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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Tournantöle - Tours

obert, blieb es im Aachener Frieden bei Frankreich, wurde hierauf durch Vauban befestigt, jedoch 1709 von den Verbündeten wiedergenommen und im Utrechter Frieden 1713 an Österreich zurückgegeben und als einer der Barrièreplätze von den Holländern besetzt. Unter Ludwig XV. wurde es 1745 wieder von den Franzosen gewonnen und bis zum Aachener Frieden 1748 behauptet. Nach Aufhebung des Barrièretraktats 1781 durch Kaiser Joseph II. schleifte man die Werke, stellte sie aber, nachdem T. im ersten Pariser Frieden (1814) von Frankreich an die Niederlande zurückgegeben worden, wieder her. Jetzt dienen die Wälle als Promenaden. - Vgl. Cloquet, T. et Tournaisis (Brügge 1894); d'Herbomez, Histoire des châtelains de T. de la maison de Mortagne (2 Bde., Tournai 1895).

Tournantöle (fpr. tur-), ranzige, freie Fettsäuren enthaltende Öle, die aus Olivenrückständen gewonnen werden und in der Türkischrotfärberei Verwendung finden.

Tourné (frz., spr. turneh), s. Skat.

Tournée (frz., spr. turneh), Rundreise.

Tournefort (fpr. turn'fohr), Jos. Pitton de, franz. Botaniker, geb. 5. Juni 1656 zu Aix in der Provence, studierte bei den Jesuiten daselbst, machte dann mehrere wissenschaftliche Reisen, 1678 in die Alpen der Dauphins und Savoyens, 1681 in die Pyrenäen, und wurde 1683 Professor der Botanik beim königl. Pflanzengarten zu Paris, 1691 Mitglied der Akademie der Wissenschaften, später Professor der Medizin am Collège de France. Auf Antrag der Akademie wurde er 1700 von Ludwig XIV. nach Kleinasien und Armenien geschickt. Er ging von Trapezunt über Erzerum nach Tiflis, versuchte im Aug. 1701 eine Besteigung des Ararat, kehrte aber am ersten Schneefelde um. Von Armenien wanderte er quer durch Kleinasien über Kars, Tokat, Angora und Brussa nach Smyrna, von wo er 1702 zurückkehrte und viele neue Pflanzen (1356 neue Arten) mitbrachte. Er starb 28. Dez. 1708. In seinen "Éléments de botanique" (3 Bde., Par. 1694), die er später als "Institutiones rei herbariae" (3 Bde., ebd. 1700; neue Aufl. von Ant. de Jussieu, 3 Bde., Lyon 1719) erscheinen ließ, gab T. ein Pflanzensystem heraus, das er auf den Bau der Blumenkrone und hinsichtlich der Gattungen auf die Art der Frucht begründete. Außerdem veröffentlichte T.: "Relation d'un voyage du Levant" (Par. 1712; 2 Bde., Lyon und Par. 1717; 3 Bde., deutsch Nürnb. 1773-76).

Tournesis, s. Tournai.

Tournesol (frz., spr. tur-), s. Crozophora und Tulipa.

Tournesolläppchen (spr. tur-), soviel wie Bezetten (s. d.).

Tournieren (frz., spr. tur-), drehen, wenden.

Tourniquet (frz., spr. turnikeh; lat. tornaculum), Turnikett oder Aderpresse, ein chirurg. Instrument, mittels dessen man durch Druck auf eine Pulsader den Blutlauf hemmt. Das T. besteht aus einem Gurt und einer meist am Gurte verschiebbaren Pelotte. Letztere ist ein eigroßer, meist länglichrunder Körper, der mit Leder überzogen oder etwas gepolstert ist. Beim Gebrauch wird der Gurt so um den betreffenden Körperteil gelegt, daß die Pelotte über der durch Druck zu verschließenden Pulsader liegt; dann wird durch stärkeres Anspannen des Gurtes die Pelotte gegen die Pulsader gedrängt. Man hat das T. besonders bei Amputationen angewandt, um die Blutung während der Operation möglichst zu verhüten. Doch hat man schon seit längerer Zeit das T. meist durch den Fingerdruck ersetzt, der sicherer wirkt als das sich leicht verschiebende Instrument. In neuerer Zeit ist das T. durch das Esmarchsche Verfahren der künstlichen Blutleere ganz verdrängt. (S. Amputation.) - T. bedeutet auch Drehgefach (s. d.).

Tournois, Tournoisgroschen, Tournose, Turnose, s. Gros turnois und Petit tournois sowie Tafel: Münzen III, Fig. 22.

Tournure (frz., spr. turnühr), gewandtes Benehmen; auch soviel wie Cul de Paris (s. d. und Reifröcke).

Tours (spr. tuhr). 1) Arrondissement im franz. Depart. Indre-et-Loire, hat auf 2618 qkm (1896) 192 977 E., 11 Kantone und 127 Gemeinden. - 2) T., lat. Turoni, Augusta Turonum, Caesarodunum, Hauptstadt des Depart. Indre-et-Loire und früher der Grafschaft Touraine, links an der Loire, an den Linien Orléans-Poitiers, T.-Bourges (145 km), T.-Châteauroux-Montlucon (223 km), T.-Nantes (1931cm), T.-Le Mans (99 km), Châteaudun-T. (100 km) der Orléansbahn, T.-Les Sables d'Olonne (251 km) und T.-Sargé (81 km) der Staatsbahnen, besitzt mildes Klima, das viele Fremde, besonders Engländer anzieht, ist Sitz des Präfekten, des Kommandos des 9. Armeekorps, der 35. Infanterie- und der 3. Kürassierbrigade, eines Erzbischofs, eines Gerichtshofs erster Instanz, Handels-, Schiedsgerichts, einer Handels- und Ackerbaukammer, Sparkasse, eines Forstamtes und einer Filiale der Bank von Frankreich sowie der Société Générale und hat (1896) 56 706, als Gemeinde 63 267 E. (2932 mehr als 1891), in Garnison das 66. und Teile des 32. Infanterieregiments und des 18. Jägerbataillons sowie das 3. und 6. Kürassierregiment und die 9. Gendarmeriebrigade, ein Krankenhaus, Spital für Greise, Irrenversorg-, Vesserungs- und Waisenhaus und ein Zellengefängnis; Pferdebahn durchschneidet die Stadt von Norden nach Süden, eine Dampfstraßenbahn führt nach Vouvray.

^[Abb.]

Gebäude und Anlagen. Die eigentliche Stadt beginnt oben am Hafen der Cherkanalmündung in die Loire und erstreckt sich 3 km flußab, im N. durch die mit Platanenalleen besetzten Quais, im S. durch breite Boulevards (Béranger und Heurteloup) begrenzt und hier von der großen Südvorstadt geschieden. Sie wird von Süden (Place du Palais de Justice) nach Norden von der schönsten Straße (Rue Nationale) geteilt und hat am Nordende derselben eine 434 m lange, 14,6 m breite steinerne Brücke von 15 Bogen (1765-77), Pont de T., die zur jenseitigen Vorstadt St. Symphorien führt. Diese ist noch durch zwei Hängebrücken (oberhalb und unterhalb) mit T. verbunden, von denen jede über eine Loireinsel geht. Am Platz davor stehen, westlich der Straße, das Stadthaus und östlich das Museum mit Gemälden, Skulpturen, Antiquitäten und Naturalien. Neben dem Museum ist die alte Abteikirche St. Julien (13. Jahrh.), deren roman. Turm von einer ältern Kirche aus dem 10. Jahrh. stammt. Östlich davon ist die Kathedrale St. Gatien, dem ersten Apostel der Touraine geweiht; sie steht auf der Stelle zweier durch den heil. Martin und Gregor von Tours berühmt gewesenen Kirchen. Von 1170 bis Mitte des