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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Walthersage - Walze

in dem Liede «Ihr sollt heißen willekommen» mit demselben glühenden Patriotismus, der ihn in seiner polit. Dichtung zum Kampf gegen das welsche Rom trieb. Die demagogische Macht seiner polit. Sprüche, die er mit allen Künsten rücksichtslos leidenschaftlicher Rhetorik ausstattete, machte den armen Dichter zu einem begehrten Bundesgenossen des Kaisertums in seinem Weltkampfe. Daß W., obwohl Gegner Roms, nicht unfromm war, beweist sein kunstvoller, farbenprächtiger Leich; freilich fehlt es sonst nicht ganz an frivolen und trotzigen Äußerungen. Auch in seinen Klagen über persönliche Not, seinen Lob- und Scheltsprüchen, seinen Bitten und Drohungen an Gönner tritt eine sichere, des eigenen Wertes bewußte Männlichkeit hervor. Lehrhaften Betrachtungen über Minne und Zucht widmet er geistvolle, belebte Lieder; schwächer ist die allgemeine Sittenlehre seiner Sprüche.

Ohne große Schule zu machen, galt er doch der Zeit, wie uns das Urteil Gottfrieds von Straßburg beweist, als erster Meister der Lyrik. Im Wartburgkrieg (s. d.) spielt er eine Rolle, die Meistersinger nahmen ihn unter ihre zwölf alten Meister auf, und Hugo von Trimberg rief ihm nach: «Herr W. von der Vogelweide, wer des vergäß, der thät’ mir leide.» Im 16. Jahrh. hat Goldast manches von ihm veröffentlicht; im 18. Jahrh. verfaßte Gleim «Gedichte nach W. von der Vogelweide» (Halberst. 1779); dauernd wurde sein Andenken neu belebt durch Uhlands schönes Buch «W. von der Vogelweide, ein altdeutscher Dichter» (Stuttg. 1822; neu gedruckt in Uhlands «Schriften zur Geschichte der Dichtung und Sage» und im 1. Bd. der Uhland-Ausgabe von Friedrich Brandes) und durch Lachmanns meisterhafte kritische Ausgabe (Berl. 1827 u. ö.). Denkmäler wurden ihm errichtet in Würzburg, Innsbruck und Bozen (15. Sept. 1889).

Neben Lachmanns Ausgabe sind zu nennen die vortreffliche von Wilmanns (2. Aufl., Halle 1883), von Pfeiffer (Lpz. 1864 u. ö.) und von H. Paul (Halle 1882 u. ö.). Die beste Übersetzung ist noch immer die von Simrock (Berl. 1833 u. ö.); andere von Pannier (in Reclams «Universalbibliothek») und von Adalbert Schröter (Jena 1881); einzelne Gedichte in Samhabers «W. von der Vogelweide» (Laibach 1882). Die umfängliche Litteratur stellte zusammen Leo (Wien 1880). Von Biographien vgl. außer Uhlands Buch: Menzel, Leben W.s von der Vogelweide (Lpz. 1865); Wilmanns, Leben und Dichten W.s von der Vogelweide (Bonn 1882); Burdach, Reinmar der Alte und W. von der Vogelweide (Lpz. 1880); Schönbach, W. von der Vogelweide (2. Aufl., Berl. 1895).

Walthersage, s. Waltharius.

Waltiere (Cetacea, hierzu Tafel: Waltiere), wasserbewohnende Säugetiere von Fischgestalt, bei denen die hintern Gliedmaßen äußerlich gänzlich fehlen, die vordern dagegen in breite Flossen umgewandelt sind. Der oft ungeheure Kopf geht ohne Hals in den spindelförmigen Körper über, der häufig eine Rückenflosse und stets am Ende eine Schwanzflosse trägt, die aber, zum Unterschiede von den Fischen, wagerecht gestellt ist. Alle Wale sind Wasserbewohner und gehen nie ans Land, auf dem sie sich nicht fortbewegen können und bald verenden. Da sie durch Lungen Luft atmen, so müssen sie stets an die Oberfläche kommen, um Luft zu schöpfen und auszuatmen, was meist durch auf der Stirn gelegene Nasenöffnungen, sog. Spritzlöcher, geschieht. Zu ihnen gehören die riesigsten jetzt lebenden Tiere. So plump die W. auf dem Lande aussehen, so schnell und gewandt sind ihre Bewegungen in ihrem Element. Der Körper ist stets mit einer, oft sehr dicken Fettschicht umhüllt. Man teilt die W. in zwei Gruppen: zahntragende W., zu denen die Familien der Delphine (s. d., mit dem gemeinen Delphin, Delphinus delphis L., Fig. 2), Narwale (s. d., mit Monodon monoceros L., Fig. 1), der Butzkopf (Phocaena globiceps Cuv.) und Kaschelot (s. d.) oder Potwal gehören, und zahnlose, mit Hornbarten im Oberkiefer ausgestattete Bartenwale (s. Walfische) mit dem nordischen Finnwal (Balaenoptera boops L., Fig. 3) und dem gemeinen Wal (Balaena mysticetus L., Fig. 4).

Waltner, Claude Albert, franz. Kupferstecher und Radierer, geb. 24. März 1846 zu Paris, war erst Schüler des Malers Gérôme, sodann der Kupferstecher Martinet und Henriquel-Dupont und erhielt 1868 den großen röm. Preis. W. wußte durch seine virtuose Technik die Originalgemälde alter und neuer Meister vorzüglich wiederzugeben. Er stach viel nach niederländ., span. und franz. Meistern; Meisterwerke sind seine Radierungen nach Gemälden von Rembrandt. W.s Beispiel ist von großem Einfluß auf die jüngern Radierer Frankreichs gewesen.

Walton-le-Dale (spr. wahlt’n lĕ dehl), Stadt in der engl. Grafschaft Lancashire, durch den Ribble von Preston getrennt, hat (1891) 10556 E. und Baumwollindustrie.

Walton-on-the-Hill (spr. wahlt’n), Stadt in der engl. Grafschaft Lancashire, nordöstl. Vorort von Liverpool (s. d.), mit (1891) 40304 E. gegen 18536 im J. 1881.

Waltonsche Polyglotte, s. Polyglotte.

Waltrop, Dorf im Kreis Recklinghausen des preuß. Reg.-Bez. Münster, hat (1895) 4137 E., Post, Fernsprechverbindung und kath. Kirche.

Walu, s. Wal.

Walújew, Peter Alexandrowitsch, Graf, russ. Staatsmann, geb. 4. Okt. (22. Sept.) 1814 in Moskau, war seit 1845 Beamter beim Generalgouverneur in Riga und 1853‒58 Gouverneur von Kurland. Als Minister des Innern, 1861‒68, führte er die Aufhebung der Leibeigenschaft durch, setzte die Provinzialinstitutionen (s. Semstwo) ein und erließ ein neues Preßgesetz. 1872‒77 war W. wieder Minister der Staatsdomänen, darauf bis Okt. 1881 Präsident des Ministerkomitees. 1880 wurde er in den Grafenstand erhoben. Er starb 8. Febr. (27. Jan.) 1890. W. veröffentlichte die Romane «Lorin» (Petersb. 1881; deutsch, 3 Bde., Lpz. 1882), «Die Landessteuer» (1887), «Die Fürstin Tatjana» (1891). Der Anfang seines Tagebuches (1848‒60) erschien in «Russkaja Starina» (Jahrg. 1891).

Walungu, die Bewohner von Ulungu (s. Urungu).

Walwein, Sagenheld, s. Gawan.

Walzäcker, s. Walzende Grundstücke.

Wälzbewegung, s. Zwangsbewegungen.

Walzdraht, s. Draht.

Walze, cylindrischer, bei der Arbeit rotierender Körper, der aus den verschiedensten Materialien hergestellt ist und einzeln oder in Zusammenstellung von mehrern gegeneinander arbeitenden sehr verschiedene Verwendung findet. Einzeln dienen die W. z. B. zum Einschwärzen der Schrift in der Buchdruckerei (Auftragwalze), in der Bäckerei zum gleichmäßigen Ausbreiten des Teiges (Teigwalze), in mehrern Industrien zum Aufwickeln von Garnen oder Geweben (Wickelwalze), hohl