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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wein; Weinanalyse; Weinbau

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Wein (wilder) - Weinbau

der Lese, Kelterung und Aufbewahrung des W. bildlich dargestellt. Strabo berichtet über den W. von Maurusien (Berberei) und im arsinoitischen Nomos. Das alte Persien erzeugte den kostbaren Königswein von Chalybon. In Italien betrieb man zuerst in Campanien den Weinbau; einige der berühmtesten W. waren: Falerner, Faustiner, Tarentiner, der Sabiner in Etrurien, Vaticaner aus der Umgegend von Rom u. s. w. Die uralte Sitte, durch Zusatz von Terpentin den W. haltbar zu machen, pflanzte sich auch in Italien fort. Nach Gallien kam der W. schon 600 v. Chr. durch die Phokäer in Massilia; berühmt waren die W. der Medulli (Medoc), die avernischen (Auvergne), bäternanischen (Frontignan) und helvischen W. (Viviers). Daß die Gallier die Erfinder der hölzernen Fässer gewesen seien, berichtet schon Strabo. Kaiser Karl d. Gr. besaß Weinberge in Burgund, gegenwärtig noch Charlemagne genannt, und verpflanzte von da Reben an den Rhein. Spaniens Weinbau geht gleichfalls zurück in die Zeiten der Phokäer; die Römer bezogen, nach Plinius, vielen hispanischen W. Der Ruf der portugiesischen W. und derjenige der atlantischen Inseln reicht weit hinauf ins Mittelalter. Madeira ward 1421 von Heinrich dem Seefahrer mit Reben aus Kreta und Cypern bepflanzt; die Canariensekte stammen von solchen, die Kaiser Karl V. vom Rhein sandte. Am Rhein begründeten 280 n. Chr. gallische und hispan. Legionen den deutschen Weinbau; den damals schon beträchtlichen Weinbau der Mosel rechnete man zu Gallien. Unter den Karolingern und Hohenstaufen verbreitete sich die Weinkultur in Deutschland sehr weit nach Norden, bis in die preuß. Marken und sogar nach Litauen. Der Dreißigjährige Krieg beschränkte jedoch wieder das Kulturgebiet. Österreichs Weinbau ist ebenso alt wie der rheinische, der böhmische wurde im 12. Jahrh. eingeführt. Die Tiroler Weine von Glanich und Leitach hat Virgil als Lieblingstrank des Kaisers Augustus besungen. Ungarn ward unter Kaiser Probus mit ital. Reben versehen, und im Theißgebiet pflanzte König Bela II. 1241 die ersten Weinstöcke aus Morea. Der Tokajer Weinbau bestand schon im 15. Jahrh., bekam aber erst im 17. Jahrh. Ruf, als man dort den Ausbruch kennen lernte. Den Weinbau am Kap der Guten Hoffnung begründeten 1685 emigrierte Hugenotten. China hatte Weinbau schon 2000 Jahre v. Chr., aber derselbe wurde hier im 5. Jahrh. v. Chr. gänzlich ausgerottet. Amerika baut erst seit 50 Jahren W., vorzugsweise durch deutsche Ansiedler.

Litteratur. Eine Zusammenfassung älterer Schriften giebt die Bibliotheca oenologica (Heidelb. 1875). Aus der reichen neuern Litteratur sind hervorzuheben: Jullien, Topographie de tous les vignobles connus (5. Aufl., Par. 1866); Mohr, Der Weinstock und der W. (Kobl. 1864); Thudichum und Dupré, Origin, nature and varieties of wine (Lond. und Neuyork 1872); Knauthe, Die Weintraube in histor., chem. und physiol. Beziehung (Lpz. 1874); Pasteur, Études sur le vin (2. Ausg., Par. 1875); H. und R. Goethe, Die für den Weinbau Deutschlands und Österreichs wertvollsten Traubensorten (Wien 1874); H. Goethe, Ampelographisches Wörterbuch (ebd. 1876); ders., Handbuch der Ampelographie (Graz 1878); Hamm, Das Weinbuch (3. Aufl., Lpz. 1886); Barron, Die Weinrebe und ihre Kultur unter Glas (Stuttg. 1895); Goethe, Handbuch der Tafeltraubenkultur (Berl. 1895); Maier, Die Ausbrüche, Sekte und Südweine (4. Aufl., Wien 1895); Piaz, Die Verwertung der Weinrückstande (3. Aufl., ebd. 1895); Eckenroth, Die chem. Untersuchung des W. (Würzb. 1895); Dochnahl, Katechismus des Weinbaues, der Rebenkultur und der Weinbereitung (3. Aufl., Lpz. 1896); Wischin, Vademecum des Weinchemikers und Önologen (Wien 1896); Piaz, Die Untersuchung von Most und W. in der Praxis (ebd. 1897); Neßler, Die Bereitung, Pflege und Untersuchung des W. (7. Aufl., Stuttg. 1897); Borgmann, Anleitung zur chem. Analyse des W. (2. Aufl., Wiesb. 1897). Periodisch erscheinen: Deutsche Weinzeitung (34. Jahrg., Mainz 1897); Weinmarkt, Internationales Weinhandelsblatt (17. Jahrg., Trier 1897); Weinbau und Weinhandel. Organ des Deutschen Weinbauvereins (15. Jahrg., Mainz 1897); Weinfach-Kalender (14. Jahrg., ebd. 1897); Allgemeine Weinzeitung (14. Jahrg., Wien 1897); Deutscher Weinbau-Kalender (5. Jahrg., Oos 1895; Fortsetzung u. d. T. Deutscher Weinbau- und Weinkellereikalender, 7. Jahrg., Kreuznach 1897); Weinbau-Kalender von Babo (26. Jahrg., Wien 1897).

Wein, wilder, s. Ampelopsis.

Weinanalyse, s. Wein.

Weinbau, der im großen betriebene Anbau des Weinstocks (s. Wein). Er geschieht zur Gewinnung von Tafeltrauben in Gärten, zur Erzeugung von Wein in Weinbergen. Eine durchschnittliche Jahrestemperatur von 12 bis 18° C., wie sie häufig als Bedingung des W. angesehen wird, kann nicht als Maßstab dienen, da es hauptsächlich auf die Wärmemenge im Sommer und auf die Verteilung derselben über die einzelnen Monate ankommt. Fehlen von Frühjahrsfrosten, trockne Witterung zur Blütezeit und hohe Wärme nach derselben sind ausschlaggebend. Feuchter und undurchlässiger Boden sollte ausgeschlossen sein. Die geeignetsten Bodenarten sind verwitterter Thonschiefer, Sandboden, verwitterter Porphyr und Granit und besonders in Deutschland Kalkboden, die einen süßen Wein erzeugen sollen. Kali, Kalk, Phosphorsäure und Eisenoxyd müssen in gutem Weinboden reichlich enthalten sein. Am empfehlenswertesten ist die Anpflanzung in umgesetzten Reihen, mit einer Pflanzenweite von 1,75 bis 2 m, in der gemäßigten Zone auch weniger. Die in südl. Ländern beliebte gemischte Anlage, wobei die Rebstöcke in bunter Abwechselung mit Oliven, Korkeichen u. s. w. stehen, ist durchaus verwerflich. Als Pflänzlinge können Sämlinge, Schnittlinge und Absenker benutzt werden, die ihrerseits wieder veredelt werden können. Bei Anwendung von Sämlingen hat der Weinpflanzer einen Zeitverlust von mindestens einem Jahre; deshalb wird diese Art der Fortpflanzung fast nur angewandt, um durch Kreuzungen neue Spielarten zu erhalten. Weitaus vorherrschend ist die Fortpflanzung durch Schnittlinge (Setzlinge, Steckholz, Blindholz, Blindrebe), sie ist bei der europ. Rebe sehr leicht, billig, rasch und bewahrt die Eigenschaften der Mutterpflanze. Für Spielarten, die sich schwer bewurzeln, oder wo nur wertvolle oder wenige Mutterpflanzen zur Verfügung stehen, eignet sich die Fortpflanzung durch Absenker (Ableger oder Fechser), wobei die Rebe sich bewurzelt, bevor sie von der Mutterpflanze getrennt wird. Nachteile sind große Umständlichkeit und größeres Raumbedürfnis. Die Veredelung kann im Weinberge selbst oder besser in der Werkstätte geschehen (s. Veredelung). Am gebräuchlichsten ist das Spaltpfropfen. Um die Berührungs-^[folgende Seite]