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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wislicēnus; Wislitzer Statut; Wisłoka; Wismar

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Wislicenus (Herm.) – Wismar

dung unserer Zeit» (Magdeb. und Lübeck 1853‒54) zu zweijähriger Gefängnisstrafe verurteilt. W. flüchtete nach Amerika, wo er zuerst in Boston Vorträge hielt und 1854 in Hoboken bei Neuyork eine Erziehungsanstalt begründete. 1856 nach Europa zurückgekehrt, eröffnete er in Zürich abermals eine Erziehungsanstalt und arbeitete sein Hauptwerk: «Die Bibel für denkende Leser» (2 Bde., Lpz. 1863‒64; 2. Aufl. 1866) aus; später wohnte er zu Fluntern bei Zürich, wo er 14. Okt. 1875 starb.

Wislicēnus, Herm., Maler, geb. 20. Sept. 1825 in Eisenach, ging 1844 nach Dresden auf die Akademie, wo er bei Bendemann und namentlich in Schnorrs Atelier seine Ausbildung erhielt, unter dessen Einfluß sein erstes Gemälde: Miseria und Abundantia (Karton im Museum zu Leipzig, Gemälde seit 1852 in der Galerie zu Dresden) entstand. Der Großherzog Karl Alexander von Weimar ermöglichte ihm hierauf einen längern Aufenthalt in Italien (1853‒57), wo besonders Cornelius auf ihn wirkte. Nach seiner Heimkehr schuf er in Weimar: Die Nacht mit ihrem Gefolge und eine Caritas, Ölgemälde, Aquarelle und Zeichnungen für die Fürstin Wittgenstein (Weimar), den Prometheusmythus, Aquarellentwurf (1862; Museum in Leipzig), Die Deukalionische Flut, cyklische Komposition (1865). Hierauf zeichnete er einen großen Karton Götterbacchanal für den Speisesaal des Römischen Hauses in Leipzig und acht Scenen aus dem Psychemärchen. Den ersten Preis der Goethe-Stiftung in Weimar erhielt er für den Karton Kampf des Menschen mit den Elementen (Museum in Weimar) und ebenso den ersten Preis für einen Konkurrenzentwurf mit Farbenskizze in Aquarell zur Ausmalung des Treppenhauses dieses Museums. Für das sog. Römische Haus in Leipzig führte er als Wandgemälde aus: Brutus als Richter über seine Söhne und Die Mutter der Gracchen (die Kartons im Museum zu Leipzig); ferner ein Ölgemälde, Die Phantasie von den Träumen umgaukelt (Galerie Schack in München) und Psalmodierende Engel (Wandbild in der Chornische der Schloßkapelle zu Weimar). 1868 folgte W. dem Rufe als Professor an die Akademie zu Düsseldorf. Hier nahm W. die Bestellung auf Ausführung der Vier Jahreszeiten (Ölbilder) in Angriff, einer Allegorie Die Wacht am Rhein und drei andern Ölbildern. Schwer geschädigt durch den Verlust seiner sämtlichen Studien und acht in der Vollendung begriffener Bilder, die Arbeit seiner ersten drei Jahre in Düsseldorf, beim Akademiebrand 1872, konnte er die Wiederholung von vier derselben, den Jahreszeiten, erst 1877 zum Abschluß bringen (Nationalgalerie in Berlin). W. erhielt 1877 bei der Konkurrenz um die Ausschmückung des großen Saals in dem neu hergestellten Kaiserhause zu Goslar den ersten Preis; die 1897 vollendeten Fresken haben zum Gegenstande den Anfang, die Entwicklung und Erneuerung des deutschen Kaisertums.

Wislicēnus, Johs., Chemiker, Sohn von Gust. Adolf W., geb. 24. Juni 1835 zu Kleineichstedt bei Querfurt, folgte bald nach Beginn seiner Universitätsstudien 1853 dem Vater nach Nordamerika, kehrte 1856 mit diesem nach Europa zurück und setzte nun seine naturwissenschaftlichen Studien erst in Zürich, dann in Halle fort, worauf er sich für das chem. Fach an der Universität Zürich habilitierte. 1861 wurde er Professor an der Kantonsschule, 1864 außerord. Professor an der Universität und Direktor des Universitätslaboratoriums, 1867 ord. Professor. Unter Belassung in dieser Stellung wurde er 1870 Professor der Chemie am Eidgenössischen Polytechnikum und 1871 Direktor dieser Anstalt. Im Herbst 1872 folgte er einem Rufe an die Universität Würzburg, seit 1885 wirkt er an der Universität Leipzig als ord. Professor der Chemie und Direktor des chem. Laboratoriums. Seine und seiner Schüler Untersuchungen und Entdeckungen, die sich größtenteils auf die Ermittelung der Konstitution und die Synthese organischer Substanzen, namentlich mit Berücksichtigung der Isomerieverhältnisse, beziehen, veröffentlichte er meist in Liebigs «Annalen» und den «Berichten der Deutschen chem. Gesellschaft», und schrieb außerdem «Theorie der gemischten Typen» (Berl. 1859) und eine vollständige Neubearbeitung des Regnault-Streckerschen «Lehrbuchs der Chemie» (9. bez. 6. Aufl., 2 Bde., Braunschw. 1876‒81). Bei Gelegenheit einer größern Arbeit über die isomeren Milchsäuren erbrachte er zum erstenmal den Nachweis, daß es verschiedene isomere Modifikationen organischer Verbindungen mit identischer Struktur giebt, und knüpfte daran die Forderung, daß man zu ihrer Erklärung zu geometr. Betrachtungen der Atomlagerungen übergehen müsse. Er bezeichnete solche Isomerien als geometrische oder stereometrische. Den ersten Schritt, hier bestimmte Vorstellungen zu entwickeln, thaten bald darauf Le Bel und namentlich van ’t Hoff mit der Theorie vom asymmetrischen Kohlenstoffatom. Eine weitere ganz wesentliche Förderung aber gab W. diesen Anschauungen durch seine Abhandlung über die räumliche Anordnung der Atome in organischen Molekülen, worin er zahlreiche bisher unerklärbare Thatsachen der Isomerie nicht nur auf verschiedene räumliche Lagerung der Atome bei identischer Struktur zurückführte, sondern gleichzeitig die Wege kennen lehrte, auf welchen sich die Art dieser räumlichen Anordnung in speciellen Fällen experimentell feststellen läßt. Er gab damit der chem. Forschung ganz neue Gesichtspunkte und Methoden, die er seither durch empirische Untersuchungen auf weitere Fälle anzuwenden, zu vervollkommnen und zu prüfen beschäftigt ist.

Wislitzer Statut, s. Polnisches Recht.

Wisłoka, rechter Nebenfluß der Weichsel in Galizien, entspringt am Passe Zboro in den Waldkarpaten, nimmt bei Jasło die Ropa (links) und die Jasiolka (rechts), dann die Wielopolka (rechts) auf und mündet nach einem 155 km langen Laufe unterhalb Mielec in die Weichsel.

Wismar, See- und Handelsstadt im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, an der Wismarschen Bucht, welche einen der besten Häfen der Ostsee bildet, an der Linie Ludwigslust-W. (68,2 km) und den Nebenlinien Rostock-W. (58,8 km) und W.-Karow (76,9 km) der Mecklenb. Friedrich-Franz-Eisenbahn, ist Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Schwerin), Nebenzollamtes erster Klasse, mehrerer Konsuln und eines Bezirkskommandos, hat (1895) 18221 (8906 männl., 9315 weibl.) E., darunter 169 Katholiken und 13 Israeliten, in Garnison das 2. Bataillon des großherzoglich mecklenb. Füsilierregiments Nr. 90, Postamt erster Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, alte Häuser mit Giebeln aus dem 14. Jahrh., Wasserleitung, Kanalisation, Gasbeleuchtung und Schlachthof. Von Bauten sind zu nennen: die got. Marienkirche (14. Jahrh.)