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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wit - Witkowitz

Wit, Ferd. Johs., genannt von Dörring, polit. Abenteurer, geb. 1800 zu Altona, studierte seit 1817 zu Kiel und Jena, schloß sich der Burschenschaft an und sah sich infolgedessen 1819 gezwungen, nach England zu flüchten, wo er dem "Morning Chronicle" zahlreiche und heftige Artikel über deutsche Zustände lieferte. Hierauf wandte sich W. nach Paris. Polit. Intriguen, in die er verflochten wurde, hatten 1821 seine Verhaftung in Piemont zur Folge; er ward nun fünf Jahre lang abwechselnd in Italien, Preußen, Österreich, Bayern und Dänemark gefangen gehalten. 1828 kaufte er sich in Oberschlesien an, wo er seitdem lebte; er starb 22. Okt. 1863 zu Meran. W. erzählte seine Erlebnisse in "Lucubrationen eines Staatsgefangenen" (anonym, Braunschw. 1827), "Fragmente aus meinem Leben und meiner Zeit" (4 Bde., ebd. 1827-30) und "Mein Jugendleben und meine Reisen" (Lpz. 1832).

Witatzta, im Sanskrit Name des Hydaspes (s. d.).

Witboi, Hendrik, Häuptling der Nama (s. d.) in Deutsch-Südwestafrika.

Witebsk. 1) Gouvernement im nordwestl. Teil des europ. Rußlands, zu den West- und weißruss. Gouvernements gehörig (s. Karte: Westrußland und Ostseeprovinzen, beim Artikel Rußland), grenzt im N. an das Gouvernement Pskow, im O. an Smolensk, im S. an Mohilew, Minsk, Wilna und Kowno, im SW. an Kurland und im NW. an Livland und hat 45 107,5 qkm mit (1897) 1 502 895 E., d. i. 33,3 auf 1 qkm. Die Oberfläche ist hügelig, im westl. Teil eben und niedrig, mit vielen erratischen Blöcken und Seekesseln. Hauptstrom ist die Düna mit ihren Nebenflüssen Kasplja, Ulla (zum Beresinischen Kanalsystem gehörig), Drissa, Dubno u. a. Die Welikaja geht zum Pskower, der Lowat zum Ilmen-, die Malta zum Lubansee, der in W. selbst liegt. Seen nehmen 1183 qkm ein, zahlreich und zum Teil umfangreich sind auch die Sümpfe. Die Hügelformationen bestehen aus rotem Sandstein und devonischen Kalken. Die Wälder sind immer noch bedeutend (1 Mill. Dessatinen). Der Boden ist lehmig und sandig, im allgemeinen fruchtbar; das Klima gemäßigt und beständig. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt 4,3°, im Januar -8,4°, im Juli 18,2° C., die Niederschläge jährlich 500 mm. Die Bevölkerung besteht aus Russen (60 Proz.), meist Weißrussen, Letten (20), Juden (11,3), Polen (2¼ Proz.). Die Hauptbeschäftigung ist Ackerbau, besonders wird Flachs gebaut. Die Viehzucht ist nicht bedeutend. Es giebt 39 Branntweinbrennereien, 19 Brauereien und 847 Fabriken (Tabak-, Zündhölzchen-, Lack-, Metallwaren-, chem. Fabriken u. a.). Ausgeführt werden Flachs, Hanf, Bau-, Schiffsholz, Holzwaren und Leder. Das Eisenbahnnetz nimmt 565 km ein. Außer der Stadt W. giebt es 2 Mittel-, 2 Special- und 395 niedere und Elementarschulen. Das Gouvernement, in seinem heutigen Bestand seit 1802, zerfällt in 11 Kreise: Drissa, Dwinsk (Dünaburg), Gorodok, Lepel, Ljuzyn, Newel, Polozk, Rjeshiza, Sebesh, Welish und W. - 2) Kreis im südöstl. Teil des Gouvernements W., von der Düna durchflossen, hat 3300 qkm, 149 220 E., Ackerbau, Waldindustrie, 36 Fabriken. - 3) Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises W., in schöner Lage zu beiden Seiten der Düna und der in sie mündenden Witba sowie an der Eisenbahn Riga-Orel, Sitz des Gouverneurs, des Bischofs der Eparchie Polozk, des Kommandos des 16. Armeekorps, hat (1897) 66 143 E., darunter 25 000 Juden; ein kaiserl. Schloß, mehrere Steinbrücken, 30 russ., 3 kath., 1 evang. Kirche, 2 Synagogen, 1 Knaben-, 1 Mädchengymnasium, Geistliches Seminar, 5 Bibliotheken, 2 russ. Zeitungen, Landwirtschaftliche Gesellschaft, mehrere Banken (darunter Filiale der Russischen Reichsbank), Kaufhof, 81 Fabriken (besonders Gerbereien) und Flußhafen (mit Zufuhr von Brennholz, Getreide und mit Abfuhr von Salz, Getreide, Leinsamen u. a.).

Witekind, Hermann, eigentlich Wilcken, Kämpfer gegen die Hexenprozesse, geb. 1522 zu Neuenrade in Westfalen, studierte in Wittenberg und Frankfurt a. d. O., ward Rektor der Lateinischen Schule in Riga, ging 1561 nach Heidelberg, wo er 1563 Professor des Griechischen wurde, siedelte 1579 in gleicher Eigenschaft nach Neustadt a. d. Hardt über, kehrte 1584 als Professor der Mathematik nach Heidelberg zurück und starb dort 7. Febr. 1603. Seine Schrift "Christlich bedencken und erinnerung von Zauberey" erschien Heidelberg 1585 (3. Aufl., Speyer 1597). Der Verfasser nennt sich in ihr Augustin Lerchheimer von Steinfelden. Das anziehend geschriebene Buch, worin er den Wahn mit den Waffen des gesunden Verstandes und warmer Menschenliebe bekämpft, wurde von K. Binz und A. Birlinger (Straßb. i. E. 1888) neu herausgegeben und von ersterm mit der Lebensgeschichte des Verfassers versehen.

Witenagemot ("Weise-Männer-Rat"), Versammlung der Prälaten und Großgrundbesitzer zur Zeit der angelsächs. Könige. (S. Angelsachsen.)

Witherit, ein rhombisches, in scheinbar hexagonalen Formen (s. nachstehende Abbildung, Kombination von Prisma, Brachypinakoid, Pyramide und einigen Brachypyramiden und Brachydomen) krystallisierendes, mit dem Aragonit völlig isomorphes Mineral, das aber meist kugelige, traubige und derbe Aggregate bildet; es ist farblos, meist lichtgrau oder -gelblich gefärbt, durchscheinend, hat einen im Bruch fettartigen Glasglanz, die Härte 3 bis 3,5, das spec. Gewicht 4,2 bis 4,3. Chemisch ist es Baryumcarbonat, BaCO3. Die Bleierzgänge des nördl. Englands, die im Bergkalk und Steinkohlengebirge aufsetzen, sind örtlich reich an diesem Mineral. In England dient W. zur Vertilgung der Ratten.

^[Abb.]

Withington, Stadt in der engl. Grafschaft Lancashire, südlicher Vorort von Manchester, hat (1891) 25 729 E., gegen 17 109 im J. 1881.

Witi-Archipel, s. Fidschi-Inseln.

Witichis (Vitiges), ostgot. Heerführer, s. Ostgoten.

Witim, rechter Nebenfluß der Lena in Ostsibirien, entspringt unter 53° 45' nördl. Br. mit dem einen Arm am Ostabhang des Baikalgebirges, mit dem andern in Seen am Fuße des Westabhanges des Jablonojgebirges. Der Oberlauf geht durch sehr gebirgiges Terrain und begrenzt südlich und östlich das sog. Witimplateau. Der weitere nordwestl. Lauf bildet anfangs die Grenze zwischen Transbaikalien und dem Gebiet Jakutsk, dann zwischen letzterm und dem Gouvernement Irkutsk, worauf die Mündung gegenüber Witimsk in drei Armen erfolgt. Die Länge beträgt 1760 km, wovon 588 km schiffbar sind. Hauptnebenflüsse sind die Zypa und Mama. Das Flußgebiet ist reich an Pelztieren.

Witkowitz, czech. Vitkovic, Dorf im Gerichtsbezirk Mährisch-Ostrau der österr. Bezirkshauptmannschaft Mistek in Mähren, links an der Ostrawitza,