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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Tungusisches Meer; Tunguska; Tunica; Tunicata; Tunicella; Tunika; Tunis

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Tungusisches Meer – Tunis (Staat)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Tungusen'

von mongol. Äußern (s. Tafel: Asiatische Völkertypen, Fig. 6, beim Artikel Asien), anstellig, sehr gewandt und sogar ritterlich, aber friedlicher Natur und wenig widerstandsfähig. Sie sind zum größern Teil Jägervölker und Nomaden und werden eingeteilt in ansässige, Pferde-, Renntier- und Hundetungusen. Der Mehrzahl nach sind sie Schamanisten, nur ein geringer Teil Christen. Tungusischer Herkunft sind die Mandschu (s. d.). Weitere Tungusenstämme sind: die Oltscha oder Orotschonen zwischen unterm Amur und Stillem Ocean; westlich von diesen die Samagiren am Gorin; weiter aufwärts am Amur die Golde; die Negda am Amgun; am obern Amur die Orotschonen; weiter abwärts die Manjagren, Manägren oder Manegiren, die Dauren und die Biraren; in der Nähe des Ochotskischen Meers die Lamuten. Über Sprache und Mundarten der T. schrieben Castrén und Schiefner; Grammatik von Adam (Par. 1874), Wörterverzeichnis von Czekanowski (Petersb. 1877). – Vgl. Hiekisch, Die T. (Petersb. 1879); L. von Schrenck, Reisen im Amurlande (4 Bde., ebd. 1858–91); Ferd. Müller, Unter T. und Jakuten (Lpz. 1882).

Tungusisches Meer, s. Ochotskisches Meer.

Tunguska, drei rechtsseitige Nebenflüsse des Jenissei in Sibirien.

  • 1) Obere T., russ. Verchnaja Tunguzka (s. Angara).
  • 2) Niedere T., russ. Nižnaja Tunguzka, bei den Tungusen Kotu, bei den Ostjaken Bognal, bei den Jakuten Chatanga genannt, entspringt auf dem Tungusischen Bergrücken im Kreis Kirensk des russ. Gouvernements Irkutsk, durchschneidet den südwestl. Teil des Gebietes Jakutsk, geht ins Gouvernement Jenisseisk über und mündet nach 2699 km oberhalb Turuchansk, schiffbar auf 750 km. An den Ufern finden sich Graphit, Jaspis, Rauchtopase, Amethyste, Kupfer- uüd Eisenerz.
  • 3) Mittlere oder Steinige T., russ. Srednaja Tunguzka oder Podkammenaja Tunguzka, entspringt ebenfalls im Gouvernement Irkutsk und mündet nach 1306 km, schiffbar auf 790 km. In ihrem Gebiet finden sich Goldwäschereien.

Tunica, s. Haut; T. sclera, s. Auge; T. als röm. Kleidungsstück, s. Tunika.

Tunicāta, s. Manteltiere.

Tunicella (lat., Dalmatica minor, auch Subucula), das zunächst über der Alba getragene Gewand des celebrierenden Priesters. (S. Liturgische Gewänder.)

Tunĭka, ein röm. Kleidungsstück für Männer und Frauen. (S. Tafel: Kostüme I, Fig. 8.) Gewöhnlich trug man zwei. Die eine, auch subucula genannt, war ein Hemd ohne oder doch nur mit halblangen Ärmeln, auf dem bloßen Leibe getragen und um die Hüfte gegürtet. Darüber wurde die äußere vorzugsweise so genannte T. gezogen, die, gleichfalls ohne Ärmel, eng an den Körper schloß und gegürtet bis auf die Knie reichte. Erst in der spätern Kaiserzeit wurden lange Ärmel gewöhnlich. Bei Männern des senatorischen Standes war die T. durch zwei von oben nach unten laufende eingewebte purpurne breite Streifen (latus clavus), bei denen des Ritterstandes durch zwei dergleichen schmale Streifen (angustus clavus) geschmückt. Die der männlichen ähnliche, innere T. der Frauen hatte ebenfalls bis in spätere Zeit keine oder nur halblange Ärmel, über sie legten die Frauen eine zweite T. an, die Stola (s. d.). Die Ärmel deckten den Oberarm und waren nicht zusammengenäht; den Schlitz hielten nach der Außenseite hin Sicherheitsnadeln ↔ (fibulae) zusammen. Diese obere T. wurde unter der Brust gegürtet und reichte mit der an ihren untern Saum genähten Falbel bis über die halben Füße. Die T. war das Kleid, das man zu Hause allein trug; beim Ausgehen warfen über sie die Männer die Toga (s. d.), die Frauen die Palla (s. d.).

Die kath. Bischöfe trugen zwei T. übereinander, die Tunicella (s. d.) und die Dalmatica (s. d.).

Tunis oder Tunesien, von den Arabern Ifrikija genannt, ehemals ein Vasallenstaat der osman. Pforte in Nordafrika, seit 1881 unter franz. Protektorat, wird im W. und SW. von Algerien, im N. und O. vom Mittelmeer, im S. und SO. von Tripolis begrenzt und hat ein Areal von 99600 qkm, wovon 47 Proz. fruchtbares Land, 10 Proz. Hochlandsteppen und 43 Proz. Wüste sind. (S. Karte: Algerien und Tunesien). In physik. und ethnogr. Beziehung gleicht es im allgemeinen dem übrigen westl. Nordafrika. Der 651 km lange Küstensaum ist ziemlich einförmig, im Osten vorherrschend flach, sandig und unfruchtbar, im Norden meist durch hohe, aus dem Meere steil aufsteigende Felsenmassen gebildet, hier wie dort mit zahlreichen Buchten und Vorgebirgen versehen, unter denen der Golf von T., von Hammamet und von Gabes, das Kap Blanco oder Ras el-Abiad, der nördlichste Punkt Afrikas, und das Kap Bon oder Ras Addar die bemerkenswertesten sind. Der nördl. Teil des Landes hat mit Ausnahme des nördlich vom Medscherda liegenden Berglandes der Khrumir vorwiegend plateauartigen Charakter, der durch einige in nordöstl. Richtung ziehende bis 2000 m hohe Ausläufer des Atlas unterbrochen wird. Der südl. Teil gehört zur Steppe Biledulgerid (s. d.) und wird zum Teil von einer unter dem Meeresspiegel liegenden Depression eingenommen, in deren Schott el-Dscherid viele neuere Forscher den Lacus Tritonis der Alten erkennen wollen. Die Bäche und Flüßchen verlieren sich meist im Sande oder erreichen nach kurzem Laufe das Meer. Kein einziger Fluß ist schiffbar. Der bedeutendste ist der Medscherda (Bagradas der Alten), der im Norden der Hauptstadt mündet und durch seine ausgedehnten Schlammabsätze in der Regenzeit das Land fruchtbar macht. Mineralquellen von höherer Temperatur giebt es bei der Hauptstadt, zu Gurbos, Tozer und Ghassa. Bei dem überaus günstigen Klima, welches ein Minimum von +11°C. und ein Maximum von +36°C. aufweist, und dem meist vortrefflichen Boden ist die Vegetation kräftig und reichlich und im allgemeinen der von Algerien (s. d.) ähnlich. Besonders fruchtbar ist die nördlich von dem Medscherda gelegene Landschaft Frigeah und das Dscherid mit seinen 2 Mill. Dattelstämmen. Sehr einträglich sind auch die großen Korkeichenwälder nördlich von Medscherda, wo noch dichter Wald das Gebirge bedeckt; südlich von Medscherda nimmt der Wald an Ausdehnung sehr ab und verschwindet ganz; ungefähr 250000 ha sind mit Wald und Gestrüpp bedeckt.

Die Bevölkerung wird zu 1500000 angegeben; sie ist vorwiegend arabisch, sonst aber in ihren Elementen sehr gemischt, da auf die ältesten Einwohner, die Gätuler und Numidier, Phönizier, Römer, Vandalen, Griechen und aus Spanien vertriebene Mauren folgten. Man rechnet 45000 Juden, 350000 Katholiken, 400 griech. Katholiken und 250 Protestanten, die übrigen sind Mohammedaner. Die Zahl der Franzosen betrug (1896) 16207, sowie 10144 Militärpersonen. Die Hälfte des Reichs ist unter

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 1052.