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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Technische Truppen; Technogeographie; Technologie

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Technische Truppen - Technologie

zögert wurde, schuf die Schulen, aus denen dann unter dem Einflusse der Entwicklung des Eisenbahnwesens und des Aufschwungs der exakten Wissenschaften die jetzigen Technischen Hochschulen (s. d.) hervorgingen; aber das mittlere (s. Technische Mittelschulen und Fachschulen) und niedere T. U., für das diese Schulen ursprünglich geplant waren, wurde in Preußen gänzlich vernachlässigt, während mehrere der deutschen Mittelstaaten mit Eifer an die neue Bildungsaufgabe herantraten, vor allen Württemberg (s. Gewerbliche Fortbildungsschulen), dann Baden (s. Gewerbeschulen), Hessen (s. Handwerkerschulen), Sachsen (s. Fachschulen und Gewerbeschulen). Erst seit etwa 1875 hat die preuß. Regierung unter dem Drängen der Techniker und infolge der Mängel deutscher Industrie, die bei den Weltausstellungen, besonders der zu Philadelphia, offenbar wurden, auch mit Rücksicht auf die socialistische Erregung der deutschen Arbeiter ihre Aufmerksamkeit entschiedener dieser Seite des T. U. zugewendet. Bis in die neueste Zeit hat die Entwicklung des T. U. mit einer in andern Ländern, insbesondere in Frankreich, fast unverständlichen Unterschätzung der technischen Bildung zu kämpfen.

Österreich begründete bereits 1806 in Prag, 1813 in Wien technische Schulen, deren Ausbau zu Technischen Hochschulen, zu denen später noch Brünn, Graz, Lemberg und Budapest traten, ebenso wie Österreichs damaliges Vorgehen auf dem Gebiete des mittlern und niedern T. U., der Entwicklung in Deutschland gleichläuft. Aber besonders durch die 1867 erfolgte Eröffnung des Museums für Kunst und Industrie in Wien, das mit einer Kunstgewerbeschule verbunden wurde, und durch die Schöpfung der Staatsgewerbeschulen (s. d.) gewann Österreich einen Vorsprung.

In den meisten übrigen Staaten zeigt die Entwicklung des T. U. im ganzen die gleichen Ziele; frühzeitig (seit 1840) gefördert wurde sie besonders in Belgien, wo sich die Lehrwerkstätten (s. d.) gut bewährten. Eine eigenartige Gestalt des T. U. entwickelte sich, durch die besondern Arbeitsverhältnisse der Hausindustrie bedingt, in den nordischen Staaten. An die Förderung des Hausfleißes, auf die dort hauptsächlich die technische Erziehung gerichtet sein mußte, knüpfen die Bestrebungen von Clauson-Kaas an, die Handarbeit zum allgemeinen Erziehungsmittel zu erheben. (S. Handarbeitsunterricht.)

Einen auffällig tiefen Stand zeigt die Organisation des T. U. in England, obschon dieser Staat zwei Mittelpunkte technischer Erziehung besitzt, das Kensington-Museum und das Polytechnische Institut in London (s. Gewerbemuseen). Es werden zwar von großen Vereinen technische Prüfungen abgehalten, aber eine staatliche Ordnung des T. U. fehlt noch. (S. auch Technische Mittelschulen und Fachschulen.)

Litteratur. Mortimer d'Ocagne, Les grandes écoles de France (2. Aufl., Par. 1887); Paulet, L'enseignement primaire professionnel (ebd. 1889); Block, Dictioinnaire de l'administration française (3. Aufl., ebd. 1890-92); von Nördling, Über das technische Schul- und Vereinswesen Frankreichs (Wien 1881); Riedler, Amerikanische technische Lehranstalten (Berl. 1893); Holzapfel, Die technischen Schulen und Hochschulen und die Bedürfnisse der deutschen Industrie (2. Aufl., Lpz. 1897).

Technische Truppen, Genietruppen, Ingenieurtruppen, Truppenteile, die zur Ausführung aller im Feld- und Festungskrieg vorkommenden technischen Arbeiten bestimmt, dafür ausgebildet und ausgerüstet sind. Ihre Organisation ist fast in allen Armeen verschieden, je nachdem die Truppenkörper nach den einzelnen Dienstzweigen gegliedert sind. Die drei alten Dienstzweige der Pontoniere (s. d.), Sappeure (s. d.) und Mineure (s. d.) sind in dem Einheitspionier vereinigt in Deutschland, Dänemark, Österreich-Ungarn (seit 1893) und Frankreich (seit 1894); neben den Pionieren (meist Sappeure oder Sappeur-Mineure genannt) bestehen Pontoniertruppen in Belgien, Rumänien, Serbien, Spanien, der Schweiz, Norwegen und Schweden, in Rußland und England; getrennte Sappeur- und Mineurtruppen in Italien. Technische Festungstruppen sind bereits im Frieden formiert in Rußland und England, was dort ihre Ausbildung gewährleistet. Ferner sind in der Neuzeit technische Specialtruppen formiert worden, von denen Telegraphentruppen (s. d.) und Eisenbahntruppen (s. d.) fast in allen Armeen bestehen, während Formationen für Luftschiffahrt, Beleuchtungswesen und Photographie erst allmählich geschaffen werden.

Technogeographie, s. Bd. 17.

Technologie (grch.), Kunstlehre, nach dem Begriff der Alten die Aufstellung der Regeln, nach welchen die Behandlung der Darstellung einer Kunst zu geschehen hat; nach neuerm Begriff die wissenschaftliche Darstellung derjenigen Arbeitsvorgänge und Hilfsmittel, durch welche der Gebrauchswert der dem Menschen zur Verfügung stehenden Rohstoffe erhöht wird. Je nachdem die darzustellende Gewerbsthätigkeit bloß oder doch vorwiegend eine Formveränderung des Rohmaterials oder des bereits bearbeiteten Materials, wie durch Walzen, Schmieden, Drehen, Ziehen, oder eine stoffliche Veränderung desselben, wie durch Gärung, Färben, Bleichen, bezweckt, nennt man das Gewerbe ein mechanisches oder ein chemisches und unterscheidet mechanische und chemische T.

Die mechanische T. befaßt sich besonders mit der Verarbeitung der fertigen Metalle, des Holzes, des Leders, des Horns, der Borsten, der Pelzwaren, der Gewebe, mit der Spinnerei und Weberei, der Papierfabrikation, dem Buchdruck und den ihm verwandten Gewerben. Die Einteilung kann hierbei je nach der Vortragsmethode, d. h. je nachdem die mechanische T. specielle oder allgemeine (vergleichende) T. ist, eine verschiedene sein. Die specielle T. beschreibt der Reihe nach die Arbeiten, wie sie bei der Herstellung der einzelnen Fabrikate aufeinander folgen müssen; die Einteilung geschieht bald nach den Grundstoffen (Metall-, Holz-, Stein-, Woll-, Baumwoll-, Flachsbearbeitung u. s. w.), bald nach den Fabrikaten (Schlösser, Gewehre, Uhren u. s. w.), bald, was der unberechtigten Trennungen, Wiederholungen und Kombinationen wegen am wenigsten rationell erscheint, nach den durch den gesellschaftlichen Gebrauch abgegrenzten Gewerben (Gießerei, Schlosserei, Tischlerei, Drechslerei, Leinenweberei u. s. w.), welche Art der T. man auch speciell mit Gewerbskunde bezeichnet. Die allgemeine oder vergleichende T. betrachtet die Hilfsmittel und die auszuführenden Arbeiten sowohl an sich als im Vergleich mit andern, dasselbe oder ein ähnliches Ziel verfolgenden Hilfsmitteln und Arbeiten, z. B. die Werkzeuge zum Festhalten, zum Zerteilen, zum Bohren u. s. w., so daß die jedem Zweck entsprechende Klasse von Methoden, Werkzeugen und Maschinen mit den durch das Material