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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Telegraphenstation; Telegraphentruppen; Telegraphenverkehr

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Telegraphenstation - Telegraphenverkehr

wurde zuerst im J. 1859 von der preuß. Telegraphenverwaltung in Berlin eine Telegraphenschule eingerichtet, nach Vereinigung der Post und der Telegraphie im Deutschen Reich erweitert und 1885 in die Post- und Telegraphenschule (s. d.) umgewandelt. Wesentlich anders ist die französische Schule in Paris eingerichtet: sie wurde 1888 zur École professionelle supérieure des postes et télégraphes umgewandelt. T. bestehen außerdem noch in Petersburg (1886), London, Bukarest (1889). Ein ausdrücklich für die Telegraphie bestimmter Lehrstuhl ist zur Zeit nur an dem eidgenössischen Polytechnikum in Zürich vorhanden; an mehrern deutschen technischen Hochschulen, so in Berlin, Dresden, Hannover, Aachen, Darmstadt, werden indessen auch Vorträge über Telegraphie gehalten.

Telegraphenstation, soviel wie Telegraphenamt (s. Telegraphie).

Telegraphentruppen, die zur Ausführung der in das Gebiet der Militärtelegraphie (s. d.) gehörenden Arbeiten bestimmten Truppen. Die meisten europ. Staaten besitzen hierfür Friedensformationen, aus denen im Kriege die den verschiedenen Aufgaben der Feldtelegraphie dienenden Abteilungen gebildet werden. Neben der Verbindung der Armeeoberkommandos mit den beständigen Leitungen, welcher die Etappen-Telegraphenformationen der zweiten Zone dienen, kommt als dritte Zone die Verbindung der Armeekörper zur Sprache, als vierte die Thätigkeit der Telegraphendetachements in und vor der Front der Armee. In Deutschland dienen diesen verschiedenen Zwecken die Etappen-Telegraphendirektionen, Armee-, Korps- und Divisions-Telegraphenabteilungen sowie die Kavallerie-Telegraphendetachements. Das von ihnen mitgeführte Material entspricht den verschiedenen Zwecken. Die Etappen-Telegraphendirektionen sind hauptsächlich mit starkem Stahldraht (90 km) neben 9 km Kabel und 30 km Flußeisenlitzendraht (Feldmaterial) und 32 Feldtelegraphenapparaten mit Batterien ausgerüstet. Je weiter nach vorn, desto leichter und feldmäßiger wird das Material. Die Armee-Telegraphenabteilungen haben neben 56 km Stahldraht 77 km Feldleitung (wovon ein Teil als Reserve) und 12 Feldtelegraphenapparate, die Korps-Telegraphenabteilungen neben 48 km Feldleitung nur 3 km Stahldraht und 9 Feldtelegraphenapparate, die Divisions-Telegraphenabteilungen 22,4 km Feldleitung und 4 Feldtelegraphenapparate, die Kavallerie- und Pionierdetachements der Kavalleriedivisionen haben leichte Patrouillenapparate. Für die Kriegsformationen besteht bisher nur ein kleiner Stamm von einer Compagnie im Frieden, welcher durch Pioniere, die auf der Militärtelegraphenschule (s. d.) ausgebildet sind, zu der erforderlichen Anzahl von etwa 50 Kriegsformationen ergänzt werden muß. Der Bedarf der Festungen wird durch Ausbildung von Infanteristen in diesen selbst gedeckt.

Österreich-Ungarn hat einen Friedensstamm von 3 Compagnien und bildet im Kriege eine Telegraphenabteilung für das Armeeoberkommando, 3 Armee-, 14 Korps-, 8 Kavallerie- und 3 Abteilungen für besondere Zwecke. Die entsprechenden Leitungslängen in Draht und Kabel sind 8 und 4, 96 und 48, 48 (Kabel) und 32 km für die 4 erstgenannten Formationen. Rußland hat im Frieden für Europa und Kaukasien 25 Compagnien, deren jede im Kriege 2 Stangensektionen (26 2/3) und 1 Kabelsektion (37 2/3 km Leitung) formiert. Italien hat 1 Re-

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giment von 12 Compagnien Telegraphisten. Großbritannien hat 2 Telegraphencompagnien, mißt aber der optischen Telegraphie große Bedeutung bei und bildet für jede Eskadron, Batterie und Compagnie 5 Signalisten aus. Spanien besitzt 4 Telegraphencompagnien, von denen 3 (elektrische Telegraphen) sich im Kriege in je 2 Gebirgssektionen und 4 berittene Sektionen, die 4. (Signalwesen) in 6 Gebirgs- und 1 beritttene Luftschiffersektion teilen. Belgien hat 1 Festungs- und 1 Feldtelegraphencompagnie. Letztere bildet im Kriege 5 Sektionen für Hauptquartier und 4 Divisionen. Die Niederlande bilden aus 1 Compagnie je 1 Sektion für die vier Divisionen. Rumänien hat 4, Schweden 1, Serbien 1, Dänemark 1 Telegraphen- und 1 Signalcompagnie, die Schweiz 4 Feld- und 4 Landwehrcompagnien. Frankreich besitzt bisher keine Friedensformationen. Für Zone 1-3 wird das technische Personal aus Telegraphenbeamten gebildet, für Zone 4 und Festungen Telegraphisten und Signalisten bei Kavallerie und Genie ausgebildet. - Vgl. von Löbells Jahresberichte.

Telegraphenverkehr, der durch Telegraphie (s. d.) vermittelte Nachrichtenverkehr.

Geschichtliches.

Im Altertum benutzte man zu schnellen Mitteilungen die Feuersignale (pyrsoi bei Homer, Σ, 211). (S. Optische Telegraphen.) Äschylos im "Agamemnon" erwähnt, daß der Fall Ilions durch Fanale (pyr) von Kleinasiens Küste nach Argos gemeldet worden sei. Flaggensignale werden erwähnt in Plutarchs Bericht über die Schlacht bei Kyzikos. Cäsar fand bei den Galliern Rufsignale, mittels deren sie das Herannahen der Römer ihren Bundesgenossen auf weite Strecken hin meldeten. Licht- und Flaggensignale werden noch heute im Eisenbahnwesen, in der Schiffahrt und bei den Seetelegraphen (Semaphoren) verwendet. (S. Eisenbahnsignale und Flaggen.) Eine wesentlich raschere Beförderung von Nachrichten in größere Fernen ermöglichte das Fernrohr zu Anfang des 17. Jahrh., mit welchem optische Zeichen aus großer Entfernung beobachtet werden konnten; dies versuchten der Marquis von Worcester (1633), Amontons (1660), Robert Hooke (1684), und 1789 erfanden die Gebrüder Chappe (s. d.) ihren optischen Telegraphen, welcher in Frankreich lange Zeit in Betrieb war und auch in andern Ländern zur Anlage Optischer Telegraphen (s. d.) den Anstoß gab. Trotzdem bei diesen die Zeichengebung von dem Wetter und den örtlichen Verhältnissen abhängig ist, wurde noch 1833 ein optischer Telegraph von Berlin nach der Rheinprovinz (Trier) erbaut. Nachdem Volta 1800 die Erkenntnis der galvanischen Elektricität angebahnt hatte, stellte Sömmering 1809 den ersten brauchbaren elektrischen und zwar elektrochem. Telegraphen her, der indessen im großen nicht zur Anwendung gekommen ist, weil für jedes Zeichen ein besonderer Draht nötig war; erst 1833 ward von Weber und Gauß in Göttingen ein elektromagnetischer Telegraph zwischen der Göttinger Sternwarte und dem Physik. Kabinett (2,8 km Entfernung) ausgeführt und zur Nachrichtenbeförderung wirklich benutzt. Steinheil befähigte 1836 den elektrischen Telegraphen zum Geben bleibender Zeichen und errichtete 1837 eine Telegraphenlinie von München nach Bogenhausen (9,5 km).

Seitdem kann der elektromagnetische Telegraph als in den Dienst des menschlichen Verkehrs gestellt erachtet werden; Wheatstone und Cooke vervoll-