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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Steinkohlenformation

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Steinkohlenformation

Temperaturerhöhung vor sich, also wenn die Kohlen auf großen Haufen liegen. Die Erwärmung erfolgt sehr rasch bei schwefelkieshaltigem Grubenklein und kann sich nach und nach bis zur Entzündung steigern.

Für England und die Jahre 1869 und 1887 berechnet Pric-Williams folgende Prozentsätze der Verwendungsarten:

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Verwendungsarten 1869 1887

Roheisenerzeugung 15,21 9,44

Verarbeitung von Roheisen 15,00 7,02

Metallindustrie 0,80 0,80

Bergbaubetrieb 6,72 6,72

Dampfschiffahrt 3,05 8,24

Eisenbahnbetrieb 1,89 3,98

Gaserzeugung 5,87 5,87

Wasserwerke u.s.w. 1,40 5,87

Verschiedene Industrien 23,58 23,58

Haushaltungen 17,20 17,44

Armee 0,18 0,18

Ausfuhr 9,10 15,09

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Diese Tabelle zeigt den bedeutenden Mehrbedarf des Verkehrswesens, sowie die erheblichen Fortschritte, welche in den Methoden der Eisenerzeugung bezüglich Kohlenersparnis gemacht worden sind.

Die Kohlenausbeute aller Länder der Erde betrug (zum Teil mit Einschluß der Braunkohlen) in Millionen Tonnen:

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Jahre Produktion Jahre Produktion Jahre Produktion

1860 136 1881 365 1889 485,4

1866 185 1882 383,9 1890 514,1

1872 260 1883 409,5 1891 525,3

1875 233 1884 409,4 1892 530,4

1877 294 1885 407,4 1893 550,6

1878 293 1886 407,0 1894 560,0

1879 312 1887 433,5 1895 573,5

1880 345 1888 469,6 1896 590,0

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Davon entfielen 1895 auf Europa 357, auf die Vereinigten Staaten von Amerika 196, auf Großbritannien 190, Deutschland 79 (Wert 538,9 Mill. M.), Frankreich 27, Belgien 20,5, Österreich-Ungarn 11, Rußland 10 Mill. t. - Ausgeführt wurden 1895 aus Großbritannien 33 111 660 t Wert über 308 Mill. M.), aus Deutschland 5 117 356 t S. und 461 779 t Koks (143,8 Mill. M.). Die andern Länder, zur Zeit auch noch Nordamerika, haben eine namhafte Ausfuhr von S. nicht aufzuweisen, die meisten derselben sind sogar auf die Einfuhr angewiesen. - Der jährliche Kohlenverbrauch (einschließlich Braunkohlen) in Kilogramm pro Kopf der Bevölkerung betrug:

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Länder 1865 1888 1890 1893 1895

Großbritannien 3092 3959 4124 4204 4302

Belgien 1577 2458 2653 2798 2811

Vereinigte Staaten von Amerika 598 2131 2274 2563 2824

Deutschland 730 1696 1837 2004 2217

Frankreich 470 851 954 1007 1124

Österreich-Ungarn 139 536 591 650 683

Rußland 15 71 80 114 184

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In England waren 1883: 471 000 Personen bei dem Steinkohlenbergbau beschäftigt, 1893 dagegen, ohne daß eine dem entsprechende Mehrförderung stattfand, 640 000 Personen, teils weil die Arbeitszeit verkürzt worden war, teils weil die wachsende Tiefe der Bergwerke sowohl mehr Maschinerie als auch mehr Arbeitskräfte verlangte. 1883 förderte ein Bergmann 347, 1893 nur 256 t. In Deutschland berechnet man die Förderung eines Kohlenbergmanns durchschnittlich mit 258, in Frankreich mit 198, in Belgien 166, Österreich-Ungarn 201, in den Vereinigten Staaten mit 492 t Jahresleistung.

Nach Schätzungen betragen die noch vorhandenen Steinkohlenvorrate in mitteleurop. Staaten:

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Gebiete Mill. Tonnen Gebiete Mill. Tonnen

Ruhrgebiet 60 000 Übriges Deutschland 400

Saargebiet 45 000 Ganz Deutschland 158 600

Aachen 1 800 England 110 000

Oberschlesien 50 000 Frankreich 18 000

Niederschlesien 1 000 Österreich-Ungarn 17 000

Königreich Sachsen 400 Belgien 15 000

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Der voraussichtliche Kohlenvorrat der Vereinigten Staaten von Amerika, mit Ausnahme desjenigen der Rocky-Mountains, soll nach einer Berechnung des Generals J. Wistar in Philadelphia noch 684 Milliarden Tonnen bergen.

Die Erschöpfung der Vorräte wird sich nach Nasse zunächst in Frankreich, Österreich-Ungarn und Belgien bemerkbar machen und zwar nach spätestens 500 Jahren, alsdann in Großbritannien und zuletzt in Deutschland, hier nach etwa 800-1000 Jahren. Wenn man die Kohle als Träger motorischer Kraft betrachtet, so hat das Abnehmen der Kohlenvorräte nach dem heutigen Stand der Technik nichts Beunruhigendes, da man mittels elektrischer Kraftübertragung die ganze Erde mit Kraft versorgen kann, die aus den natürlichen Wasserkräften stammt. Allein die im Niagarafall täglich fast unbenutzt vorüberfließende Arbeit ersetzt die Arbeit, die in den täglich geförderten Kohlen der ganzen Erde enthalten ist.

Litteratur. Voigt, Versuch einer Geschichte der S. (Weim. 1802-5); Geinitz, Fleck und E. Hartig, Die S. Deutschlands und anderer Länder Europas (2 Bde., Münch. 1865); Pechar, Kohle und Eisen (2. Aufl., Berl. 1880); Frantz, Deutschlands, namentlich Oberschlesiens S. (Beuthen 1876); Lange, Der Abbau der Steinkohlenflöze (Saarbr. 1884); Demanet, Der Betrieb der Steinkohlenbergwerke (deutsch von Leypold, Braunschw. 1885); Muck, Die Chemie der S. (2. Aufl., Lpz. 1891); Nasse, Die Kohlenvorräte der europ. Staaten, insbesondere Deutschlands, und deren Erschöpfung (Berl. 1893); Lemberg, Die Steinkohlenzechen des niederrhein.-westfäl. Industriebezirks (4. Aufl., Dortm. 1897).

Steinkohlenformation, Carbon oder Carbonische Formation, ein bald nur einige hundert, bald bis 4000 m mächtiger Schichtenkomplex der Paläozoischen Formationsgruppe (s. d.). Man unterscheidet eine untere, aus Kalksteinen oder aus Grauwacken und Thonschiefern bestehende Abteilung, meist ohne Steinkohlen (s. Subcarbon), und eine obere, aus Schieferthonen oder Sandsteinen mit mehr oder minder zahlreichen Kohlenlagern (Kohlenflözen), die produktive S. Die in der letztern auftretenden Kohlen sind Steinkohle (s. d.) oder Anthracit (s. d.); das Material zu ihrer Bildung lieferten Calamiten, Sigillarien, Lepidodendren, Farne und Nadelhölzer. Mit den in den Schieferthonen meist gut erhaltenen Resten von Pflanzen kommen auch Reste von luftatmenden Tieren vor, wie Schaben, Spinnen, Skorpione, salamanderähnliche Amphibien; seltener sind in der produktiven S. Schichten mit mariner Fauna. (S. die Abbildungen einiger Leitfossilien auf der Tafel: Petrefakten der Paläozoischen Formationsgruppe III und IV, Fig. 1-5, Bd. 12, S. 815.)

Die Hauptverbreitungsgebiete der S. (Kohlenfelder) sind: a. In Europa: Großbritannien mit einer Fläche von 26 430 qkm; Belgien mit den Becken von Lüttich, Charleroi und Mons; im Deutschen Reich (s. die Geologische Karte von Deutschland, Bd. 5, S.114): Inde-Wormbecken bei Aachen, Rheinisch-Westfälisches Kohlenbecken mit