ihn «den Eiferer», nach einer andern Auslegung seines hebr. Beinamens. Er soll der kirchlichen Sage nach im Bosporanischen Reiche und mit dem Apostel Judas in Babylonien das Christentum gepredigt haben und den Märtyrertod gestorben sein. Sein Gedächtnistag in der griech. Kirche ist der 10. Mai, in der römischen (zugleich mit Judas) der 28. Okt. – Vgl. Lipsius, Die apokryphen Apostelgeschichten und Apostellegenden, Bd. 2, 2. Hälfte (Braunschw. 1884). – S. Petrus, s. Petrus (Apostel).

Simon Magus, ein schon in der Apostelgeschichte erwähnter samaritanischer Zauberer, der in der christl. Sage des 2. Jahrh. eine bedeutende Rolle spielt. Nach Justinus dem Märtyrer war er aus dem Flecken Gitta in Samaria gebürtig und wurde von den meisten Samaritanern als höchste Gottheit zugleich mit seiner Genossin, der Buhlerin Helena, verehrt. In der judenchristl. Sage, wie sie namentlich in den Clementinischen Rekognitionen und Homilien (s. Clemens Romanus), aber auch in apokryphischen Petrusakten erscheint, ist unter der Maske desselben der Apostel Paulus verborgen, der dem echten Simon, dem Apostel Petrus, überall als Widersacher gegenübertritt, von diesem aber immer aufs neue in Disputationen besiegt, über Land und Meer verfolgt und schließlich in Rom, wo der Magier gen Himmel zu fahren versucht, als Betrüger entlarvt und schmählich gestürzt wird. (Vgl. Lipsius, Die apokryphen Apostelgeschichten, Bd.2, Braunschw. 1881; ders.. Die Quellen der röm. Petrussage, Kiel 1871, und danach W. Lang in den Transalpinischen Studien, Bd. 1, Lpz. 1875.) – Bei den Kirchenvätern erscheint S. M. als der Erzketzer und Stammvater aller gnostischen Sekten. So unhistorisch diese Auffassung ist, so hat es doch wirklich eine gnostische Sekte der Simonianer gegeben, die den S. M. als eine Offenbarung des höchsten Gottes betrachteten. Im übrigen haben die simonianischen Meinungen Ähnlichkeit mit denen der Ophiten (s. d.). Unter beiden Parteien war gegen Ende des 2. Jahrh. eine angeblich von S. M. selbst herrührende Schrift: «Die große Verkündigung», verbreitet, die eine unter stoischen Einflüssen vollzogene Fortbildung älterer gnostischer Lehren darstellt.

Simon, Aug. Heinr., deutscher Politiker, von jüd. Abstammung, geb. 29. Okt. 1805 zu Breslau, studierte in Berlin und Breslau die Rechte, trat 1834 in den preuß. Staatsdienst und wurde 1844 zum Stadtgerichtsrat in Breslau befördert. Mehrere gegen das Gesetz vom 29. März 1844 gerichtete Broschüren, in denen er die Unabhängigkeit des Richterstandes verteidigte, veranlaßten seinen Austritt aus dem Staatsdienst, den er in der Schrift «Mein Austritt aus dem preuß. Staatsdienst» (Lpz. 1846) begründete. In das Frankfurter Parlament gewählt, schwang er sich hier zu einem der hervorragendsten Mitglieder der demokratischen Linken auf, trat im März 1849 in entscheidender Weise für das Erbkaisertum ein, begleitete auch das Parlament nach Stuttgart und wurde dann in die Reichsregentschaft gewählt. Nachdem das sog. Rumpfparlament gesprengt worden war, ging er nach der Schweiz. Im Sept. 1851 wurde er wegen seiner polit. Thätigkeit in contumaciam zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt. Seit 1851 lebte S., an industriellen Unternehmungen beteiligt, in Zürich. Er ertrank beim Baden im Walensee 16. Aug. 1860. Zu Murg wurde ihm 1862 ein Denkmal errichtet. – Vgl. Heinrich S. (hg. von Joh. Jacoby, 2. Aufl., Berl. 1865). ↔

Simon, Emma, geborene Couvely, als Schriftstellerin bekannt unter dem Pseudonym E. Vely, geb. 8. Aug. 1848 zu Braunfels bei Wetzlar, schrieb als Erzieherin in einer Oberförsterei Westfalens ihre erste Novelle «Gegen den Strom». 1871 verheiratete sie sich mit dem Buchhändler S. in Stuttgart, von dem sie später geschieden wurde. Sie lebte dann in Frankfurt a.M. und wohnt jetzt in Berlin. Sie schrieb mehrere Romane, Novellen, einige dramat. Werke und das histor. Werk «Herzog Karl von Württemberg und Franziska von Hohenheim» (Stuttg. 1876; 3. Aufl., Herzb. 1877).

Simon, Gustav, Chirurg, geb. 30. Mai 1824 zu Darmstadt, studierte zu Gießen und Heidelberg, war 1848–61 als Militärarzt und Operateur in Darmstadt thätig, wurde 1861 Professor in Rostock, 1867 in Heidelberg, wo er 21. Aug. 1876 starb. Ihm verdankt die Chirurgie auf fast allen Gebieten Anregung und Förderung. Er schrieb: «Über Schußwunden» (Gieß. 1851), «Über Heilung der Blasenscheidenfisteln» (ebd. 1854), «Die Exstirpation der Milz» (ebd. 1854), «Über die Operation der Blasenscheidenfisteln» (Rostock 1862), «Mitteilungen aus der chirurg. Klinik zu Rostock» (2 Bde., Prag 1867), «Chirurgie der Nieren» (2 Bde., Stuttg. 1871–76).

Simon (spr. ßimóng), Jules (eigentlich Jules François Simon Suisse), franz. Philosoph und Staatsmann, geb. 31. Dez. 1814 in Lorient, wurde 1835 philos. Hilfslehrer an der Pariser Normalschule, sodann Oberlehrer an den Lyceen in Caen und Versailles und 1839 Cousins Stellvertreter in der Professur der Philosophie an der Sorbonne zu Paris. Aus dieser Zeit stammen mehrere philos. Schriften, unter andern die «Histoire de l'école d'Alexandrie» (2 Bde., Par. 1844–45). 1848 wurde er in die Konstituierende Versammlung gewählt, wo er sich an die gemäßigten Republikaner des linken Centrums anschloß. Nach Napoleons Staatsstreich vom 2. Dez. 1851 brachte ihn die Verweigerung des amtlichen Huldigungseides um die Professur an der Sorbonne. Hierauf veröffentlichte er die Verteidigungsschrift «Le devoir» (1854 u.ö.); ferner «La liberté» (2 Bde., 1859 u.ö.), «La liberté de conscience» (1857 u.ö.); endlich die ergreifende Schilderung von dem Lebenslose der Arbeiterinnen: «L'ouvrière» (1861 u.ö.). In demselben Jahre und auch 1869 im achten Wahlbezirk der Hauptstadt als Oppositionskandidat für den Gesetzgebenden Körper gewählt, machte er hier bei Verhandlungen über Arbeits-, Unterrichts- und Staatswirtschaftsfragen sein Talent in hervorragender Weise geltend. Gleichzeitig veröffentlichte er mehrere populär-philos. Schriften: «L'école» (1864 u.ö.), eine Verteidigung des unentgeltlichen und obligatorischen Volksunterrichts, «Le travail» (1866), «L'ouvrier de 8 ans» (1867), «La politique radicale» (1868), «La peine de mort» (1869). Nach dem Sturz des Kaiserreichs wurde er Mitglied der Regierung der nationalen Verteidigung und Minister des öffentlichen Unterrichts. Dasselbe Amt erhielt er unter Thiers' Präsidentschaft (19. Febr. 1871), nachdem er 8. Febr. zum Abgeordneten der Nationalversammlung gewählt war. In seiner versöhnlichen Gesinnung konnte S. jedoch weder die Anhänger der monarchischen Koalition noch die Doktrinäre der republikanischen Parteien zufrieden stellen, weshalb er sich kurz vor Thiers' Sturz (24. Mai 1873) zum Abtreten genötigt sah. Er übernahm die Leitung der gemäßigten republikanischen Gruppe. Unterdessen ließ er die «Souve-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 987.