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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Verjüngungsklasse – Verkaufsselbsthilfe

öffentlichen Glaubens des Grundbuches, in das Servituten einzutragen sind, V. von Dienstbarkeiten durch bloße Nichtausübung nicht mehr (§. 902), dagegen eine V. von Grund- und beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten, wenn der Anspruch auf Beseitigung einer Anlage auf dem belasteten Grundstück, die die Dienstbarkeit beeinträchtigt, verjährt (§§. 1028 u. 1090). Ferner erlischt ein dingliches Recht am fremden Grundstück, das mit Unrecht im Grundbuch gelöscht ist, wenn der Anspruch des Berechtigten gegen den Eigentümer verjährt ist (§. 901). Die V. ruht wie die Anspruchsverjährung und wird unterbrochen, wenn vor ihrer Vollendung die Gegenpartei Klage erhebt. Durch Anmeldung einer Konkursforderung wird deren V. unterbrochen. Nach Beseitigung der Unterbrechung fängt die V. von vorn zu laufen an. Die Verjährungszeit beträgt im Gemeinen Recht, wenn die Gegenpartei anwesend ist, 10 Jahre, sonst 20 Jahre, nach neuern Gesetzen (Deutschem Bürgerl. Gesetzb. §. 195) ohne Unterscheidung 30 Jahre. – Über unvordenkliche V. s. Unvordenklichkeit.

Der Grund der V. im Strafrecht liegt darin, daß nach Ablauf längerer Zeit die Feststellung der Nichtschuld erschwert ist, und andererseits verspätete Strafen viel weniger eindrucksvoll sind. Nach dem Reichsstrafgesetzbuch giebt es: 1) die V. der Strafverfolgung, bei Verbrechen (s. d.) je nach der Schwere 20‒10 Jahre, bei Vergehen (s. d.) ebenso 5 oder 3 Jahre, bei Übertretungen (s. d.) 3 Monate; daneben besondere Fristen für Zollvergeben (3 Jahre), einige Steuervergehen (3 Jahre) und einige Handlungen gegen die Gewerbeordnung (3 Monate). 2) Die V. der Strafvollstreckung, 30‒2 Jahre, je nach der Höhe der erkannten Strafe. Die V. zu 1 wird unterbrochen durch jede Handlung des Richters (nicht des Staatsanwalts) gegen den Thäter. Die V. zu 2 wird unterbrochen durch jede auf Vollstreckung der Strafe gerichtete Handlung der Strafvollstreckungsbehörde und durch die zum Zwecke der Vollstreckung erfolgende Festnahme (§. 66‒72 des Strafgesetzbuchs; §. 7 des Einführungsgesetzes; §. 145 der Gewerbeordnung; §. 164 des Vereinszollgesetzes; ähnlich auch Österr. Strafgesetz §§. 223 fg. und 526 fg.).

Verjüngungsklasse, in der Forstwirtschaft beim Femelschlagbetrieb (s. d.) die in der Verjüngung begriffenen Bestände, also eine Altersklasse, in der das älteste und jüngste Holz gemischt vorkommen.

Verkalken, in der Chemie soviel wie Oxydieren, s. Oxyde und Calcination; in der Medizin, s. Verknöcherung und Verhärtung.

Verkämmung, s. Verknüpfung der Hölzer.

Verkauf im Aufstrich, s. Auktion.

Verkaufsautomat, s. Automat.

Verkaufsbuch, Ausgangsfakturenbuch, auch Strazze, in der Buchhaltung (s. d.) das Buch, in das in Waren- und Fabrikgeschäften die Rechnungen über verkaufte Waren, die ausgehenden Fakturen, eingeschrieben werden. Die Einrichtung des V. und die Eintragsweise ist dieselbe wie beim Einkaufsbuch (s. d.). In der doppelten Buchführung überträgt man am Ende eines Monats die Posten möglichst summarisch in das Journal (s. d.) und belastet die Käufer vermittelst Kontokorrent- oder Debitorenconto zu Gunsten des Waren- oder Fabrikationscontos.

Verkaufsrechnung, die Rechnung eines Kommissionärs oder Agenten über für fremde Rechnung ausgeführte Verkäufe von Waren, Wechseln u. s. w. Sie bildet den Gegensatz zur Einkaufsrechnung oder Faktura (s. d.) und enthält außer dem Bruttoertrage der Ware sämtliche in Abzug zu bringenden Verläge und Unkosten sowie die Provision des Verkäufers. Die übrigbleibende Summe bildet den Reinertrag (s. Netto) des Verkaufs und wird dem Kommittenten in irgend einer Art zur Verfügung gestellt.

Verkaufsrennen (engl. Selling Stakes), Pferdewettrennen, bei denen der Sieger für den vor Austrag des Rennens festgelegten Preis verkäuflich ist.

Verkaufsselbsthilfe, das Recht einer Partei, namentlich des Verkäufers einer Ware, beim Verzuge des Käufers diese nach vorgängiger Androhung öffentlich versteigern zu lassen. Der Verkäufer ist, sofern der Kauf auf seiner Seite oder auf seiten des Käufers Handelsgeschäft (s. d.) ist, nach Art. 343 des Deutschen Handelsgesetzbuches von 1861, §. 373 des Handelsgesetzbuches von 1897 dazu befugt, wenn der Käufer mit der Empfangnahme im Verzuge ist, wenn er es nicht vorzieht, die Ware auf Lager zu behalten und, sofern er Kaufmann ist, dem Käufer Lagergeld zu berechnen, oder sie auf Gefahr und Kosten des Käufers in einem öffentlichen Lagerhause oder bei einem Dritten (z. B. einem Spediteur) niederzulegen. Er darf, wenn die Ware einen Börsen- oder Marktpreis hat, nach vorgängiger Androhung den Verkauf auch aus freier Hand durch einen hierzu öffentlich ermächtigten Handelsmakler oder eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise bewirken. Ist die Ware dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im Verzuge, so bedarf es der vorgängigen Androhung nicht; ebenso nicht, wenn die Androhung aus andern Gründen unthunlich ist. Verkäufer und Käufer können bei der öffentlichen Versteigerung mitbieten. Bei öffentlicher Versteigerung hat der Verkäufer den Käufer von Ort und Zeit derselben vorher zu benachrichtigen. Von der Vollziehung des Verkaufs hat der Verkäufer den Käufer in jedem Falle, soweit es thunlich, sofort zu benachrichtigen; bei Unterlassung ist er zum Schadenersatz verpflichtet. Die V. setzt nicht voraus, daß die Ware zur unmittelbaren Verfügung des Verkäufers steht, so daß er sie auch gerichtlich hinterlegen könnte. Auch eine Ware, welche ihm erst geliefert werden muß, kann er durch V. verkaufen. Der Verkauf muß regelmäßig vorgenommen werden an dem Orte, wo sich die Ware zur Zeit des Empfangsverzugs befindet, sofern nicht der Verkauf anderswo im Interesse des Käufers liegt. Der öffentliche Verkauf muß nach den am Orte des Verkaufs geltenden Rechtsgrundsätzen, also durch obrigkeitlich autorisierte Personen erfolgen (Deutsches Bürgerl. Gesetzb. §. 383). Ist die V. ordnungsmäßig erfolgt, so ist der Verkäufer von der Lieferungspflicht befreit; er kann sich den Erlös auf den Kaufpreis anrechnen und den Rest, als ob er geliefert hätte, vom Käufer einziehen. War ihm der Preis bezahlt, so hat er dem Käufer den Erlös nach Abzug der Kosten zur Verfügung zu stellen. – Durch diese Vorschriften über handelsrechtliche V. werden die Befugnisse nicht berührt, die der Verkäufer bei Annahmeverzug des Käufers nach Deutschem Bürgerl. Gesetzb. §§. 372‒386 (Hinterlegung) hat.

Dasselbe Recht der V. steht dem Verkäufer nach Art. 354 zu, wenn der Käufer mit der Zahlung des Preises im Verzuge und die Ware noch nicht übergeben ist. Schadenersatz wegen Nichterfüllung kann er hiernach überhaupt nur fordern, wenn er V. vornimmt. Das Handelsgesetzbuch von 1897 kennt