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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Volière – Völkerpsychologie

Mineralien finden sich Granit, lithogr. Steine, Mühlsteine, Kreide, Porzellanerde, Eisen, stellenweise Steinkohlen, Graphit und Bernstein. Die Flüsse Turija, Styr, Goryn u. s. w. gehen zum Pripet und Westlichen Bug, der die Grenze gegen Polen bildet; zum Dnjepr unmittelbar geht der Teterew. Das Klima ist gemäßigt. Die Niederschläge betragen 500, im Süden 600 mm. Die Bevölkerung besteht aus Kleinrussen, Juden (13 Proz.), Großrussen, poln., deutschen und czech. Kolonisten. Ein großer Teil des Adels und ein Teil der Städtebewohner sind Polen. Betrieben wird Acker-, Obstbau, Vieh- und Bienenzucht (135000 Bienenstöcke). Geerntet wurden 1889‒92 durchschnittlich an Roggen 2,4 Mill. Tschetwert, an Weizen 0,8, an Hafer 2 Mill., an Gerste 0,8 Mill. Tschetwert, an Zuckerrüben (1890) 1,9 Mill. Berkowez, an Tabak 61400 Pud. An Vieh wurden gezählt 758000 Pferde, 808000 Rinder, 1 Mill. Schafe, 650000 Schweine u. a. An größern Fabriken gab es (1892) 1474 mit 12,21 Mill. Rubel Produktion, darunter besonders Holzschneidewerke, Porzellan- und Maschinenfabriken, ferner Branntweinbrennereien, Zuckerfabriken und außerdem noch zahlreiche Mühlen. Bedeutend ist der Handel mit Getreide und Holz. Die Eisenbahnen haben eine Länge von 789 km, wovon 71 km Privatpersonen gehören. Es giebt 9 Mittelschulen für Knaben, 3 für Mädchen, 3 Special-, 1703 niedere und Elementarschulen. Das Gouvernement, 1797 gebildet, zerfällt in 12 Kreise: Dubno, Kowel, Kremenez, Luzk, Nowograd Wolynskij, Owrutsch, Ostrog, Rowno, Saslawl, Shitomir, Starokonstantinow und Wladimir. Die Hauptstadt ist Shitomir (s. d.).

Volière (frz., von vol, Flug), großer Vogelbauer (s. d.), Vogelhaus.

Volk, jeder durch Abstammung, körperliche und geistige Anlage, Sitte, Sprache, Bildung und Schicksal ein natürliches Ganzes bildende Teil der Menschheit, also soviel wie Nation. In der Rechtssprache wird aber das V. unterschieden von der Nation (s. d.). Da bedeutet es die Gesamtheit der zu einem Staate verbundenen Menschen. Nation ist ein ethnologischer, V. ein staatsrechtlicher und polit. Begriff. Ein V. kann aus zwei oder mehrern Nationen oder Bruchteilen von Nationen bestehen (z. B. österreichisches, englisches, belgisches, schweizerisches V.), oder es kann aus einem Bruchteil Einer Nation bestehen. Im engern Sinne bedeutet V. nur die Gesamtheit der Regierten, im Gegensatz zur Regierung.

Auch die Vereinigungen gesellig lebender Tiere bezeichnet man zuweilen als V., z. B. die der Bienen, der Rebhühner u. a.

Völk, ungar. Groß-Gemeinde, s. Felka.

Völk, Jos., Politiker, geb. 9. Mai 1819 im Weiler Mittelstetten bei Augsburg, studierte 1838‒42 in München die Rechte und begann die praktische Laufbahn bei bayr. Gerichten und Anwälten. 1855 wurde V. Advokat in Augsburg und in demselben Jahre in die bayr. Abgeordnetenkammer gewählt, deren Mitglied er seitdem ständig blieb. Zur Zeit der deutschen Reformprojekte gründete V. in Bayern in Verbindung mit Barth und Brater eine deutsche Partei, beteiligte sich lebhaft an den Deutschen Abgeordnetentagen und war auf dem zu Frankfurt a. M. 20. Mai 1866 Referent in der Frage der Neutralität der deutschen Mittel- und Kleinstaaten. V. war Mitglied des Zollparlaments und des Deutschen Reichstags 1871‒81. Im Zollparlament zog er durch seine, 18. Mai 1868 gehaltene Rede über das Verhältnis zwischen Süd- und Norddeutschland die Aufmerksamkeit auf sich. Im Juni 1869 war V. einer der Gründer der freien süddeutschen Vereinigung «Zur Mainbrücke» und verteidigte in den folgenden Jahren in der bayr. Kammer der Abgeordneten die Idee eines Nord und Süd umfassenden bundesstaatlichen Deutschlands. Im Reichstag 1872 beantragte er die Einführung der obligatorischen Civilehe. Mit der nationalliberalen Partei, zu deren hervorragendsten Vertretern er gehörte, geriet er bei der Beratung des Zolltarifgesetzentwurfs 1879 in Konflikt und stellte sich infolgedessen an die Spitze einer zwischen den Nationalliberalen und der deutschen Reichspartei stehenden Gruppe (Völk-Schauß). 1881 lehnte er eine Wiederwahl ab und starb 22. Jan. 1882 in Augsburg.

Volkach, Stadt im Bezirksamt Gerolzhofen des bayr. Reg.-Bez. Unterfranken, links am Main, in den hier die V. einmündet und über den eine große steinerne Brücke führt, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Schweinfurt), hat (1895) 1916 E., darunter 39 Evangelische, Postexpedition, Telegraph, eine Wallfahrtskirche auf dem Kirchberge, Wasserleitung; Wein- und Obstbau.

Volkamerĭa aculeāta L., ein sehr beliebter, in Westindien heimischer Zierstrauch aus der Familie der Verbenaceen (s. d.), mit eiförmigen, ganzrandigen, oberseits glänzend grünen, gegen- oder quirlständigen Blättern und langgestielten, dreiblütigen Trugdolden großer weißer Blumen, die aus einem glockenförmigen, fünfspaltigen Kelch und einer präsentiertellerförmigen Blumenkrone mit langer Röhre und fünflappigem Saume bestehen. Man zieht ihn auch im Zimmer und vermehrt ihn durch Stecklinge.

Volkamerĭa fragrans, s. Clerodendron.

Volkelt, Johannes Immanuel, Philosoph, geb. 21. Juli 1848 zu Lipnik bei Biala in Galizien, studierte in Wien, Jena und Leipzig, habilitierte sich 1876 in Jena, wurde 1879 daselbst außerord. Professor, 1883 ord. Professor in Basel, 1889 in Würzburg, 1894 in Leipzig. V.s Hauptbestreben ist, den Gegensatz der ältern, metaphysischen, auf die Gewinnung einer Weltanschauung gerichteten und der gegenwärtigen, auf Erkenntnistheorie und empirische Psychologie gegründeten Art des Philosophierens auszugleichen. Seine Hauptschriften sind: «Das Unbewußte und der Pessimismus» (Berl. 1873), «Der Symbolbegriff in der neuesten Ästhetik» (Jena 1876), «Immanuel Kants Erkenntnistheorie nach ihren Grundprincipien analysiert» (Lpz. 1879), «Erfahrung und Denken. Kritische Grundlegung der Erkenntnistheorie» (Hamb. und Lpz. 1886), «Franz Grillparzer als Dichter des Tragischen» (Nördl. 1888), «Vorträge zur Einführung in die Philosophie der Gegenwart» (Münch. 1892), «Ästhetische Zeitfragen» (ebd. 1895), «Ästhetik des Tragischen» (ebd. 1896).

Völkerburgen, s. Burg.

Völkerkunde, s. Ethnographie.

Völkermarkt. 1) Bezirkshauptmannschaft in Kärnten, hat 1316,80 qkm und (1890) 53560 (25883 männl., 27677 weibl.) E. in 29 Gemeinden mit 390 Ortschaften und umfaßt die Gerichtsbezirke Bleiburg, Eberndorf, Eisenkappel und V. – 2) V., slowen. Velikovec, Stadt und Sitz der Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts (323,68 qkm, 17552 E.), links an der Drau, hat (1890) 1863, als Gemeinde 2551 E.; Landwirtschaft.

Völkerpsychologie, der durch Lazarus (s. d.) und Steinthal (s. d.) in Deutschland üblich gewor- ^[folgende Seite]