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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sparkassen

meindesparkassen Preußens kommt zunächst das Reglement vom 12. Dez. 1838, die Errichtung von Gemeindesparkassen betreffend, in Betracht, wonach die Genehmigung der Errichtung und die Bestätigung des Statuts den Oberpräsidenten zusteht. Spätere Erlasse beziehen sich auf die Anlagen der Gelder und die Förderung der Kreissparkassen neben den Gemeindesparkassen. Für die Anlage der Sparkassengelder sind Hypotheken, inländische Staatspapiere und Pfandbriefe sowie weitere völlig sichere Anlagen, auch bloße Schuldscheine unter Bestellung von Bürgschaften zugelassen. 1895 waren 28,51 Proz. der Sparkapitalien in Hypotheken auf städtische, 25,77 Proz. in Hypotheken auf ländliche Grundstücke, 30,28 Proz. in Inhaberpapieren angelegt. Am bedeutendsten sind in Preußen die städtischen S.; außer ihnen aber giebt es zahlreiche Landgemeinde-, Kreis- und Amtskassen sowie auch Provinzial-, Vereins- und Privatsparkassen. In Württemberg besteht die 1818 gegründete Württembergische Sparkasse zu Stuttgart mit zahlreichen Annahmestellen im Lande; ihre Einrichtung und Betrieb ist durch Satzungen und Ministerialverfügungen geregelt. Außerdem giebt es noch Bezirkssparkassen, für welche die Amtskörperschaften die Bürgschaft übernommen haben; auch Privatsparkassen sind zugelassen. In Baden ist das Sparkassenwesen durch Gesetz vom 9. April 1880 geregelt. In Sachsen stehen die S. fast ausnahmslos in der Verwaltung und unter der Garantie der Gemeinden, wo sie ihren Sitz haben. In Oldenburg gestattet das Gesetz vom 15. April 1865 die Errichtung von Ersparungskassen durch Gemeinden. In Sachsen-Weimar sind die S. der staatlichen Oberaufsicht unterworfen. In Braunschweig ist das Sparkassenwesen durch die Gesetze vom 10. Juli 1892 und 19. Febr. 1895 neu geordnet. Das Fürstentum Reuß j. L. hat drei Landessparkassen, für welche das Statut vom 22. Dez. 1883 mit nachträglichen Änderungen maßgebend ist. Für Elsaß-Lothringen sieht das Gesetz vom 14. Juli 1895 die Errichtung und Auflösung von S. durch kaiserl. Verordnung vor und regelt die staatliche Aufsicht. In den übrigen deutschen Staaten fehlen besondere gesetzliche Bestimmungen über S.

Die deutschen S. Ende 1894:

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Staaten Zahl der Kassen Zahl der Sparbücher Gesamtguthaben Mill. M. Auf 1 Sparbuch kommen M. Eingezahlte Summen Mill. M. Erhobene Summen Mill M.

Preußen 1483 6 527 337 4000,7 613 1111,6 862,0

Bayern 323 638 887 216,3 339 49,1 21,9

Sachsen 239 1 853 293 690,2 372 143,5 133,2

Württemberg 56 386 916 167,2 433 37,7 28,6

Baden* 133 302 352 269,8 892 57,1 47,7

Hessen 43 193 575 141,4 730 31,8 24,7

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* Für Baden beziehen sich die Zahlen auf das J. 1892.

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In Österreich ist nach dem Reglement vom 26. Sept. 1834 für die Errichtung und Statuten von S. staatliche Genehmigung erforderlich. Sie können mit Leihhäusern verbunden werden; ihre Verwaltung ist aber getrennt zu halten. Für die Anlage der Sparkapitalien kommt ferner ein Dekret vom 9. Febr. 1857 in Betracht. 1830 waren nur 6 Kassen, 1870 schon 192 Kassen vorhanden. Ende 1894 gab es 472 Kassen (380 Gemeinde-, 66 Vereins-, 26 Bezirkssparkassen), d. i. eine Sparkasse auf 635,62 qkm und 52 408 E. Die Einzahlungen betrugen 388,3, die Rückzahlungen 375,29, die Zinsen (kapitalisiert und ausbezahlt) 56,07 Mill. Fl. Die Zahl der Bücher betrug 2 786 448 mit 1530,71 Mill. Fl. Guthaben. Ungarn hatte Ende 1892: 551 S. mit einem Guthaben von 510,68 Mill. Fl.

In Großbritannien datiert der Aufschwung der privaten S. (Saving Banks) von dem ersten Gesetz 1817 (1819 auch auf Schottland ausgedehnt), hiernach wurde den Leitern, Vertrauensmännern (trustees), der Bezug von Gewinn oder Entschädigung verboten und für die Fonds der Sparbanken eine leichte und vorteilhafte Anlage bei der Staatsschuldenkommission gewährt. Die große Zunahme der Einlagen schuf jedoch mancherlei Schwierigkeiten. Die Neuregelung und Ergänzung erfolgte durch Gesetze vom 28. Juli 1863, 7. Sept. 1880 und die Savings Act von 1894 (54 und 55 Vict. Ch. 21). Letzteres Gesetz ergänzt namentlich die Kontrolle. Die privaten Sparbanken haben seit Einführung der Postsparkassen (s. d.) 1861 unter deren Konkurrenz sehr zu leiden. 1859 gab es bei ihnen 1½ Mill. Einleger und etwa 40 Mill. Pfd. St. Einlagen. Ende 1895 zählte man im Vereinigten Königreich 1 516 229 Einlagen im Gesamtbetrage von 45,31 Mill. Pfd. St., während die staatliche Postsparkasse viermal soviel Sparer und das doppelte Einlagekapital aufweist.

In Frankreich beruht die Regelung der S. auf dem Gesetz vom 3. Juni 1835, welches später abgeändert und ergänzt wurde. Durch Gesetz vom 31. März 1837 wurde die Caisse des dépôts et consignations beauftragt, unter Verantwortlichkeit der Staatskasse die Gelder der S. zu empfangen und zu verwalten. Die Kapitalien werden vorzugsweise in Französischer Rente (s. d.) angelegt. Das neue Sparkassengesetz vom 20. Juli 1895 beschränkt die zulässige Höhe der Guthaben und jährlichen Einlagen auf 1500 Frs. Der Zinssatz, welchen die Caisse des dépôts et consignations den S. gewährt, bestimmt sich nach der Rentabilität der Wertpapiere und des Kontokorrents mit dem Staatsschatze, welches die Summe von 100 Mill. Frs. nicht übersteigen darf. Die Veränderungen dieses Zinssatzes sollen in Viertelprozenten ausgedrückt werden. Der Zinssatz für die Einlagen darf im Minimum ¼, im Maximum ½ Proz. geringer sein als obiger Zinsfuß. Dieser Unterschied soll aber nicht mehr betragen, als zur Kostendeckung und Ansammlung des gesetzlichen Reservefonds (Art. 9) erforderlich ist. Bei der Caisse nationale muß der Abschlag mindestens ½ Proz. betragen und ausreichen, daß ihr Zinsfuß um ¾ Proz. geringer ist als der von der Caisse des dépôts den privaten S. gewährte Zinssatz. Die S. bedürfen der staatlichen Genehmigung und unterstehen behördlicher Aufsicht. (Statistisches s. Frankreich, Bank- und Geldwesen.)

In Belgien besteht eine staatlich garantierte Spar- und Pensionskasse, die Caisse générale d'épargne et de retraite (s. d.); außerdem noch einige städtische und private S., deren Einlagen zusammen Ende 1892 etwa 34 Mill. Frs. betrugen. In Italien (Gesetz vom 15. Juli 1888 mit Reglement vom 4. April 1889) unterliegen die S. ministerieller Genehmigung und staatlicher Aufsicht und erlangen die Rechte einer jurist. Person. Über die Anlagen müssen die Statuten genaue Bestimmungen enthalten. Ende 1895 zählte man 1 588 412 Bücher mit 1343,7 Mill. Lire Guthaben. Außer den gewöhnlichen S. und den Postsparkassen (s. d.) nehmen auch die genossenschaftlichen Kreditvereine Spareinlagen an.