Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

813

Thüringer Bausbäckchen - Thüringer Wald

Widerstand des Adels als gegen die Ansprüche des Grafen Siegfried von Anhalt, ebenfalls eines Enkels von Landgraf Hermann I. (Weißenfelser Vergleich 1. Febr. 1249), während Sophie, die Gemahlin Herzog Heinrichs von Brabant und Tochter Ludwigs IV., sich anfangs mit den Alloden in Hessen begnügte. 1250 übertrug sie ihm zu Eisenach nebst der Vormundschaft über ihren zweiten Sohn Heinrich zugleich Hessen und die Wartburg zu getreuer Hand, und durch den Ottstädter Vergleich, 16. Mai 1254, erhielt er vorläufig auch die Mainzer Lehen in T. Als Sophie später mit weiter gehenden Ansprüchen hervortrat, kam es zu einer neuen Fehde in T.; doch mußte Sophie nach der Niederlage und Gefangennahme ihres Eidams, des Herzogs Albrecht (s. d.) von Braunschweig, 27. Okt. 1263, allen weitern Ansprüchen auf dieses Land entsagen. Heinrich übertrug die Verwaltung T.s seinem Stiefbruder, dem Grafen Hermann von Henneberg, später die Landgrafschaft selbst seinem ältesten Sohne Albrecht (s. d.) dem Entarteten. Dieser geriet jedoch in Streitigkeiten mit seinem Bruder Dietrich und seinem Vater, sowie mit seinen Söhnen Friedrich (s. d.) dem Gebissenen und Diezmann (s. d.). König Rudolf von Habsburg übertrug 1277 den Herzögen von Sachsen und von Braunschweig die Verweserschaft über alle Reichsgüter in T., nahm 1289 ein Jahr lang seinen Aufenthalt in Erfurt und schützte den Landfrieden mit Strenge. Sein Nachfolger Adolf von Nassau aber benutzte die Zerwürfnisse im landgräfl. Hause, um sich 1294 von Albrecht die Nachfolge in T. gegen 12 000 Mark Silber zusichern zu lassen und in einem verwüstenden Kriege das Land dem jungen Landgrafen zu entreißen. Nach Adolfs Sturz hielt auch sein Nachfolger Albrecht I. den Anspruch auf T. fest, aber das glückliche Treffen bei Lucka 31. Mai 1307 und Albrechts baldiger Tod ermöglichten es den Brüdern Friedrich und Diezmann, sich wieder in den Besitz T.s zu setzen, und in dem Vertrage zu Prag 13. Dez. 1310 erkannte Kaiser Heinrich VII. Friedrichs Erbrecht aus T. und Meißen feierlich an. Doch hatte Friedrich noch 1310-12 mit der Widersetzlichkeit der Städte Erfurt (das nur unter der Schutzherrschaft der Landgrafen stand, während Erbherr der Stadt der Erzbischof von Mainz war), Nordhausen und Mühlhausen zu schaffen.

Sein Sohn Friedrich (s. d.) der Ernsthafte (1324-49) verdankt seinen Beinamen dem Ernste und der Energie, womit er in der sog. Grafenfehde die Grafen von Weimar-Orlamünde, von Schwarzburg und andere thüring. Große zur Unterwerfung unter die landgräfl. Landeshoheit zwang. Von seinen drei Söhnen erwarben Friedrich (s. d.) der Strenge (1349-81) und Balthasar (1349-1406) durch Heirat, jener mit Katharina von Henneberg, dieser mit Margareta, der Tochter des Burggrafen Albert von Nürnberg, die hauptsächlichsten Teile der Grafschaft Henneberg, die Pflege Coburg, die Ämter Hildburghausen, Heldburg, Ummerstadt u. s. w.; Balthasar erbte auch die Grafschaft Käfernburg. In Gemeinschaft mit ihrem dritten Bruder Wilhelm dem Einäugigen (1349-1407) entrissen sie den besiegten Vögten von Plauen 1369 Ziegenrück, Auma und Triptis, kauften die Herrschaft Sangerhausen, schlossen 1373 mit den Landgrafen Heinrich und Hermann von Hessen eine Erbverbrüderung und teilten endlich 1379 ihre Länder so, daß Friedrich das Osterland, Balthasar T. und Wilhelm Meißen erhielt. Auf Balthasar folgte 1406 sein Sohn Friedrich (s. d.) der Friedfertige, dem aus dem Erbe seines Oheims Wilhelm I. 1410 auch Dresden und ein großer Teil von Meißen zufiel. Nach seinem Tode 1440 fiel T. an seines Vetters, Friedrichs des Streitbaren, Söhne, Kurfürst Friedrich II. (s. d.), den Sanftmütigen, von Sachsen, und Wilhelm III., die anfangs gemeinschaftlich regierten, bis sie ihre Länder durch den Altenburger Vertrag 1445 teilten, wobei Wilhelm T. erhielt. Da auch er 1482 ohne Leibeserben starb, fiel T. an die Söhne Friedrichs des Sanftmütigen, Ernst (s. d.) und Albrecht (s. d.), die 26. Aug. 1485 eine förmliche Landesteilung vornahmen. T. nebst andern Landesteilen erhielt Kurfürst Ernst. Der damals geschaffene Besitzstand wurde jedoch durch die Wittenberger Kapitulation vom 19. Mai 1547 gänzlich geändert (s. Ernestinische Linie). Aus diesen Veränderungen haben sich allmählich die Sachsen-Ernestinischen Herzogtümer gebildet, die übrigen wettinischen Teile T.s blieben mit dem Kurfürstentum und spätern Königreich Sachsen vereinigt, bis sie 1815 davon abgetrennt wurden.

Vgl. Wachter, Thüring. und obersächs. Geschichte (3 Bde., Lpz. 1826-30); Bechstein, Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringer Landes (4 Tle., Hildburgh. 1835-38): Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte (Jena 1854 fg.); Codex Thuringiae diplomaticus, hg. von Michelsen (Bd. 1, ebd. 1854); Thüring. Geschichtsquellen (Bd. 1-7, ebd. 1854-92); Rein, Thuringia sacra (2 Bde., Weim. 1863-65); Knochenhauer, Geschichte T.s in der karoling. und sächs. Zeit (Gotha 1863); ders., Geschichte T.s zur Zeit des ersten Landgrafenhauses, hq. von K. Menzel (ebd. 1871); Gebhardt, Thüring Kirchengeschichte (3 Bde., ebd. 1880-82); Lippert, Beiträge zur ältesten Geschichte der Thüringer (in der "Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte", Neue Folge, Bd. 3 u. 4, Jena 1883 u. 1885); Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler T.s (ebd., seit 1838 fg.; Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae, hg. von O. Dobenecker (Bd. 1, ebd. 1895-96); Regel, T. Ein geogr. Handbuch (ebd. 1896); ders., T., ein landeskundlicher Grundriß (ebd. 1897). (S. auch die Litteratur zu Thüringer Wald.)

Thüringer Bausbäckchen, s. Landhuhn.

Thüringer Erbfolgestreit, s. Thüringen.

Thüringer Glasröhren, s. Glas.

Thüringer Pforte, Engpaß, s. Finne.

Thüringer Saale, s. Saale.

Thüringer Wald, Gebirge in Mitteldeutschland, welches sich von der Werra unweit Eisenach in südöstl. Richtung bis zum Thal der Rodach hinzieht, die es vom Frankenwalde (s. d.) trennt, der seinerseits wieder die Verbindung mit dem Fichtelgebirge herstellt. (S. die Karte: Königreich Sachsen, Provinz Sachsen [südlicher Teil] und Thürinqische Staaten, beim Artikel Sachsen.) In dieser Erstreckung erhebt sich der T. W. als ein 110 km langer Wall mit einer von NW. nach SO. zunehmenden Breite von 10 bis 35 km 4-500 m hoch über das umgebende Land. Über den Kamm führt der ganzen Länge nach ein uralter Grenzweg, der Rennsteig oder Rennstieg (s. d.). Nordöstlich nach dem innern Thüringen und gegen die obere Saale ist der Abfall steil, südwestlich in das obere Werrathal sanfter. Nach beiden Seiten aber steigen kurze, tief eingerissene Thäler herab, welche den ganzen Wall derart zerteilen, daß der plateauartige Charakter fast völlig verloren geht und der T. W. wie eine kleine Gebirgskette mit ausgesprochener Kamm-^[folgende Seite]