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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Villersexel - Villon

à Madame la comtesse Fanny de Beauharnais sur Lubeck» (3. Aufl., Amsterd. 1808), worin er über die bei der Erstürmung Lübecks 1806 verübten Greuel berichtete, hatte er sich den Haß des franz. Heers zugezogen. Er wurde daher aus dem Generalgouvernement verwiesen, folgte dann einem Ruf als Professor der Philologie nach Göttingen, wurde aber, als Hannover unter die alte Regierung zurückkehrte, abgesetzt. Er starb 26. Febr. 1815 zu Göttingen. Von seinen Schriften sind noch zu nennen: «Coup d’œil sur les universités» (Cass. 1808) und «Coup d’œil sur l’état de la littérature ancienne et de l’histoire en Allemagne» (Par. 1809). Auch bearbeitete er die Kantsche Philosophie als «Philosophie de Kant, ou principes fondamentaux de la philosophie transcendentale» (2 Bde., Metz 1802). – Eine Biographie V.’ verfaßte Bégin (Metz 1840). Vgl. auch Briefe von Benjamin Constant, Görres, Goethe u. s. w. aus dem handschriftlichen Nachlasse des Charles de V., hg. von Isler (Hamb. 1879).

Villersexel (spr. willährßekßéll), Dorf im Arrondissement Lure des franz. Depart. Haute-Saône in der Franche-Comté, links am Ognon und an der Ognonbahn Lure-Loulans-les-Forges der Ostbahn, hat (1896) 1001, als Gemeinde 1055 E., ein schönes Schloß der Grafen von Gramont aus dem 17. Jahrh., Hüttenwerke, Mahl- und Schneidemühlen. – Hier fand 9. Jan. 1871 ein Gefecht statt zwischen dem 14. deutschen Armeekorps und der Armee Bourbakis, durch das Werder Zeit gewann, die feste Stellung Delle-Montbéliard-Héricourt-Lure zu erreichen (s. Lisaine).

Villette, La (spr. willétt), industrieller nordöstl. Stadtteil von Paris im 19. Arrondissement, bis 1860 Vorort, an der Gürtelbahn, zu beiden Seiten des Ourcqkanals und von dessen großem Bassin (s. Ourcq), hat einen Hafen, Eisenwerke, Viehmarkt nebst Schlachthof. Betrieben wird besonders Fabrikation von Papier und Glaswaren.

Villette (spr. willétt), Marthe Marguerite de, s. Caylus, Marquise de.

Villeurbanne (spr. willöhrbánn), Stadt und östl. industrieller Vorort von Lyon, im Arrondissement Lyon des franz. Depart. Rhône, an der Lokalbahn Lyon-St. Genix, hat (1896) 19108, als Gemeinde 21714 E., Erziehungsanstalten; Seidenspinnerei, Fabriken von Hüten, Wachslichtern, chem. Produkten, Kohlenstiften, Seife, Wachsleinwand und Handel mit Getreide, Seide, Wein und Branntwein.

Villgrattener Gebirge, s. Ostalpen.

Villĭcus (lat.), Verwalter einer röm. Villa (s. d.).

Villĭers, Barbara, Maitresse Karls Ⅱ. von England, s. Cleveland, engl. Herzogstitel.

Villĭers, George, Vater und Sohn, engl. Staatsmänner, s. Buckingham (engl. Grafen und Herzöge).

Villĭers, George William, engl. Staatsmann, s. Clarendon.

Villiers-sur-Marne (spr. willĭeh ßür marn), Dorf und Fort im Arrondissement Corbeil des franz. Depart. Seine-et-Oise, links von der Marne, gegenüber Fort Nogent, im OSO. von Paris, an der Linie Paris-Longueville der Ostbahn,hat (1896) 1557, als Gemeinde 2055 E. und war während der Kämpfe von Champigny (30. Nov. bis 2. Dez. 1870), die auch Schlacht bei V. heißen, von den Deutschen besetzt.

Villingen. 1) Kreis im Landeskommissariatsbezirk Konstanz des Großherzogtums Baden, hat 1066,46 qkm und (1895) 71802 (34921 männl., 36881 weibl.) E., darunter 16370 Evangelische, 55081 Katholiken und 60 Israeliten, 14932 Haushaltungen in 90 Gemeinden und zerfällt in drei Amtsbezirke:

Amtsbezirke qkm Haushaltungen Einwohner Einwohner auf 1 qkm Evangelische Katholiken Israeliten

Donaueschingen 419,92 5281 24183 57 3007 21166 10

Triberg 279,59 4705 21637 77 4805 16813 8

Villingen 366,95 5471 25982 70 8558 17102 42

2) Amtsbezirk im Kreis V. (s. obenstehende Tabelle). – 3) Hauptstadt des Kreises und Amtsbezirks, an der Brigach, der Linie Offenburg-Singen der Bad. und der Nebenlinie Rottweil-V. (27,2 km) der Württemb. Staatsbahnen, Sitz des Bezirksamtes und eines Amtsgerichts (Landgericht Konstanz), hat (1895) 6891 E., darunter 1117 Evangelische und 37 Israeliten, Postamt erster Klasse, Telegraph, alte Mauern und Thore, got. Münster mit zwei Türmen (1470) und Kirchenschatz, Rathaus mit Säulen im mittelalterlichen Stil und einer städtischen Altertumssammlung, ehemaliges Franziskanerkloster, jetzt Waisenhaus, mit Kreuzgang, einen alten Turm (Altstadtturm) vor der Stadt, Reste des frühern Ortes V., höhere Bürgerschule, ein von Ursulinerinnen geleitetes Mädcheninstitut, Haushaltungsschule, Gewerbe-, Musik-, Zeichen- und landwirtschaftliche Winterschule; bedeutende Fabriken von Uhren und Musikwerken (Orchestrions) sowie von Teigwaren, Metalltuchweberei, Glockengießerei, mechan. Werkstätten, Kunsttöpferei, Ziegeleien, Holzimprägnierungsanstalt, Hammerwerk, Kunstmühlen, Sägewerke, sowie Handel mit Früchten, Mehl, Holz. In der Nähe die Burgruinen Türneck und Warenburg.

Villmar, preuß. Flecken, s. Bd. 17.

Villmergen, Ort in der Landschaft Freiamt (s. d.).

Villon (spr. willóng), François, franz. Dichter, eigentlich François de Montcorbier (Name eines Ortes in Burgund), während der Name Villon von seinem Beschützer Guillaume de V., einem Geistlichen, herrührt, ist 1431, wahrscheinlich zu Paris, geboren und wurde 1452 Magister artium; 1455 wegen der Tötung eines Gegners im Streit flüchtig und 1456 begnadigt, beteiligte er sich an einer Reihe von Diebstählen, um derentwillen er in den folgenden Jahren zum Tode verurteilt wurde; zu Verbannung begnadigt, geriet er 1461 wiederum in Haft, wurde jedoch auf Verwendung Ludwigs ⅩⅠ. aufs neue befreit. Von da ab geht seine Spur verloren. V. ist die ausgeprägteste dichterische Individualität der franz. Litteratur vor 1500. Seine Dichtung beruht durchaus auf eigener Erfahrung; er ist ein Meister der ungesuchten Sprache und im Besitz eines natürlichen, bisweilen ausgelassenen Witzes. Der Erfolg seiner Dichtungen, in denen die sittliche Verwilderung des Dichters sich ausspricht, war außerordentlich: sie bestehen aus seinen zwei Testamenten («Le grand Testament», um 1461, und «Le petit Testament. Son codicille», 1456), dem Jargon und aus Balladen (letztere neu hg. von P. d’Alheim, Par. 1892). Die erste Ausgabe seiner Werke erschien zu Paris 1489; neue von Paul Lacroix (Par. 1855; 2. Aufl. 1877), Jannet (ebd. 1857), Lognon (ebd. 1892) und Moland (ebd. 1893).– Vgl. Longnon, Étude biographique sur François V. (Par. 1878); Bijvanck, Specimen d’un essai critique sur les œuvres de François V. Ⅰ. Le petit Testament (Leid. 1883).