Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

805

Wladimir-Bai - Wladislaw (Herzöge und Könige von Polen)

geb. 22. (10.) April 1847. Im Russisch-Türkischen Krieg kommandierte W. A. das 12. Armeekorps. Durch Statut vom 26. (14.) März 1881 wurde ihm von Alexander III. für den Fall seines Todes die Regentschaft für den damals noch unmündigen Thronfolger übertragen. Im Juli 1886 bereiste W. A. im Auftrag des Kaisers die Ostseeprovinzen, um die dort herrschenden polit. Verstimmungen zu beschwichtigen. W. A. ist seit 1886 Oberbefehlshaber des Gardekorps und des Petersburger Militärbezirks. Seine "Reisen im Norden Rußlands und in den Baltischen Provinzen" wurden von K. Slutschewskij beschrieben (Petersb. 1888). Er ist seit 28. (16.) Aug. 1874 mit Maria Pawlowna, geborenen Prinzessin Maria von Mecklenburg-Schwerin (geb. 14. [2.] Mai 1854) vermählt, die ihm drei Söhne und eine Tochter gebar.

Wladimir-Bai, genauer Wladimir des Heiligen Bai, russ. Wladimira swatago zaliw, Busen des Japanischen Meers im russ.-sibir. Küstengebiet unter 43° 55' nördl. Br. und 135° 8' östl. L. von Greenwich, gefriert nur auf zwei Monate und besteht aus drei Buchten, von denen die südlichste die bedeutendste und als Ankerplatz geeignetste ist.

Wladimirorden, Sankt, russ. Orden, 22. Sept. (3. Okt.) 1782 von Katharina II. zum Andenken an den Großfürsten Wladimir I. (s. d.) als Verdienstorden für alle Stände gestiftet, von Alexander I. 12. Dez. (a. St.) 1801 als Belohnung für bürgerliche Auszeichnungen im Frieden erneuert. Das niemals mit Brillanten zu verzierende Ordenskreuz ist ein einfaches dunkelrot emailliertes Goldkreuz, dessen rundes schwarzes Mittelschild innerhalb goldener Umrahmung ein russisches W auf einem ausgebreiteten Hermelinmantel unter einer Krone und auf der Rückseite die Angabe des Stiftungstages in russ. Buchstaben trägt. Das Band ist schwarz mit einem karmesinroten breiten Mittelstreifen.

Wladislaw, König von Böhmen (1471-1516) und (seit 1490) von Ungarn, geb. 1456, war der Neffe des 1457 gestorbenen Ladislaus Posthumus (s. d.), ein Sohn von dessen mit König Kasimir IV. von Polen vermählter Schwester Elisabeth und Nachfolger des Böhmenkönigs Georg Podiebrad (s. d.), der noch selbst seine Wahl durchgesetzt hatte. Anfangs hatte W. mit Matthias Corvinus von Ungarn zu kämpfen, der schon vorher von den Gegnern Podiebrads zum König erwählt war, mußte ihm sogar 1479 Mähren, Schlesien und die Lausitz abtreten und die Nachfolge zugestehen, wurde aber selbst nach Matthias' Tode 1490 gegen dessen Sohn Johann von den ungar. Großen zum König erwählt und behauptete sich als solcher auch im Kriege mit dem spätern Kaiser Maximilian I. Dieser Krieg wurde 1491 durch den Frieden von Preßburg geendet, in dem W. für den Fall des Aussterbens seiner Nachkommenschaft den Habsburgern die Nachfolge in Ungarn zusicherte. Unter ihm wuchs die Macht des Adels, namentlich der Familie Zápolya, in immer steigendem Maße. Ein furchtbarer Bauernaufstand unter Georg Dózsa (s. d.) wurde 1514 mit blutiger Strenge unterdrückt. W. starb 13. März 1516. Durch einen 1515 mit Kaiser Maximilian I. geschlossenen Vertrag wurde W.s Tochter Anna zur Gemahlin für Maximilians Enkel Ferdinand (s. Ferdinand I., Deutscher Kaiser) bestimmt, während seinem Sohn Ludwig (s. d.) des Kaisers Enkelin Maria vermählt werden sollte.

Wladislaw (Ladislaus) von Anjou, König von Neapel (1386-1414), Sohn Karls III. (s. d.) von Durazzo, geb. 1375, wurde von Papst Bonifacius IX. erst 1390 anerkannt und drang gegen seinen in Neapel (1391) eingebrochenen Nebenbuhler Ludwig II. (s. d.) von Anjou erst 1399 durch, warf denselben auch bei dem nochmaligen Versuch, den dieser 1403 gegen ihn machte, zurück. Da sich der Adel in diesem Parteikampf der "Ungarn" (Anhänger des W., der sich 1403 in Zara zum König von Ungarn krönen ließ) und "Angiovinen" (Partei Ludwigs II.) geschwächt hatte, konnte W. nicht nur rasch die Ruhe in Neapel herstellen, sondern auch unter Benutzung eines Aufstandes der von Bonifacius niedergeworfenen Römer gegen dessen Nachfolger Innocenz VII. eine Schutzherrschaft über Rom und das Papsttum errichten und 1408 den Kirchenstaat und Teile von Toscana unterwerfen. Ein Rückschlag erfolgte unter Alexander V., dessen Truppenführer Malatesta 1410 die Neapolitaner aus Rom verdrängte, und unter Johann XXII., dessen Söldneroberst Paolo Orsini 1412 W. bei Rocca secca besiegte. Aber Johann XXII. überwarf sich mit Ludwig II., den er hatte zurückführen wollen; als Ludwig sich nach der Provence entfernte und der Condottiere Sforza Attendolo zu W. übertrat, suchte auch der Papst Johann sich mit W. zu verständigen (1412); dieser zwang ihn jedoch zur Flucht und ließ seine Truppen bis Siena vordringen (1413). Mitten in seinem zweiten Siegeslauf überfiel W. in Perugia eine tödliche Krankheit, der er in Castellnuovo 6. Aug. 1414 erlag. Sein Reich übernahm seine Schwester Johanna II. (s. d.).

Wladislaw (lat. Ladislaus), Name von drei Herzögen und vier Königen von Polen:

W. I. (1081-1102), Bruder des vertriebenen Boleslaw II., vermählte sich nach dem Tode seiner Gemahlin Judith, Tochter des Böhmenherzogs Wratislaw, mit Jutta, der Schwester Kaiser Heinrichs IV. Ohne große Erfolge führte er Krieg gegen die Pommern (1091-92) und unterdrückte einen Aufstand des unzufriedenen Adels unter Führung seines unehelichen Sohnes Zbignjew. 1097 teilte dann W. zwischen Zbignjew und seinem ehelichen Sohne Boleslaw das Reich, indem er diesem Kleinpolen, jenem Großpolen und Masuren gab und sich nur die Hauptstädte vorbehielt. W. starb 1102 zu Plock und ruht im dortigen Dom.

W. II., Enkel des vorigen, mußte, nicht zufrieden mit dem ihm bei der Teilung 1139 zugefallenen Krakau und Schlesien, mit seinen minderjährigen Halbbrüdern und den Großen des Reichs einen hartnäckigen Kampf führen, der vorläufig zu seinen Gunsten endete (1145). Gegen Anerkennung der Oberlehnsherrlichkeit des Kaisers (1146) bestätigte ihn dieser in seiner Herrschaft. Noch in demselben Jahre wurde W. wieder vertrieben, und erst als Friedrich Barbarossa für ihn eintrat und in Polen einbrach (1157), versprach Boleslaw, den Bruder in sein angestammtes Gebiet wieder einzusetzen, ohne ihm aber das Seniorat einzuräumen. W. kehrte jedoch nicht zurück. Er starb 1166 in Deutschland.

W. III., Herzog von Großpolen, wurde nach dem Tode seines Vaters Mscislaw III. (1202) Großfürst von Polen. Da er sich der vom Papste angeordneten Reform der poln. Kirche widersetzte, wurde er gebannt und mußte sich in sein Erbland, Großpolen, zurückziehen (1206). Aber auch von hier durch seinen Neffen Wladislaw Odonicz vertrieben, verlor W. 1227 fast alle seine Besitzungen an Odonicz. Er starb nach vergeblichem Versuch, Großpolen wiederzugewinnen, 1231 in Schlesien.