Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wasserversorgung (Gewinnung des Wassers)

539

Wasserversorgung

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Wasserversorgung'

dauungsbeschwerden veranlassen. Weiches Wasser (mit weniger als 15 Härtegraden) ist jedoch für Haushalt und Industrie sowie für fast alle andern Zwecke vorzuziehen, sonstige Grenzwerte für die zulässige Menge fremder Bestandteile lassen sich nur schwer feststellen; doch müssen Verunreinigungen durch metallische Gifte (Blei, Arsen) und durch menschliche Abgänge für das zu Genußzwecken dienende Wasser jedenfalls ausgeschlossen sein. Auch gilt als Regel, das; in 1 l nicht mehr als 50 mg organische Stoffe vorkommen dürfen. Da jedoch der Ursprung derselben eine große Rolle spielt, so ist hier nicht die chem., sondern die bakteriologische Untersuchung entscheidend. Jedoch genügt es nicht, eine Quantität entnommenen Wassers auf Bakterien zu untersuchen; es muß auch die Brunnenanlage daraufhin untersucht werden, daß dieselbe vor Zuläufen von der Erdoberfläche gesichert ist. Salpetersaure Salze sind für Zuckerindustrie, Eisensalze für Färberei, Druckerei, Papierfabrikation und die Wäsche nachteilig. Sehr weiches Wasser befördert die Rostbildung der Eisenrohre; ist es zugleich kohlensäurehaltig, so greift es auch das Innere der Bleirohre an und kann dann zu Bleivergiftungen Anlaß geben. In solchen Fällen dürfen zu den Zweigleitungen im Innern der Häuser Bleirohre nur dann verwendet werden, wenn sie mit einem innern Zinnmantel überzogen sind.

Gewinnung des Wassers. A. Cisternenanlagen. Dieselben dienen zur Ansammlung des Regenwassers in Gegenden, wo die Herstellung von Brunnen wegen felsigen Untergrundes nicht möglich ist, oder deren Boden unbrauchbares Wasser liefert (z. B. an flachen Seeküsten, wo das Brunnenwasser vielfach brackig, d. h. mit Seewasser gemischt ist), endlich in heißen Landstrichen, wo infolge der starken Verdunstung von dem Regen nur wenig Wasser in die tiefern Bodenschichten gelangt. Das Wasser für die Hauscisternen wird meistens den Dachflächen der Gebäude entnommen und beträgt das 0,6–0,8fache der Regenmenge, also bei 100 qm Fläche und 50 cm Regenhöhe 30-40 cbm jährlich. Die Cisterne erhält zweckmäßig eine Sandfüllung, in welche das Wasser versinkt und dadurch gereinigt und kühl erhalten wird. Die in Fig. 1 u. 2 der Tafel: Wasserversorgung I dargestellte, vor der Einführung der Wasserleitung in Venedig daselbst übliche Anordnung besteht aus einem brunnenartigen, 4 m tiefen Schacht, welcher sich in der Mitte eines mit Sand gefüllten, durch Eichenholzschalung (oder Mauerwerk) und Thonschlag gedichteten Behälters befindet. Das durch Rohrleitungen zugeführte Wasser tritt durch offene Fugen in den untern Teil des Brunnens ein und wird durch eine Pumpe oder durch Schöpfeimer gehoben. Von Zeit zu Zeit muß eine Reinigung und Nachfüllung mit frischem Sande vorgenommen werden. Große Cisternen, welche das Wasser von felsigen, oft künstlich gedichteten Flächen entnehmen, werden überwölbt und mit einer Bodenschicht abgedeckt; vielfach sind sie auch in den natürlichen Felsen gehauen und nehmen nicht nur Regenwasser, sondern auch die Zuflüsse von Quellen auf, welche sich nur zur Regenzeit bilden.

B. Quellfassungen. Die große Mehrzahl der Quellen schwankt erheblich in ihrer Ergiebigkeit (die geringste beträgt oft nur 10–20 Proz. der mittlern, letztere 30–50 Proz. der größten). Da die geringste Ergiebigkeit in die Sommermonate fällt, wo der Bedarf am stärksten ist, so sind große Städte aus Quellen ↔ nur schwer zu versorgen und meistens zur Mitverwendung von Grund- oder Flußwasser gezwungen (Wien, Frankfurt a. M., Paris). Die Quellen treten entweder aus Abhängen zu Tage oder sie steigen von unten auf. Um gegen Frost und Verunreinigung durch von oben zufließendes Sickerwasser geschützt zu sein, erfolgt die Fassung mindestens 1,5–2 m tief mittels einer besteigbaren Brunnenstube (Brunnenkammer, Quellschacht, Wasserschloß), in welcher etwa mitgeführter Sand zurückgehalten wird und in welche Abfluß-, sowie Entleerungs- bez. Überlaufleitung münden. In Fig. 3 u. 4 ist S ein Seiher zur Zurückhaltung etwaiger Schwimmstoffe, H Überfall bei zu starken Zuflüssen, R die zum Entleerungs- bez. Überlaufrohr führende Rinne und G Entleerungsschieber. Das Sickerwasser wird hier durch eine Abdeckung aus Thon von der Quelle ferngehalten und durch die Leitung L abgeführt.

C. Gewinnung von Grundwasser. Grund- und Quellwasser haben den nämlichen Ursprung: sie entstammen dem versickerten Regenwasser, welches die Zwischenräume in den Bodenarten und Gesteinen ausfüllt, sich auf den undurchlässigen Schichten fortbewegt und da, wo diese die Oberfläche schneiden, als Quelle zu Tage tritt oder durch feine Wasseradern die offenen, in die Bodenschichten eingeschnittenen Wasserläufe speist. Die Gewinnung des Grundwassers erfolgt in der Regel durch Brunnen, seltener durch Sammelleitungen oder Stollen. Letztere sind da am Platze, wo mächtige wassergesättigte Gesteinsschichten (Kreidemergel bei Lüttich, Kohlenkalk bei Aachen, Serizit bei Wiesbaden) vorhanden sind und durch wasserdichten Abschluß des Tunnels aufgespeichert werden können. Sammelgräben für das Grundwasser des Dünensandes sind unter andern für Amsterdam, Haag, Leiden und einige andere holländ. Städte ausgeführt.

Die Brunnen zerfallen nach ihrer Bestimmung in Haus- und Wasserwerksbrunnen, nach der Art ihrer Ausführung in gemauerte oder Kessel- oder Schachtbrunnen und eiserne oder Rohrbrunnen. Das von den Hausbrunnen zu liefernde Wasser ist der Menge nach in der Regel leicht zu gewinnen; meistens sind dieselben sog. Flachbrunnen, indem sie das Wasser der obersten, in mäßiger Tiefe unter der Erde liegenden Grundwasserschicht entnehmen. Sie erhalten gewöhnlich einen gemauerten Brunnenkessel (Schacht) von 1 bis 1,5 m Durchmesser (Holz ist als Nährboden für Kleinwesen nicht zu empfehlen) von Ziegeln (sog. Brunnensteinen), Bruchsteinen, Werkstücken oder Cementbeton. Die Absenkung erfolgt 1–1,5 m unter dem niedrigsten Grundwasserstand, die Entnahme durch eine auf der Abdeckung stehende Pumpe, vielfach auch durch Schöpfeimer (Hebebrunnen im Gegensatz zu den Laufbrunnen, S. 544b). Für eine Hubhöhe bis 12 m genügt eine einfache Saugpumpe mit mehr oder weniger tief liegendem und mit Ventilklappe versehenem Saugkolben (Saugbrunnen). Da das der Oberfläche zunächst liegende Grundwasser in der Nähe bebauter Grundstücke oft eine mangelhafte Beschaffenheit besitzt (Wasser in weniger als 3–4 m Tiefe ist stets verdächtig), so verdient ein einfacher Rohrbrunnen von 5 bis 7,5 cm Lichtweite (Fig. 5) vor dem Kesselbrunnen den Vorzug, weil er sich durch Einrammen leicht in größere Tiefe bringen läßt und nur einen geringen Fassungsraum besitzt, so daß das Wasser bei mäßiger Entnahme weniger dem Stagnieren ausgesetzt ist.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 540.