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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Strazza - Streckfuß (Adolf)

die ein Fliegen nicht gestatten, ein im Gegensatz zu allen übrigen Vögeln flaches, kielloses Brustbein, hohe, starke Beine, gleichmäßig über den Körper verteiltes Gefieder und meist beträchtliche Größe. Der Schnabel ist verschieden gestaltet, der Hals meist von ansehnlicher Länge. Die S. bewohnen und bewohnten die ausgedehnten Flachlande Afrikas, Südamerikas und Australiens sowie Madagaskar und die austral. Inselwelt von Ceram bis Neuseeland. Man teilt sie in fünf Familien: I. Apterygidae, Kiwis (s. Apteryx); die häufigste Art ist Apteryx australis Shaw (s. Taf. II, Fig. 4). II. Atruthionidae, afrik. Strauß (s. Strauß), mit dem bekannten zweizehigen Strauß (Struthio camelus L., s. Taf. I, Fig. 1-2). III. Rheïdae, amerik. Strauß oder Nandu (s. d.) mit drei Arten, von denen Rhea americana Lath. (s. Taf. II, Fig. 1) am längsten bekannt ist. IV. Dinornithidae, Riesenstrauße oder Moas (s. Dinoris), in histor. Zeit ausgestorbene Bewohner Neuseelands und Madagaskars; eine der gewaltigsten Arten ist Dinornis elephantopus Owen. V. Casuaridae, Kasuare (s. d.), mit dem Helmkasuar (Casuaris galeatus Vieill., Fig. 3) und dem Emu (s. d., Dromaeus Novae Hollandiae Vieill., Fig. 2). Ob die Ordnung der S. eine natürliche ist, erscheint sehr fraglich; die gemeinsamen Charaktere der Formen sind eine Folge des Verlustes des Flugvermögens und beruhen höchstwahrscheinlich auf Analogien, aber nicht auf Homologien, d. h. sie sind nicht der Ausdruck naher Verwandtschaft, sondern die Folge gleicher äußerer Lebensbedingungen.

Strazza (vom ital. straccia), die Abfälle beim Moulinieren der Rohseide und bei der Bearbeitung der Florettseide.

Strazze (ital. stracciafoglio), soviel wie Kladde (s. d.), auch Verkaufsbuch (s. d.). - Strazzen, soviel wie Lumpen, Hadern (s. Papier, Fabrikation).

Streatham (spr. stréttämm), südl. Vorort von London, im W. von Sydenham, mit (1891) 48742 E., gegen 25553 im J. 1881, und vielen Villen.

Streator (spr. striht'r), Stadt im County La Salle im nordamerik. Staate Illinois, südwestlich von Chicago, am Vermillion-River, bedeutender Eisenbahnkreuzungspunkt, zählte (1890) 11414 E., hat Glaswerke, Papiermühle und Kohlengruben.

Strebbau, s. Bergbau (Abbaumethoden).

Strebepfeiler (Contreforts), Pfeiler zur Verstärkung von Mauern, die dem Seitenschub einer Erdmasse, eines Gewölbes oder anderer Seitenkräfte zu widerstehen haben, oder die wegen zu großer Höhe einer besondern Versteifung bedürfen. Sie finden sich daher häufig an Futter- und Ufermauern, und an den Widerlagsmauern der Gewölbe, in der Regel an der dem Angriffspunkte des Schubes entgegengesetzten Seite. Ihre Stärke und Entfernung richtet sich nach der Größe dieser Schubkraft oder der Stabilität der Mauer. Im got. Kirchenbaustil, wo der seitliche Schub der Gewölbe in großer Höhe abzufangen ist, spielen sie eine große Rolle und sind ein wesentlicher Bestandteil des Äußern dieser Bauwerke, indem die Last von den Umfassungsmauern mehr und mehr ausschließlich auf die S. übertragen wird, so daß die Zwischenmauern fast ganz von Fenstern durchbrochen werden können. Da ein S. in seinem obern Teile nicht leicht dem dort wirkenden Gewölbeschube widerstehen könnte, wird auf die angegriffene Stelle ein Türmchen (Fiale, s. d.) zur Belastung gesetzt, und der Druck oft außerdem noch durch einen Strebebogen auch

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auf einen zweiten, ebenso gebildeten S. übertragen. (Als Beispiel s. Tafel: Deutsche Kunst II, Fig. 10.)

Streckbarkeit, s. Dehnbarkeit.

Streckbett, orthopädische Vorrichtung, durch die der Körper mittels Zugs (an Kopf, Hals, Becken, Füßen), auch wohl mittels Drucks (z. B. von der Seite her) eine Zeit lang in der Form und Richtung erhalten wird, die er nach dem Willen des Arztes einzunehmen hat, um gewisse Verkrümmungen auszugleichen, gewisse verkürzte Muskeln oder Sehnen zu strecken u. s. w. (S. Orthopädie.)

Strecke, im Bergbau, s. Sohlenstrecken und Grubenbau; in der Jägersprache ist S. das nach gewissen Regeln zur Besichtigung hingelegte Wild. Bei der Besichtigung wird die S. mancherorts Verblasen. Zur S. bringen, soviel wie ein Stück Wild erlegen. - Über S. in der Spinnerei (Streckmaschine) s. Spinnerei; über S. als Teil der Brücke s. Kriegsbrücken.

Strecken, ein Verfahren beim Schmieden (s. d.), sowie ein Verfahren der Spinnerei (s. d.). - In der Jägersprache bedeutet S. das geschossene Wild jägermäßig auflegen (s. Strecke); auch das Jagdzeug anziehen. - Über S. in der Teichwirtschaft s. d.

Streckensatz, s. Eisenbahntarife.

Streckensignale, s. Eisenbahnsignale.

Streckenzimmerung, s. Bergbau.

Streckenzugsverkehr, auch Zwischenauslandsverkehr, der zoll- und kontrollpflichtige Warenverkehr, wenn er sich von dem inländischen Zollgebiete auf kurzer Straßenstrecke durch ausländisches Zollgebiet nach dem inländischen Zollgebiet zurückbewegt. Für diese Art des Verkehrs bestehen in der Regel erleichternde Kontrollvorschriften. (S. auch Deklaration.)

Strecker, Adolf, Chemiker, geb. 21. Okt. 1812 zu Darmstadt, studierte iu Gießen Chemie und Naturwissenschaften, wurde 1842 Lehrer an der Realschule zu Darmstadt, 1846 Privatassistent Liebigs in Gießen, wo er sich 1848 habilitierte. 1851 folgte er einem Rufe an die Universität Kristiania, wurde 1860 Professor der Chemie in Tübingen und 1870 in Würzburg, wo er 9. Nov. 1871 starb. Von seinen zahlreichen bedeutenden, meist in Liebigs "Annalen" erschienenen Arbeiten sind hervorzuheben die epochemachenden Untersuchungen über die Galle verschiedener Tiere, 1846-48 über die künstliche Bildung der Milchsäure und des Alanins, die Farbstoffe der Krappwurzel, die künstliche Darstellung des Taurins, die Quecksilberverbindungen der Alkoholradikale, das Sarkin, Azosäuren, über Thalliumverbindungen und v. a. m. Außerdem schrieb er: die Bearbeitung von Regnaults "Lehrbuch der Chemie" (Braunschw. 1851; nach seinem Tode fortgeführt von Wislicenus), "Das chem. Laboratorium der Universität Kristiania" (Krist. 1854), "Theorien und Experimente zur Bestimmung der Atomgewichte" (Braunschw. 1859).

Streckfuß, Adolf, Schriftsteller, Sohn des folgenden, geb. 10. Mai 1823 zu Berlin, studierte 1845-48 auf den landwirtschaftlichen Akademien zu Möglin und Eldena und wurde beim Ausbruch der Märzrevolution in Berlin in die demokratische Bewegung hineingezogen. Wegen seines Werkes "Die große Französische Revolution und die Schreckensherrschaft" (Bd. 1, Berl. 1851) wurde er des Hochverrats angeklagt, aber von den Geschworenen freigesprochen; doch wurde die Vollendung des Werkes verboten. S. starb 11. Okt. 1895 in Berlin. Außer