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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Tuffwacke; Tuffziegel; Tugela; Tugend; Tugendbund; Tugendrose; Tughra; Tugny; Tugurt; Tuhtschwarm; Tuilerien; Tuisco

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Tuffwacke – Tuisco

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Tuffstein'

heit. Vielfach ist es gerade die niedere Vegetation (von Algen u.s.w.), die, des Kohlenstoffs bedürftig, dem Wasser die Kohlensäure nimmt und dadurch das Kalkcarbonat zur Abscheidung bringt. Im übrigen verhält sich der T. ganz wie Kalkstein. Sehr oft findet man darin auch Schneckenhäuser, Knochen und andere tierische Reste. Vieler Kalktuff liefert wegen seiner porösen Beschaffenheit einen ganz vortrefflichen und dabei leicht bearbeitbaren Baustein. Auch den Traß (s. d.) nennt man zuweilen T. (S. auch Steinmasse.)

Tuffwacke, veralteter Ausdruck für Tuffe, die lockere Anhäufungen vulkanischer Materialien sind, namentlich wenn diese in zersetztem Zustande sind.

Tuffziegel, Schwammziegel, poröse Ziegel (s. d.), welche durch Vermischen des Lehms mit Lohabfällen (daher auch Lohsteine genannt), Sägespänen, Koksstaub hergestellt sind. Sie dienen zur Aufführung besonders leichter Mauern.

Tugéla, Fluß in Zululand (s. d.).

Tugend, ursprünglich (wie das grch. arētḗ und das lat. virtus soviel wie Tauglichkeit oder Tüchtigkeit, wird aber jetzt fast ausschließlich auf die sittliche Tüchtigkeit bezogen. T. überhaupt ist die sittlich gute Beschaffenheit des Willens, insbesondere sofern sie zur bleibenden Charaktereigenschaft sich gefestigt hat. T. heißen die einzelnen Eigenschaften, die zur Sittlichkeit gehören. Systeme der T. hat die Ethik seit alter Zeit aufzustellen sich gemüht. Berühmt sind besonders die sog. vier Kardinaltugenden der Alten (so bei Plato): Weisheit, Tapferkeit, Besonnenheit, Gerechtigkeit.

Tugendbund Name des «sittlich-wissenschaftlichen» Vereins, der im Frühjahr 1808 zu Königsberg von mehrern patriotisch gesinnten Männern gestiftet wurde und sich zum Zweck setzte: die durch das nationale Unglück verzweifelten Gemüter wieder aufzurichten, physisches und nationales Elend zu lindern, für volkstümliche Jugenderziehung zu sorgen, die Wiederherstellung des Heers zu betreiben, Patriotismus und Anhänglichkeit an das Königshaus allenthalben zu pflegen. Diesen offenen Bestrebungen reihte sich die geheime Absicht an, das franz. Joch abzuschütteln. Bald gewann der Verein auch Ausbreitung in Preußen, Schlesien und Pommern, weniger in Brandenburg und Berlin. Die Zahl der Mitglieder belief sich auf 3–400 Männer aus den verschiedensten Ständen. Im ganzen stehen die thatsächlichen Leistungen des T. erheblich hinter dem zurück, was man ihm, besonders von franz. Seite, zugeschrieben hat. Die Männer, durch welche die Erhebung von 1813 in erster Linie vorbereitet wurde, Stein, Scharnhorst, Gneisenau, Hardenberg, Fichte, Niebuhr, haben dem T. niemals angehört. Stein hat sogar die Gründung und die Satzungen des Vereins mißbilligt. Schon 31. Dez. 1809 wurde der T. durch den König aufgelöst. Nach den Befreiungskriegen begann die Reaktionspartei in Österreich und auch in Preußen den in seinen volkstümlichen Ideen noch fortwirkenden Bund zu verdächtigen. Besonders war es der reaktionäre Schmalz (s. d.), der als Denunziant auftrat und dadurch unter anderm die Gegenschriften des Professors Krug (ehemals Censor des Vereins) hervorrief: «Das Wesen und Wirken des T.» (Lpz. 1816) und «Darstellung des unter dem Namen des T. bekannten sittlich-wissenschaftlichen Vereins» (Berl. 1816). – Vgl. Voigt, Geschichte des sogenannten T. (Berl. 1850); H. Fr. G. Lehmann, Der T. (ebd. 1867). ↔

Tugendrose, soviel wie Goldene Rose (s.d.).

Tughra, Handzeichen des Sultans, s. Thoghra.

Tugny (spr. tünnjih), Marquis von, s. Crozat.

Tugurt, Hauptort der Oasengruppe im Wadi Righ (s. Karte: Algerien und Tunesien beim Artikel Algerien), gehört zur alger. Provinz Constantine, liegt 69 m ü.d.M., ist von Mauern und Gräben umgeben, hat 20 Moscheen, Woll- und Seidenweberei, Handel mit Datteln, Gummi, Haiks und Fes und zählt (1896) 47766 E., meist Berber (nur 74 Franzosen). Durch artesische Brunnen (seit 1856) werden gegen 640 000 Dattelpalmen befruchtet. 1854 wurde T. von den Franzosen erobert.

Tuhtschwarm, s. Bienenzucht (Bd. 17).

Tuilerien (spr. tüil'rīen), ehemaliges Residenzschloß in Paris, an einem Platze, wo sich früher Ziegelbrennereien (tuileries) befanden. Von dem ältesten Schloß, welches Katharina von Medici unter der Leitung von Philibert Delorme und Jean Bullant erbauen ließ, ist Genaues nicht überliefert. Heinrich IV. ließ es durch Du Cerceau und Dupérac vergrößern, namentlich den Pavillon de Flore ansetzen und diesen mit dem Louvre verbinden. Unter Ludwig XIV. wurden die ältern Teile erhöht, die Kuppel des Hauptpavillons (Pavillon de l'Horloge) umgestaltet und auf der Stadtseite der Eckpavillon Marsan hinzugefügt. Die T. waren nur vorübergehend königl. Wohnung, bis Ludwig XVI. sich durch die Oktoberereignisse in Versailles 1789 genötigt sah, seine Residenz nach Paris zu verlegen. Am 10. Aug. 1792 wurden sie angegriffen, was die Flucht der königl. Familie in die Nationalversammlung zur Folge hatte; 1793 schlug der Konvent im nördl. Flügel seinen Sitz auf. Dann bewohnte Napoleon als Erster Konsul und Kaiser den im Innern umgestalteten Palast. Unter der Restauration waren die T. Hauptresidenz des Königs. Nach der Julirevolution von 1830, wo das Volk die T. wiederum stürmte, bewohnte sie Ludwig Philipp bis zum 24. Febr. 1848. Von 1852 bis 1870 waren sie wieder kaiserl. Residenz. Beim Aufstand der Commune 1871 wurden die T. 24. Mai in Brand gesteckt; die Trümmer wurden 1883 gänzlich abgetragen. Nur die beiden Flügel, welche die T. mit dem Louvre (s. d.) verbanden, sind erhalten oder wieder hergestellt. Der schöne, von Westen, von der Place de la Concorde her, anstoßende Jardin des Tuileries (710 m lang, 317 m breit), wurde von Le Nôtre angelegt, ist aber vielfach umgeändert (s. den Stadtplan Paris).

Tuisco oder richtiger Tuisto nannten die Westgermanen nach des Tacitus Berichte im zweiten Kapitel der «Germania» den erdgeborenen Gott, den sie mit seinem Sohne Mannus (s. d.), von dessen drei Söhnen sich die drei Hauptstämme, die Ingävonen, Herminonen und Istävonen ableiteten, in alten Liedern als den Urheber ihres Volks feierten. T. läßt sich grammatisch nicht anders ableiten als von der Zweizahl, und unter den verschiedenen aufgestellten Deutungen des Namens verdient deshalb diejenige Wackernagels (in Haupts «Zeitschrift für deutsches Altertum», Bd. 6) den Vorzug. Danach ist die Sage von T. und Mannus nicht, wie Tacitus sie ansah, eine Sage über den autochthonischen Ursprung des german. Volks, sondern vielmehr ein Mythus über den Ursprung der Menschheit überhaupt, ein Stück german. Kosmogonie. T. ist der Zwiegeschlechtige, die zwitterhafte Gottheit, die nicht selten an der Spitze von Kosmogonien erscheint, die

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 1047.