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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Strategische Grenze; Strategischer Aufmarsch; Strategische Umgehung; Strategopulos; Stratford; Stratford-Avon; Stratford de Redcliffe

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Strategische Grenze - Stratford de Redcliffe

zwungen auf die eine oder die andere Seite übergetreten, so dehnt sich die S. F. bis zum Kanal aus. Denkt man sich Deutschland und Italien gegen Frankreich verbündet, so wird die S. F. der beiden Verbündeten durch die Schweiz unterbrochen.

Strategische Grenze, s. Grenze.

Strategischer Aufmarsch einer Armee, die Versammlung und Bereitstellung derselben bei Beginn eines Feldzuges in der durch den Kriegsplan bestimmten Strategischen Front (s. d.), in der sie der eigenen Basis den Rücken zukehrt. Im allgemeinen wird es das beiderseitige Bestreben sein, die eigene strategische Aufmarschlinie möglichst nahe an die eigene polit. Landesgrenze vorzuschieben, um sich dadurch das nach Lage der Sache größtmögliche Basisgebiet zu sichern; andererseits kann auch die Rücksicht auf unbedingte Sicherung des S. A. dazu führen, denselben nicht bis dicht an die Grenze, sondern weiter rückwärts hinter einen schützenden Abschnitt zu verlegen. Da es in den meisten Fällen sehr wenig zweckentsprechend sein würde, die gesamten verfügbaren Streitkräfte auf die ganze strategische Front gleichmäßig zu verteilen (Cordonsystem, s. Cordon), so gestaltet sich der erste S. A. zugleich auch immer zu einer Massengliederung der Armee, vermöge deren sie nur an einem oder an einigen wenigen Punkten der strategischen Front ganz oder in größern oder kleinern Teilen versammelt wird. Die Auswahl dieser Punkte wird abhängig sein einerseits von den diesseits beabsichtigten wie von den jenseits vorausgesetzten Operationen, andererseits ist die Zahl und Richtung der benutzbaren Strategischen Eisenbahnen (s. d.) dabei von bestimmendem Einfluß.

Strategische Umgehung, im Gegensatz zur Strategischen Durchbrechung (s. d.) die Operationen einer Armee von einem oder beiden Flügeln aus gegen den Feind. Eine Armee, deren Basis länger ist als die feindliche, kann von einem Flügel dieser ihrer umfassenden Basis aus gegen einen Flügel des Feindes operieren und so dessen Verbindungen bedrohen, ohne die eigenen zu gefährden; ein Sieg wird also große Erfolge, eine Niederlage aber voraussichtlich keine zu schlimmen Folgen haben. Eine in diesem Sinne, d. h. mit vereinter Kraft von einem Flügel der eigenen Basis aus geplante Operation nennt man, wenn sie in der strategischen Offensive zur Anwendung kommt: eine einfache S. U.; wenn sie den Zwecken der strategischen Defensive dienen soll: Einnehmen einer strategischen Flankenstellung.

Noch größern Nutzen vermag natürlich eine Armee aus ihrer umfassenden Basis zu ziehen, wenn sie von beiden Flügeln und womöglich auch von der Mitte gleichzeitig mit getrennten Kräften gegen den Feind operiert, in welchem Falle sich ihr die Möglichkeit bietet, dem Feinde seine sämtlichen Verbindungen mit einem Schlage zu entreißen. Eine derartige Operation, die allerdings nur bei bedeutender Überlegenheit an Kräften ohne Bedenken unternommen werden kann, nennt man eine doppelte S. U. Kommt diese Operation in defensivem Sinne zur Anwendung, so besteht sie in dem Einnehmen mehrerer strategischer Flankenstellungen. Die doppelte S. U. ist unter Umständen mit dem Operieren auf der äußern Linie gleichbedeutend. (S. Innere Linie.)

Strategopulos, Alexios Melissenos, byzant. Feldherr, schlug Okt. 1259 Michael II. Angelos von Epirus in der Ebene von Pelagonia, eroberte dann Arta und Jannina, wurde aber bei Trikoryphos geschlagen und gefangen genommen. Bald wieder freigelassen, wurde S. mit dem Oberbefehl in Thrazien betraut und überrumpelte Konstantinopel in der Nacht zum 25. Juli 1261, wodurch er der Herrschaft der Lateiner ein Ende machte und den Einzug Michaels VIII. (15. Aug.) ermöglichte. Nach der Einnahme Konstantinopels kämpfte S. von neuem gegen das epirot. Despotat, geriet wieder in Gefangenschaft, wurde aber bald ausgetauscht.

Stratford (spr. strättf'rd), nordöstl. Vorort von London, in Essex, links an der Lea, zu West-Ham gehörig, an der Great-Eastern-Bahn nach Colchester-Harwick und zahlreichen Vorortslinien, hat (1891) 42 982 E. und viele Fabriken.

Stratford-Avon (spr. strättf'rd ehw'n), Fluß, s. Avon.

Stratford de Redcliffe (spr. strättf'rd dĕ reddklĭf), Viscount, früher bekannt als Sir Stratford Canning, brit. Diplomat, geb. 4. Nov. 1786 zu London, erhielt seine Bildung zu Eton und Cambridge und wurde 1807 im Auswärtigen Amt angestellt. Er begleitete 1808 Sir Robert Adair auf dessen Mission nach Konstantinopel und erhielt 1809 daselbst den Posten eines Gesandtschaftssekretärs. 1814 beteiligte er sich als brit. Bevollmächtigter bei den Verhandlungen zu Basel, welche die Vereinigung der Kantone zur Eidgenossenschaft bezweckten, und 1815 war er bei den Verhandlungen des Wiener Kongresses zugegen. 1820 ging er für drei Jahre nach Washington, sodann zur Verhandlung der griech. Angelegenheit nach Petersburg; im Mai 1825 wurde er zum Botschafter in Konstantinopel ernannt. Als die Pforte sich weigerte, dem Vertrage der Mächte vom 6. Juli 1827 (s. Griechenland, Geschichte) beizutreten, brach S. d. R. im Verein mit dem franz. Gesandten 8. Dez. 1827 alle Verhandlungen ab und begab sich nach London zurück. Aufs neue wurde er im Nov. 1831 als außerordentlicher Gesandter an die Pforte abgeordnet, und diesmal erhielt er deren Zustimmung zu der vorgeschlagenen Grenze Griechenlands, wie sie auch von den übrigen Mächten anerkannt wurde. 1832 folgte eine ergebnislose Mission nach Portugal; seine Ernennung zum Botschafter in Petersburg 1833 mußte rückgängig gemacht werden, da Kaiser Nikolaus sich weigerte, diesen energischen Gegner der russ. Orientpolitik zu empfangen. Wie er schon vorher zeitweilig im Unterhause aufgetreten war, so beteiligte er sich jetzt mehrere Jahre hindurch an den Verhandlungen, mehr durch sein sachverständiges Urteil als durch die ihm abgehende parlamentarische Beredsamkeit wirkend. 1842-58 war er mit mehrern Unterbrechungen Botschafter in Konstantinopel und bemühte sich hier mit Erfolg, den engl. Einfluß vornehmlich gegenüber Rußland zur Geltung zu bringen. Dazwischen war er 1846 in England, 1847 auf einer Mission nach der Schweiz. 1852 wurde er als Viscount S. d. R. ins Oberhaus erhoben. Nach seiner endgültigen Rückkehr von Konstantinopel 1858 nahm er seinen Sitz im Oberhause ein. Während der russ.-türk. Verwicklungen der J. 1875-78 lieferte er noch in Briefen an die "Times" mehrfach interessante Beiträge über die Orientalische Frage im Sinne der Politik Lord Beaconsfields. Erwähnenswert ist auch eine die Ereignisse mehr als eines halben Jahrhunderts reflektierende Gedichtsammlung S. d. R.s, die u. d. T. "Shadows of the past" (Lond. 1865) erschien. S. d. R. starb