Turkestan. 1) T. oder Turkistan (d. i. Türkenland), auch
Tschagatai, im weitern Sinne die asiat. Tatarei (s. d.) als Schauplatz der
Thätigkeit verschiedener tatar. Völker. Sie wird durch die Kisiljart-Kette (der frühere Bolordagh, östlich am Pamirplateau) in
Ostturkestan (s. d.) und in Westturkestan geteilt. Dieses, die Freie Tatarei, Westtschagatai, auch wohl
Turan, gewöhnlich schlechthin T. genannt, grenzt im N. an die Kirgisensteppe und an die
sogenannte russ. Dsungarei (das Siebenstromland), im O. an China und Kaschmir, im S. an Kafiristan, Kabul und Persien, im W. ans
Kaspische Meer (s. Karte: Russisch-Centralasien und Turkestan, Bd. 14, S. 34).
Der größte Teil im Norden und Nordwesten umfaßt eine aus Wüsten oder magern Steppen bestehende Tiefebene (die Turkestanische
oder Turanische Tiefebene), die nur vom Syr-darja und Amu-darja durchflossen wird; der Serafschan zwischen beiden versiegt zuletzt im
Sande. Der kleinere Teil, im Osten und Südosten, bildet die wilde, reich bewässerte und mit fruchtbaren Thälern versehene
Alpenlandschaft, die aus den nördl. Ästen des Hindukusch, dem Pamirplateau und seinen westl. Abzweigungen gebildet wird und durch
das Alai-Gebirge in das Alpenland von Ferghana im Norden und in das Alpenland von Sogdiana oder Usbekistan im Süden geteilt wird.
Das Land zwischen dem Surchab und dem obern Amu-darja, im östl. Buchara, ist das ehemalige Chanat Darwas oder Derwas. Das
Klima von T. ist kontinental mit großen Gegensätzen von Winterkälte und Sommerhitze. In der Ebene können nur an bewässerten Stellen
Weizen, Gerste, Reis und Zuckersorghum gebaut werden. Reichlich geerntet werden Melonen, Wein, Obst; ferner werden gebaut
Maulbeerbäume, Baumwolle, Farbepflanzen, Lein, Sesam. Die wilden Pflanzen gehören im Westen zur Aralsee- und Kaspischen
Salzsteppenflora, in Ostturkestan zur innerasiat. Flora. Eine Merkwürdigkeit ist der Saxaul
(Haloxylon ammodendron Bge.) aus der Familie der
Meldengewächse (Salsolaceen) mit rutenartig angeordneten kahlen Zweigen wie bei den Kopfweiden. Neben dem Dromedar, Pferd und
Schaf, welche den Hauptreichtum der Bewohner bilden, finden sich wilde Esel, wilde Schafe und Ziegen, mehrere Antilopenarten,
Wildschweine, Hasen sowie Fasanen, Rebhühner und anderes geflügeltes Wildbret, auch Leoparden, Löwen, Bären, Wölfe, Füchse u.a.
Das Mineralreich liefert Eisen, Kupfer, Blei, Goldstaub, Salz, Jaspis, Karneole, Türkise, Rubinen und andere Edelsteine. Im Altertum
bildete das Land als Baktriana, Sogdiana und das Land der Chorasmier die nordöstl. Provinzen des Persischen Reichs, ging dann an die
Parther und Neuperser über, im 6. Jahrh. an hunn. und türk. Völker, im 8. Jahrh. an die ↔ Araber, im 12. Jahrh. an
Dschingis-Chan. Nach dem Tode Timurs (1405) zersplitterte es sich in viele kleine Gebiete und wurde der Tummelplatz barbarischer
Nomaden- und Räuberscharen, die erst von Rußland gezügelt wurden. Über das Vordringen der Russen in T. s.
Russisch-Centralasien.
Gegenwärtig gehört fast ganz T. zu Rußland und bildet dessen Generalgouvernement T. und Gebiet Transkaspien; die Chanate Chiwa
und Buchara sind russ. Vasallenstaaten; das Pamirplateau ist zu großem Teil in russ. Besitz (s. Pamir). Nur das
Stück T.s zwischen Amu-darja und dem Hauptrücken des Hindukusch gehört zu Afghanistan. – 2) Generalgouvernement in Russisch-Centralasien,
umfasst die Gebiete Syr-darja (mit der Abteilung Amu-darja), Samarkand und Ferghana mit dem Rußland gehörigen Teil des
Pamirplateaus und hat 665962,5 qkm mit 3792774 E., d. i. 5,7 auf 1
qkm. Generalgouverneur ist Generallieutenant Baron Wrewskij. – Vgl. Petzholdt, Turkestan (Lpz. 1874); Umschau im russischen T. (ebd.
1877); Fedtschenko, Reise in T. (russisch, Petersb. 1875); Schuyler,
Notes of a journey in Russian T., Khokand, Bukhara and Kuldja (2 Bde., Lond. 1876), Kostenko,
Das Land T. (russisch, 3 Bde., Petersb. 1880; militärisch-statistisch), Muschketow, Turkestan (russisch, ebd. 1886); H. Moser, Durch
Centralasien (Lpz. 1888); Jaworskij, Turkestan (russisch, Petersb. 1889). (S. auch die Litteratur zu
Russisch-Centralasien.)
Türkheim. 1) Stadt im Kanton Winzenheim, Kreis Colmar des Bezirks
Oberelsaß, an der Fecht, am Eingang des St. Gregorien- oder Münsterthals und an der Nebenlinie Colmar-Münster-Metzeral der
Elsaß-Lothring. Eisenbahnen, hat (1895) 2427 E., darunter etwa 20 Evangelische und 60 Israeliten, Post, Telegraph, schöne Kirche dor.
Stils; 2 Papierfabriken, 2 Baumwollspinnereien, Ziegelei und Weinbau. 8 km westlich in den Vogesen liegt
Drei Ähren (s. d.). T. wird bereits 742 genannt; es wurde 1312 Freie Reichsstadt und trat 1354
in
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 2.