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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sindhi - Sinfonie

floh nach Dschaisalmir, wo er starb, Sein Sohn unterwarf sich, wurde als Herr von S. bestätigt; er gründete Muradabad. 1757 empörten sich seine Unterthanen und setzten seinen Bruder auf den Thron. Dieser eroberte Katschh, gründete 1768 Haidarabad. Wahrend seiner Regierung gründete 1758 die «East India Company» in Tatta eine Faktorei. Sein Nachfolger Sarfaras Chan vertrieb die Engländer 1775. Bald darauf setzten die Belutschen den Fürsten ab. 1777 folgte ihm sein Oheim Ghulam Nabi Chan. Gegen ihn erhob sich der Talpurfürst Mir Bidschar; im Kampfe gegen ihn verlor der Kalorafürst das Leben. Abd ul-Nabi Chan, sein Bruder, folgte ihm und ließ alle Verwandten aus Vorsicht töten. Er schloß einen Vertrag mit Mir Bidschar, blieb demzufolge Herrscher und der Talpurhäuptling ward sein Minister. 1781 kam wieder eine Armee von Kandahar nach S., um die Tributzahlungen einzufordern. Doch Mir Bidschar schlug den Feind bei Schikarpur. Darauf ermordete Abd ul-Nabi Chan seinen zu erfolgreichen General. Der Sohn des ermordeten Talpurfürsten, Abdullah Chan, stürzte nun den letzten Kalorafürsten, der nach Kelat floh und wiederholt vergebens zurückzukehren versuchte. Mir Fatih-Chan, der erste Lehnsfürst aus dem Stamme der Talpur, ein Verwandter der ermordeten Fürsten, erhob 1786 seine drei jüngern Brüder zu Mitregenten, und alle vier nannten sich Emir (Amir) oder Fürsten von S. Als ihre Nachkommen 1839 die mit den Engländern abgeschlossenen Verträge brachen, entwickelte sich 1843 ein Krieg, in welchem Napier durch seinen Sieg bei Miani 17. Febr. das Schicksal des Landes entschied.

Sindhi, eine der sieben neuern Indischen Sprachen (s. d.), welche in der Provinz Sindh gesprochen wird. Es ist reich an Wörtern nichtarischen Ursprungs. – Vgl. Stack, Grammar of the S. language (Bombay 1849) und Dictionary, S. and English (2 Bde., ebd. 1849‒55); E. Trumpp, Grammar of the S. language (Lond. 1872).

Sindhia, Titel der Fürsten von Gwaliar (s. d.).

Sindh-Pandschab-Dehli-Eisenbahn, s. Ostindien (Bd. 12, S. 752 a).

Sindhu, Fluß, s. Indus.

Sindringen, Stadt im Oberamt Öhringen des württemb. Jagstkreises, am Kocher, hat (1890) 751 E., Post, Telegraph und evang. Kirche.

Sineār, der alttestamentliche Name von Babylonien (s. d.).

Sined, der Barde, Anagramm des Dichters J. N. C. M. Denis (s. d.).

Sine ira et studĭo (lat.), «ohne Zorn und ohne Vorliebe», d. h. ohne Parteilichkeit, Citat aus Tacitus’ «Annalen» (Ⅰ, 1).

Sinekūre (lat. sine cura, d. h. ohne Seelsorge), eine Pfründe, welche dem Inhaber Einkünfte gewährt, ohne ihm geistliche Amtsgeschäfte aufzuerlegen; übertragen auf andere ohne entsprechende Mühewaltung einträgliche Stellungen.

Sine loco et anno (lat., abgekürzt S. l. e. a.), ohne Ort und Jahr (von Büchern ohne Druckort und -Jahr).

Sinēsen und Sinesisch, soviel wie Chinesen und Chinesisch.

Sinfonie (grch. symphōneia, Zusammenklang; ital. sinfonīa), in der modernen Musik ein Instrumentalwerk, bei dem das ganze Orchester thätig ist, und zwar so, daß die einzelnen Instrumente sich selbständig bewegen. Hierdurch unterscheidet die S. sich von dem Orchesterkonzertstück, das einzelnen Instrumenten auf Kosten der andern eine bevorzugte Stellung einräumt. Die S. besteht aus mehrern Hauptsätzen und ist an Form und Inhalt die größte Leistung der reinen Instrumentalmusik.

Als um das J. 1600 die Begleitung der Instrumente zum ein- und mehrstimmigen Gesange mehr und mehr in Aufnahme kam, bezeichnete man mit S. die selbständigen Vor-, Zwischen- und Nachspiele der Singstücke, und letztere wurden infolgedessen auch wohl selbst so genannt (einige der größten Werke von Giov. Gabrieli, Hasler und Schütz sind «Symphoniae sacrae» betitelt). Daß es hierbei auf eine gewisse Selbständigkeit und abgeschlossene Form der kleinen instrumentalen Sätze abgesehen war, konnte man schon damals bemerken. Der Name Sinfonia blieb dann haften an den Einleitungsstücken zu musikalischen und andern Schauspielen und hielt sich noch lange neben der durch die franz. Oper Lullys aufgekommenen Bezeichnung «Ouverture». Ein Stilunterschied zwischen beiden bildete sich erst im Verlaufe der weitern Entwicklung aus. Keime der spätern S. enthielten die um 1700 blühenden, meist für Soloinstrumente (besonders Violinen, Flöten und Oboen) geschriebenen Sonaten, namentlich in der Form und Folge der Sätze, während das Concerto grosso die Bildungsstätte der S. wurde durch Benutzung des großen Orchesters, im übrigen aber S. und Instrumentalkonzert in sich vereinigte.

Seit 1760 ging die S. mit schnellen Schritten ihrer Vollendung entgegen durch Joseph Haydn, der durch seine sehr reiche musikalische Produktivität und durch die genaue Bekanntschaft mit sämtlichen Instrumenten in mehr als hundert Werken dieser Art die S. zu derjenigen festen Form und innern musikalischen Selbständigkeit gestaltete, in welcher sie seither ihre größte Vollendung erreicht hat. Mehrere seiner S. sind noch konzertierender Art und hängen mit dem Concerto grosso zusammen, auch sind die frühesten für ein beschränktes Orchester, z. B. ohne Flöte, gesetzt; aber die Form von vier Sätzen (Allegro, Andante oder Adagio, Menuett, Allegro-Schlußsatz) und die reichere innere Gestaltung gewannen vor allem durch das neue Mittel der thematischen Arbeit und motivischen Entwicklung. Eine weitere Stufe in der Entwicklung der S. bezeichnet Mozart mit seiner Einführung der Kantabilität, d. h. einer Mischung aus sinfonischen Elementen und aus Elementen der elegischen Gesangsmusik. Beethoven vollendete die Gattung in seinen berühmten neun Werken: er entwickelte und erweiterte das Orchester zu der größtmöglichen Freiheit und Mannigfaltigkeit und erhöhte in entsprechendem Maße die Ausdrucksfähigkeit. Mit seiner neunten S., in der er durch Einführung des Gesangs selbst die bisherige Form durchbrach, wirkte er erst später, dann aber auch um so bedeutender, auf die Kunst ein. Bis auf Mendelssohn und Robert Schumann hielt die S. sich noch wesentlich in der frühern geschlossenen Form, wenn auch abweichend in der Zahl und Ordnung der Sätze. Das Gebiet der Programmmusik, das Beethoven schon mit Maß gestreift hatte (z. B. in der Pastoralsinfonie) und andere neben ihm eifrig bis zur Übertreibung (namentlich in «Schlachtensinfonien») gepflegt hatten, betrat als großer Sinfoniker zuerst Hector Berlioz, der die alte mehrsätzige Form beibehielt, während Franz Liszt in «Sinfonischen Dichtungen» einsätzige Orchesterstücke nach einem bestimmten poet. Programm schrieb. Liszt hat zahlreiche Nachfolger gefunden, wie