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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Villèle; Villemain; Villemessant; Villena; Villeneuve

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Villèle - Villeneuve (in Frankreich)

setzung des Henri von Valenciennes veröffentlichte N. de Wailly (Par. 1872; 2. Aufl. 1874); ins Deutsche übertrug V.s Chronik B. Todt (Halle 1879).

Villèle (spr. willähl), Joseph, Graf, franz. Staatsmann, geb. 14. Aug. 1773 zu Toulouse, widmete sich dem Seedienste und ging 1791 nach Westindien, wo er sich während der Revolution ein ansehnliches Vermögen erwarb. 1803 kehrte er nach Frankreich zurück und trat bei der Rückkehr der Bourbons in seinen "Observations sur le projet de constitution" (1814) als Gegner der Verfassung auf. Nach der zweiten Restauration wurde er Maire von Toulouse und Abgeordneter der Kammer, wo er, ohne die Leidenschaftlichkeit der royalistischen Ultras, vielmehr nüchtern und geschäftsgewandt allmählich der bedeutendste Führer der Royalisten ward. Nach dem Sturz des vermittelnden Ministeriums Decazes wurde V. im Kabinett des Herzogs von Richelieu im Dez. 1820 Minister ohne Portefeuille. Richelieus Sturz brachte ein Jahr später die Ultras ans Ruder, und V. übernahm im Dez. 1821 in dem neuen Kabinett die Finanzen, im Herbst 1822 auch das Präsidium. Das Verdienst seiner sechsjährigen Verwaltung war die Ordnung der Finanzen. Er beherrschte im Sinne der Partei die Wahlen, führte das Gesetz der siebenjährigen Finanzperiode durch, das ihm eine dauernde Majorität sicherte, gab, obwobl widerstrebend, seine Zustimmung zum Kriege gegen das liberale Spanien, setzte die Emigrantenentschädigung ins Werk und versuchte, um die Mittel dafür zu gewinnen, eine Herabsetzung der Renten einzuführen. Die Wahlen von 1827 zeigten indessen, welch eine mächtige Opposition sich gebildet hatte. Eine Reihe reaktionärer Maßnahmen, wie die Beschränkung der Presse und die Aufhebung der Pariser Nationalgarde, die teils von ihm ausgingen, teils von ihm geduldet wurden, machten seine Lage immer peinlicher. Eine neue Kammerauflösung verstärkte nur die Opposition. Im Jan. 1828 mußte er endlich dem Ministerium Martignac weichen. Er starb 13. März 1854 in Toulouse. Die "Mémoires et correspondance de V." (5 Bde., Par. 1887-89) wurden nach seinem Tode herausgegeben. - Vgl. Neuville, Notice historique sur M. le comte de V., suivie des souvenirs sur l'administration financière de V., par le marquis d'Audiffret (Par. 1855).

Villemain (spr. wil'mäng), Abel François, franz. Gelehrter, geb. 11. Juni 1790 zu Paris, wurde Lehrer und gewann 1812 und 1816 akademische Preise durch die "Eloged" auf Montaigne und Montesquieu. Von Royer-Collard zum Professor an der Sorbonne ernannt, hielt er hier unter großem Zulauf 16 Jahre lang von liberaler Gesinnung erfüllte Vorträge, besondere über die Geschichte der franz. Litteratur: "'Tableau de la littérature au moyen âge en France, en Angleterre, en Espagne et en Italie" (2 Tle.) und "Tableau de la littérature au dix-huitième siècle" (5 Tle., 1828; 2. Aufl. beider Werke, 6 Bde., 1804). Schon 1821 wurde er Mitglied der Akademie. Als er im Auftrag derselben 1827 die Bittschrift gegen Wiedereinführung der Censur mit Lacretelle und Châteaubriand ausgearbeitet hatte, fiel er in Ungnade; unter Ludwig Philipp wurde er dagegen 1831 durch die Pairswürde ausgezeichnet. Im Ministerium vom 29. Okt. 1840 übernahm er den öffentlichen Unterricht und hatte das organische Gesetz des Sekundärunterrichts vorzubereiten. Doch befriedigte er niemand mit seinem, gegen die widerstrebendsten

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Zumutungen nachgiebigen Entwurf und trat 6. Jan. 1845 zurück. Er starb 8. Mai 1870 zu Paris. Unter seinen sprachlich eleganten Schriften sind noch zu nennen: "Histoire de Cromwell" (Par. 1819), "Études de littérature ancienne et étrangère" (ebd. 1846 u. ö.), "Tableau de l'éloquence chrétienne au 4e siècle" (ebd. 1846 u. d.; deutsch von Köhler, Regensb. 1855), "Souvenirs contemporains d'histoire et de littérature" (2 Bde., Par. 1853-55 u. ö.), "Choix d'études sur la littérature contemporaine" (ebd. 1857). Nach seinem Tode erschien "Histoire de Grégoire VII" (1873).

Villemessant (spr. wil'messáng), Jean Hippolyte Cartier, genannt de, franz. Journalist, geb. 22. April 1812 zu Rouen. Er pachtete 1844 das Modefeuilleton der "Presse" und begründete mit Calonne und Boyer nacheinander "Le Lampion", "La Bouche de fer", "La Cronique de Paris" (1848-50), welche Blätter bald unterdrückt wurden. Seit April 1854 gab er, von seinen Schwiegersöhnen Bourdin und Jouvin unterstützt, den "Figaro" (s. d.) heraus, der unter seiner geschickten Leitung das gelesenste Blatt wurde. V. starb 11. April 1879 zu Monte-Carlo auf seinem Gute.

Villena (spr. willje-), Bezirksstadt im NW. der span. Provinz Alicante in Valencia, 501 m ü. d. M., rechts am Vinalapo, östlich von einer großen Salzlagune, in berühmter Weinbaugegend und an der Eisenbahn Madrid-Alicante sowie den Zweigbahnen nach Bocairente (32 km, weiter nach Alcoy und Alcudia im Bau) und Yecla (21 km), hat (1887) 14450 E., ein festes Schloß; Leinenweberei, Seifensiederei, Branntweinbrennerei und bedeutende Messe.

Villena (spr. willje-), Don Enrique de Aragon, gewöhnlich, jedoch irrtümlich, Marques de V. genannt, span. Gelehrter, geb. 1384, stammte aus dem königl. Hause von Aragonien und zeigte schon früh eine entschiedene Neigung für gelehrte Studien. Heinrich III. von Castilien ließ ihn zum Großmeister von Calatrava erwählen, doch annullierte der Papst 1407 seine Wahl. Später wurde ihm die Herrschaft von Iniesta zu teil, auf welcher er seit etwa 1417 zurückgezogen gelebt zu haben scheint, bis an seinen Tod, der 15. Dez. 1434 bei einem Besuch in Madrid erfolgte. Er richtete an den Marques von Santillana eine castil. "Arte de trobar" nach provençal. Vorbildern (im Auszug hg. bei Mayans, "Origenes", Madr. 1737 u. 1873). Außerdem schrieb V. 1423 eine Anleitung zur Tranchierkunst ("Arte cisoria", gedruckt Madrid 1766, und neuerdings 1879), eine Schilderung der Arbeiten des Hercules ("Trabajos de Hersules", zuerst 1483 gedruckt), einen "Tratado de la Consolacion", "Exposicion del salmo Quoniam vibedo", ein Buch über die "Fascinologia" (den bösen Blick) und "De la lepra", übersetzte die "Äneis", die "Göttliche Komödie" u. a. Gedichtet hat er wahrscheinlich nur catalanisch, wie auch die "Trabajos de Hercules" ursprünglich in dieser Sprache geschrieben sind, die "Arte de trobar" in ihr gedacht ist.

Villeneuve (spr. wil'nöhw), zahlreiche Orte in Frankreich, darunter: 1) Villeneuve-sur-Lot, Arrondissement im Depart. Lot-et-Garonne, hat auf 1545 qkm (1896) 77065 E., 10 Kantone und 90 Gemeinden. - 2) V. d'Agen, Hauptstadt des Arrondissements Villeneuve-sur-Lot, am Lot, über den eine 18 m hohe Brücke (13. Jahrh.) führt, an der Linie Tonneins-Penne der Orleansbahn, hat (1896) 7685, als Gemeinde 13561 E., Gerichtshof erster Instanz,