Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

469

Waldenburg (in der Schweiz) – Waldersee

mannschaft Glauchau der sächs. Kreishauptmannschaft Zwickau, Hauptort der Receßherrschaft W. des Hauses Schönburg (s. d.), nahe der altenb. Grenze, in 257 m Höhe, an der Zwickauer Mulde und der Linie Glauchau-Großbothen der Sächs. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Zwickau), ist von Promenaden und Anlagen umgeben und hat (1895) 2807 E., darunter 40 Katholiken, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, fürstlich waldenb. Residenzschloß, Schullehrerseminar, gewerbliche Fach- und Fortbildungsschule für Wirkerei, Weberei, Posamenten; große fürstl. Mühle, bedeutende Strumpfwirkerei, Weberei, Posamenten- und Korsettfabrikation und Jahrmärkte. Nahebei der fürstl. Park Greenfield mit Denkmälern und die Dörfer Altwaldenburg (963 E.) und Altstadt-Waldenburg (1756 E.), (wo die bekannten Waldenburger Thongefäße hergestellt werden [^fehlt: )]. Vgl. Hanschmann, Chronik der Stadt W. (Glauchau 1880); ders., W. und das Muldenthal (ebd. 1896). – 4) W. in Württemberg, Stadt im Oberamt Öhringen des württemb. Jagstkreises, im NW. von Hall, in 505 m Höhe, auf einem Ausläufer der Waldenburger Berge, an der Linie Heilbronn-Crailsheim (Kocherbahn) und der Nebenlinie W.-Künzelsau (12,2 km) der Württemb. Staatsbahnen, hat (1895) 1199 E., darunter 108 Katholiken, Post, Telegraph, alte Mauern, evang. und kath. Kirche, Residenzschloß des Fürsten Hohenlohe-Waldenburg mit Wildpark und eine fürstl. Domänenkanzlei und Forstverwaltung.

Waldenburg. 1) Bezirk im schweiz. Kanton Basel-Landschaft, hat (1888) 9584 E., darunter 230 Katholiken, in 15 Gemeinden. – 2) Hauptstadt des Bezirks W., in 535 m Höhe, am Fuß des Oberhauensteins, an der Linie Liestal-W. (14 km, Waldenburger Bahn), hat (1888) 981 meist deutsche E., darunter 54 Katholiken, Post, Telegraph, schöne Kirche, Schloßruine; Seidenbandweberei, Uhrenfabrikation, Seidenabgangkrempelei- und Sägewerke.

Waldenburger Bahn, s. Waldenburg (Schweiz) und Schweizerische Eisenbahnen.

Waldenburger Bergland, s. Sudeten.

Waldenser oder Waldesĭer, die Anhänger einer religiösen Bewegung mit reformatorischen Absichten, die um 1177 von Petrus Waldus (Valdo, Valdez), einem reichen Kaufmann in Lyon, ins Leben gerufen wurde und sich die Verkündigung der Heiligen Schrift in Wort und That und die Wiederherstellung der ursprünglichen Reinheit der Kirche durch die Übernahme freiwilliger Armut zum Ziel setzte. Die W. hießen auch Leonisten nach dem Orte ihrer Entstehung, Pauperes de Lugduno (d. h. Arme von Lyon) wegen ihrer freiwilligen Armut, Sabatati wegen ihrer hölzernen Schuhe und Humiliaten wegen ihrer Demut. Obgleich sie sich von der Kirche nicht trennen wollten, gerieten sie doch mit ihr wegen der Einführung des Bibellesens und der Laienpredigt und später auch wegen der Verwerfung der Transsubstantiationslehre in Widerspruch. Papst Lucius Ⅲ. belegte sie 1184 auf der Synode zu Verona mit dem Banne; Innocenz Ⅲ. machte ihnen zunächst einige Zugeständnisse, und es gelang ihm, einen Teil der W. als pauperes catholici der kath. Kirche einzugliedern, die übrigen aber bannte er auf dem Laterankonzil 1215. Sixtus Ⅳ. ließ sogar 1477 einen Kreuzzug wider sie predigen, und noch 1680 wurden mehrere Tausend durch die Franzosen und Italiener vernichtet. Trotzdem verbreiteten sie sich namentlich in Italien, Frankreich und Böhmen und gingen zum Teil in verwandten Gemeinschaften auf. In Italien verbanden sie sich mit den Humiliaten (s. d.), und bildeten als lombardische Arme einen eigenen Zweig der W. In Böhmen vereinigten sie sich mit den Hussiten und Böhmischen Brüdern (s. d.) und in Frankreich später mit den Reformierten, wie sie sich denn auch in ihren Hauptsitzen, den Thälern von Piemont und Savoyen, der Reformation eng anschlossen und in Dogma und Kirchenverfassung, besonders reformiertes Wesen annahmen. Seit 17. Febr. 1848 genießen sie in Italien durch Patent des Königs von Sardinien religiöse und kirchliche Freiheit und mit den Katholiken gleiche bürgerliche und polit. Rechte. In ihrer eigentümlichen Gestalt haben sich die W. vornehmlich in den drei Alpenthälern Val Martino, Val Angrona und Val Lucerna erhalten und zeichnen sich durch Reinheit der Sitten, Gewerbfleiß und treffliche Bearbeitung der Felder und Weinberge aus. Sie besitzen gegenwärtig in ihren Thälern (in Piemont) 15 alte Gemeinden mit 21 Geistlichen und etwa 20000 Seelen; außerdem 44 Evangelisationsgemeinden von Turin bis Palermo mit etwa 45 Geistlichen, und eine Theologenschule in Florenz. Ihr Hauptorgan ist die «Rivista cristiana». Früher durfte als Prediger jeder auftreten, auch Frauen; nach der Verfassung von 1839 aber müssen die Prediger studiert haben. Alle fünf Jahre tritt die aus Geistlichen und Laien zusammengesetzte Synode, die oberste Kirchenbehörde der W., abwechselnd in einem der drei Thäler zusammen, um unter anderm die von der Gemeinde gewählten Geistlichen zu bestätigen.

Vgl. Dieckhoff, Die W. im Mittelalter (Gött. 1850); Muston, L'Israël des Alpes (4 Bde., Par. 1851; deutsch von Schröder, Duisb. 1857); Herzog, Die romanischen W. (Halle 1853; dazu die Entgegnung von Dieckhoff, Gött. 1858); Palacky, Über die Beziehungen und das Verhältnis der W. zu den ehemaligen Sekten in Böhmen (Prag 1869); Preger, Beiträge zur Geschichte der Waldesier im Mittelalter (Münch. 1875); Moutarde, Étude historique sur la réforme à Lyon (Genf 1881); Tocco, L’eresia nel medio evo (Flor. 1884); Montet, Histoire littéraire des Vaudois du Piémont (Par. 1885); Ludw. Keller, Die W. und die deutschen Bibelübersetzungen (Lpz. 1886); Karl Müller, Die W. und ihre einzelnen Gruppen (Gotha 1886); Comba, Histoire des Vaudois d’Italie (Par. 1887); Döllinger, Beiträge zur Sektengeschichte des Mittelalters, Bd. 2 (Münch. 1890); Preger, über die Verfassung der franz. Waldesier (ebd. 1890); H. Haupt, Waldensertum und Inquisition im südöstl. Deutschland (Freib. i. Br. 1890); Berard, Les Vaudois, leur histoire (Lyon 1892); Comba, Storia dei Valdesi (Turin 1893).

Waldenstein, böhm. Geschlecht, s. Waldstein.

Walderbeskopf, Berg des Hunsrücks, s. Erbeskopf.

Wälderformation, soviel wie Wealdenformation (s. d.)

Waldersee, ans dem Dessauischen stammendes Adelsgeschlecht, das 15. Okt. 1786 in den preuß. Grafenstand erhoben wurde und hervorragende Generale des preuß. Heers gestellt hat. Namhaft sind:

Franz Heinrich, Graf von W., preuß. General der Kavallerie, geb. 25. April 1791, kommandierender General des 5. Armeekorps, 1864‒70 Gouverneur von Berlin, gest. 16. Jan. 1873 zu Breslau.

Friedrich, Graf von W., Bruder des vorigen, geb. 21. Juli 1795, preuß. Generallientenant und