Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

789

Thomasius (Gottfried) - Thommen

zur Errichtung der Halleschen Universität (1694). T. wurde zweiter, in der Folge erster Professor des Rechts sowie Direktor der Universität. Er starb 23. Sept. 1728.

Charakteristisch für T.' Denkart sind besonders die "Vernünftigen und christlichen, aber nicht scheinheiligen Gedanken und Erinnerungen über allerhand auserlesene, gemischte, philos. und jurist. Händel" (3 Bde., Halle 1723-26) sowie seine "Geschichte der Weisheit und Thorheit" (3 Bde., ebd. 1693). Gegen die Hexenprozesse richtete er die "Kurzen Lehrsätze von dem Laster der Zauberei mit dem Hexenprozeß" (Halle 1704). Seine systematischen Schriften beziehen sich meist auf Naturrecht und Moral, die er voneinander trennen wollte. - Vgl. Dernburg, T. und die Stiftung der Universität Halle (Halle 1865); B. A. Wagner, Christian T., ein Beitrag zur Würdigung seiner Verdienste um die deutsche Litteratur (Berl. 1872); Nicoladoni, Christian T. Ein Beitrag zur Geschichte der Aufklärung (ebd. 1888); Landsberg, Zur Biographie von Christian T. (Bonn 1894).

Thomasius, Gottfried, luth. Theolog, ein Nachkomme von Christian T., geb. 26. Juli 1802 zu Egenhausen in Franken, studierte in Erlangen, Halle und Berlin, wurde 1829 Pfarrer in Nürnberg, später zugleich Religionslehrer am dortigen Gymnasium, 1842 ord. Professor der Dogmatik und Universitätsprediger in Erlangen, wo er 24. Jan. 1875 starb. T. gehörte zu den einflußreichsten Vertretern der luth. Orthodoxie und war neben Chr. von Hofmann das angesehenste Haupt der sog. Erlanger Schule. Er schrieb: "Christi Person und Werk. Darstellung der evang.-luth. Dogmatik vom Mittelpunkt der Christologie aus" (3 Bde., Erlangen 1852-61; 3. Aufl., hg. von F. J. Winter, 2 Bde., 1888), "Die christl. Dogmengeschichte als Entwicklungsgeschichte des christl. Lehrbegriffs" (Bd. 1, ebd. 1874; Bd. 2, hg. von Plitt, 1876; 2. Aufl. von Bonwetsch und Seeberg, 1886-89); ferner "Origenes. Ein Beitrag zur Dogmengeschichte des 3. Jahrh." (Nürnb. 1837), "Das Bekenntnis der evang.-luth. Kirche in der Konsequenz seines Princips" (ebd. 1848), "Das Bekenntnis der luth. Kirche von der Versöhnung" (Erlangen 1857), "Das Wiedererwachen des evang. Lebens in der luth. Kirche Bayerns. Ein Stück süddeutscher Kirchengeschichte 1800-1840" (ebd. 1867), "Praktische Auslegung des Briefs Pauli an die Kolosser" (ebd. 1869).

Thomasorden, s. Johannisorden.

Thomasphosphatmehl, die in Kugelmühlen fein gepulverte Thomasschlacke, ein Nebenprodukt bei der Flußeisenfabrikation nach dem von den Engländern Thomas und Gilchrist 1879 verbesserten Bessemerverfahren (s. Eisenerzeugung); es dient, seit G. Hoyermann in Hannover auf seine düngende Wirkung aufmerksam gemacht hat, in der Landwirtschaft als wichtiges Düngemittel. Der Wert des dunkelbraun bis schwarz aussehenden T. beruht in seinem Gehalt an Phosphorsäure (durchschnittlich 17,5 Proz.). Außerdem sind noch vorhanden etwa 50 Proz. Kalk (davon bis 12 Proz. im freien Zustand), 4,5 Proz. Magnesia, 13 Proz. Eisenoxyd und -Oxydul, 7,5 Proz. Kieselsäure und mehr oder weniger Thonerde, Manganoxydul, Schwefel, Schwefelsäure und Vanadinoxyd. Das zur Verwendung kommende T. soll mindestens 75 Proz. Feinmehl, das durch ein 0,2 Millimetersieb geht, enthalten. Infolge seines Gehalts an Ätzkalk verwittert und zerfällt das T. (oder die Thomasschlacke) mehr oder weniger leicht an der Luft und man suchte bislang hierin den Grund, daß es auf dem Acker soviel wirksamer ist als die in der Natur vorkommenden Rohphosphate. Neuerdings erklären dies jedoch mehrere Autoren durch die Anwesenheit eines Tetrakalkphosphats oder eines Kalksilikatphosphats und schätzen den Wert des T. nach seinem Gehalt an in saurer citronsaurer Ammoniaklösung löslicher Phosphorsäure (P. Wagner).

Die Düngung mit T. (etwa 600 kg pro Hektar) hat sich vor allem auf Moorboden und auf sandigem Boden bewährt, während auf schwerem Thonboden das Superphosphat vorzuziehen ist. Auch zur Düngung der Wiesen wird es (in Gemeinschaft mit Kainit) meist zu empfehlen sein. Man schätzt den Wert der Phosphorsäure im T. einhalb bis reichlich dreiviertel so hoch, wie den der Phosphorsäure im Superphosphat und bezahlt gegenwärtig 1 kg der citratlöslichen Phosphorsäure etwa mit 14 Pf. Die Produktion von T. ist rapid gestiegen und hat ihren Hauptsitz in Deutschland (seit 1894 ist das Patent für das Thomasverfahren erloschen). Sie betrug im J. 1896 in Deutschland etwa 735 000, in ganz Europa etwa 1 274 000 t. - Vgl. Wagner, Die Thomasschlacke (Darmst. 1887); Barth, Die künstlichen Düngemittel (2. Aufl., Berl. 1893); Schucht, Die Fabrikation des Superphosphates und T. (Braunschw. 1894).

Thomasroheisen, s. Eisen.

Thomasschlacke, s. Eisenerzeugung und Thomasphosphatmehl.

Thomassonntag, s. Thomas (Jünger Jesu).

Thomastrauermücke (Sciara Thomae L.), eine kleine schwarze Mücke aus der Familie der Pilzmücken mit beim Weibchen schwefelgelb gezeichnetem Hinterleib, im Juli und August häufig an niedern Pflanzen. Den Heerwurm bildet die ihr verwandte Heerwurmtrauermücke (s. d.).

Thome, São, portug. Guinea-Insel, s. São Thome.

Thomisiden (Thomisĭdae), s. Krabbenspinnen.

Thomisten, s. Dominikanerorden und Thomas von Aquino.

Thomisus vatius, s. Krabbenspinnen und Tafel: Spinnentiere und Tausendfüßer I, Fig. 3, beim Artikel Spinnentiere.

Thom Kyle, s. Kiel (Geschichte).

Thommen, Achilles, österr. Oberbaurat, geb. 25. Mai 1832 zu Basel, studierte zuerst daselbst Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften und widmete sich dann 1850-52 den technischen Studien in Karlsruhe. In den J. 1852-56 unter Etzel beim Bau der Schweizer Centralbahn thätig, wurde T. von demselben 1857 zum Bau der Franz-Joseph-Orientbahn nach Ungarn als Sektionsingenieur berufen. Ferner projektierte und baute T. die Brennerbahn (1861-67). 1867 als Staatseisenbahn-Baudirektor und Leiter des gesamten Eisenbahnwesens nach Ungarn berufen, konzipierte er das große ungar. Eisenbahnnetz und organisierte die staatliche Eisenbahnbaudirektion. 1869 nahm er aus Gesundheitsrücksichten seine Entlassung als Baudirektor, fungierte aber noch bis Ende 1870 als technischer Konsulent der ungar. Regierung. In der Broschüre "Die Gotthardbahn" (Wien 1877) trat er für die Vereinfachung des Gotthardbahnunternehmens und für die Anwendung des Zahnschienensystems auf den zum großen Tunnel führenden Steilrampen ein. T. starb 21. Aug. 1893 zu Maria-Schutz.