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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wolfenbütteler Fragmente; Wolff

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Wolfenbütteler Fragmente – Wolff (Aug.)

und Lessing vorstanden. Das alte, unter dem Herzog Anton Ulrich 1706‒10 von Korb erbaute Bibliotheksgebäude mit herrlichem Kuppelsaal wurde 1887 niedergerissen und durch einen prächtigen Neubau in ital. Renaissance ersetzt. Die Bibliothek birgt das erste Lessingdenkmal (1794) von Döll; vor derselben liegt das Wohnhaus Lessings, in dem er den «Nathan» dichtete und das jetzt zu einem kleinen Museum umgewandelt wird. Die Stadt besitzt ein Gymnasium, ein Prediger- und Schullehrerseminar, eine Real-, zwei Bürgerschulen, höhere Mädchenschule mit Lehrerinnenseminar und eine israel. Samsonschule; ferner ein Krankenhaus (1893) mit Siechenanstalt, Landestrafanstalt, Wasserleitung (1894), Gasanstalt und Feuerwehr. Große wissenschaftliche Bedeutung haben die herzogl. Bibliothek, gegründet von Herzog August (gest. 1666), mit etwa 300000 Bänden, 2956 Inkunabeln und etwa 8000 Handschriften, und das herzogl. Landeshauptarchiv mit den Urkunden (etwa 20000) und Akten des herzogl. Hauses, der Landesbehörden u. s. w. Die Industrie erstreckt sich auf Garnspinnerei, Eisengießerei, Maschinenfabrik, Kupferschmieden und Konservenfabriken; ferner bestehen hier der ritterschaftliche Kreditverein für das Herzogtum Braunschweig, in der Umgebung Gemüsebau. Der Bau einer elektrischen Bahn nach Braunschweig ist geplant. Unweit von W. die Ruinen der Asseburg und des Lichtenbergs sowie das 1000 gegründete Kloster Steterburg, jetzt adliges Damenstift. – W. war ursprünglich eine Wasserburg; unter den Herzögen Heinrich dem Jüngern und Julius (16. Jahrh.) wuchs es zu einem städtischen Gemeinwesen heran und war Residenz der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel. Die Stadt wurde 1542 von den schmalkaldischen Bundesfürsten erobert und hatte im Dreißigjährigen Kriege von 1627 bis 1643 durch eine kaiserl. Besatzung viel zu leiden, im Siebenjährigen Kriege wurde es 1757 und 1761 durch die Franzosen eingenommen. W. verlor an Bedeutung, als Herzog Karl Ⅰ. 1753 Braunschweig zur Residenz erhob und die Behörden (zuletzt 1879 das Obergericht) dahin verlegt wnrden. – Vgl. Bege, Chronik der Stadt W. (Wolfenb. 1839); Voges, Erzählungen aus der Geschichte der Stadt W. (ebd. 1882); ders., Führer durch W. (ebd. 1888); O. von Heinemann, Die herzogl. Bibliothek zu W. (2. Aufl., ebd. 1894).

Wolfenbütteler Fragmente, die von Lessing als «Fragmente eines Unbekannten» herausgegebenen nachgelassenen Schriften freireligiösen Inhalts des Hamburger Popularphilosophen Reimarus (s. d. und Lessing).

Wolff, Albert, Bildhauer, geb. 14. Nov. 1814 in Neustrelitz in Mecklenburg, wo sein Vater, früher selbst Bildhauer, als Architekt des Großherzogs Georg fungierte. Letzterer vermittelte den Eintritt W.s in die Werkstatt Rauchs 1831. Von hier wurde er 1844 zur Ausführung der Skulpturen für die oberste Terrasse von Sanssouci nach Carrara gesandt. Er blieb beinahe zwei Jahre in Italien. Nach seiner Rückkehr half er Rauch am Denkmal Friedrichs d. Gr. in Berlin, namentlich am Pferde. Als selbständiger Künstler führte er sich durch eine Porträtstatue der Gräfin Raczynska, als Hygieia, für einen Brunnen der Stadt Posen, ein, sowie durch ein Crucifix mit Johannes und Maria in Marmor für die Kirche in Kamenz. Nachdem er hierauf das Nationalkriegerdenkmal im Invalidenpark zu Berlin mit Reliefs geschmückt hatte, lieferte er eine der Gruppen für die Schloßbrücke in Berlin (Pallas Athene fordert den Jüngling zu neuem Kampfe auf, 1853). Nach einer Idee und Skizze der russ. Großfürstin Katharina fertigte W. eine Kandelabergruppe der Nacht, welche die Sterne (Kerzen) heraufführt, und für die neue Schloßkirche in Neustrelitz die Kolossalstatuen der vier Evangelisten. Für Terrakotta (Marchsche Fabrik in Charlottenburg) lieferte W. Modelle, die zum Teil eine monumentale Verwendung fanden.

W. wurde 1849 Mitglied, 1858 Professor, 1866 Senatsmitglied der Akademie in Berlin, 1868 wirkliches Mitglied der Akademie zu Wien. Dreimal siegte W. in Reiterstandbildkonkurrenzen. Das erste galt dem König Ernst August für Hannover (1861), das zweite dem König Friedrich Wilhelm Ⅲ. im Lustgarten zu Berlin (1875 mit seinem figurenreichen Postament vollendet), das dritte dem General Artigas für Montevideo (1885). Außerdem lieferte er die Bronzegruppe eines Löwenbezwingers, auf der westl. Treppenwange des Museums in Berlin, als Gegenstück zur Amazonengruppe von Kiß. An Standbildern sind noch zu nennen: die des Großherzogs Georg von Mecklenburg-Strelitz für Neustrelitz und des Großherzogs Friedrich Franz Ⅰ. von Mecklenburg-Schwerin für Ludwigslust. Nach dem Tode Rauchs vollendete W. auch dessen bekannte Mosesgruppe in Marmor. Unter den Büsten, welche er fertigte, sind die bemerkenswertesten: Königin Augusta (Schloß zu Berlin), Generalfeldmarschall von Moltke (Strelitz), Großherzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Strelitz, König Ernst August von Hannover, Gräfin Raczynska, Graf Redern, Baron von Fahrenheid, General von Boyen, Diesterweg, Robert Prutz, die Professoren Busch und Lichtenstein. In die nächste Zeit fallen folgende Arbeiten: 1872 das Relief an der Vorderseite des Siegesdenkmals zu Berlin, den Einzug der Truppen in Berlin darstellend, 1877 die Statue Friedrichs Ⅱ. in Bronze für das Kadettenhaus zu Lichterfelde, 1878 die Statue des Friedens in Marmor für den Belle-Alliance-Platz zu Berlin und das Modell zu einer Kolossalbüste des Großen Kurfürsten für das Denkmal zu Fehrbellin. Außerdem beschäftigten ihn eine Evastatue, eine kolossale Bronzegruppe: Löwe seine Jungen gegen eine Riesenschlange verteidigend (1895 vor dem Kriminalgerichtsgebäude in Moabit-Berlin aufgestellt), eine Gruppe: Bacchus mit Amor und einem Panther (Marmor, 1884; Nationalgalerie zu Berlin). W. starb 20. Juni 1892 in Berlin.

Wolff, Arthur von, preuß. Staatsbeamter, geb. 7. Juni 1828 in Berlin, studierte 1844‒47 in Berlin und Heidelberg die Rechte, wurde 1847 Kammergerichtsauskultator, 1850 Referendar, 1853 Gerichtsassessor, 1854 Regierungsassessor, arbeitete bis 1856 bei der Regierung in Potsdam, bis 1859 im Ministerium des Innern und bis 1863 bei der Regierung in Frankfurt a. O.; dann in das Ministerium des Innern zurückberufen, wurde er 1864 Regierungsrat, 1865 Geh. Regierungsrat und 1870 Geh. Oberregierungsrat daselbst. 1872 wurde er Regierungspräsident in Trier, 1881 Oberpräsident der Provinz Sachsen, 1885 auch Domherr von Brandenburg; 1890 erfolgte seine Ernennung zum Wirkl. Geheimrat und Chefpräsidenten der Oberrechnungskammer und des Rechnungshofs.

Wolff, Aug., Maler, geb. 20. April 1842 zu Weinheim in Baden, kam zu Kreling nach Nürnberg, dann nach Karlsruhe, wo er sich an Canon anschloß. Unter des letztern Einfluß entstand sein