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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Worónesch; Worónin; Woronzów

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Woronesch – Woronzow

die meisten Radierungen W.s erschienen. Gute Blätter schuf W. besonders nach F. A. von Kaulbach, Tizian, Makart, Zügel u. a.

Worónesch (richtiger Woronesh, Voronež), linker Nebenfluß des Dons in den russ. Gouvernements Rjasan, Tambow und W., fließt nach Süden, dann nach Westen und nach Südsüdwesten und mündet nach 491 km, im Unterlauf schiffbar.

Worónesch (richtiger Woronesh, Voronež). 1) Gouvernement im südöstl. Teil des mittlern europ. Rußlands (s. Karte: Südrußland u. s. w., beim Artikel Rußland), zu den großruss. Gouvernements gehörig, zwischen den Gouvernements Charkow, Kursk, Orel, Tambow und dem Donischen Gebiet, hat 65895 qkm mit (1897) 2547320 E., d. i. 38,7 auf 1 qkm. Das Land wird durch den Don in zwei Hälften geteilt, deren westliche von unbedeutenden Erhebungen durchzogen und die östliche vorwiegend eben ist. Der Boden besteht in der erstern aus Schwarzerde, in der andern aus Lehm und Sand. Schiffbare Flüsse sind der Don mit seinen Zuflüssen W. und Choper. Das Mineralreich liefert Kreide, Kalk, Sandstein, Granit, verschiedene Thone, Eisenerz und Torf. Waldungen sind nur noch gering. Das Klima zeigt scharfe Übergänge von Kälte zu Wärme und umgekehrt; die mittlere Jahrestemperatur beträgt 5,1 °C., die Menge der Niederschläge 580 mm. Die Bevölkerung besteht aus Großrussen (über 50 Proz.) und Kleinrussen, daneben 3000 deutsche Kolonisten (in Ribensdorf und Soßendorf) und 4000 Zigeuner. Zwei Drittel des Areals sind Ackerboden (4,04 Mill. Dessätinen), meist sehr ergiebig. Gebaut werden Getreide, Kartoffeln, Anis (jährlicher Verkauf für 2‒4 Mill. Rubel), Sonnenblumen, Tabak, Melonen, Zuckerrüben (gegen 12 Mill. Pud). Bedeutend ist die Zucht von Pferden (188 Stutereien), besonders längs des Flusses Bitjug (s. d.), und von Schafen. Die Hausindustrie besteht aus Holzbearbeitung, Töpferei, Flechterei, Strumpfstrickerei, Gerberei, Schuhmacherei und Kürschnerei. Es giebt 2913 gewerbliche Anlagen und Fabriken mit 9,37 Mill. Rubel Produktion, darunter 25 Branntweinbrennereien, 8 Zuckerfabriken, Mühlen, Tabakfabriken, Glockengießereien, Eisenhütten. Die Eisenbahnen haben eine Länge von 485 km. Es giebt in den Städten 24 Knaben-, 11 Mädchenschulen, in den Kreisen 567 Volks- und 203 Pfarrschulen. Das Gouvernement, im jetzigen Bestand seit 1824, zerfällt in zwölf Kreise: Birjutsch, Bobrowsk, Bogutschar, Korotojak, Nishnedjewizk, Nowochopersk, Ostrogosh, Pawlowsk, Sadonsk, Semljansk, Walujki und W. – 2) Kreis im nördl. Teil des Gouvernements W., hat 5283,6 qkm, 195259 E.; Ackerbau, Viehzucht und Hausindustrie. – 3) Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises W., rechts am Fluß W., 8 km vor seiner Mündung in den Don, und an den Eisenbahnen Koslow-W.-Rostow und Kiew-Kursk-W., Sitz des Gouverneurs und des Bischofs der Eparchie W. und Sadonsk, hat (1897) 84015 E., Schloß mit Citadelle und ein Zeughaus aus der Zeit Peters d. Gr., Denkmal des letztern sowie solche der Dichter Kolzow und Nikitin; 23 Kirchen, 3 Klöster, darunter das Kloster des heil. Mitrofan, ein berühmter Wallfahrtsort; ein Knaben-, zwei Mädchengymnasien, ein Knaben-, ein Mädchenprogymnasium, Realschule, Geistliches Seminar, Lehrerseminar, Kadettenkorps, Eisenbahn-, Feldscherschule; öffentliche Bibliothek, Museum, vier Zeitungen, ein philol., ein mediz. Fachblatt; Wasserleitung, Pferdebahn; Filiale der Russischen Reichsbank und der Russischen Handels- und Industriebank in Petersburg; 47 Fabriken, Flußhafen und Handel. 1695‒1701 bestand in W. eine Werft zur Erbauung von Kriegsschiffen für das Asowsche Meer.

Worónin, Michael Stepanowitsch, Botaniker, geb. 2. Aug. (21. Juli) 1838 in Petersburg, studierte 1854‒58 daselbst, dann zu Heidelberg und Freiburg i. Br. besonders Botanik. 1860 und 1861 beschäftigte sich W. in Antibes unter der Leitung von Bornet und Thuret mit algologischen Untersuchungen und kehrte sodann nach Freiburg i. Br. zurück, wo er bis 1863 blieb. Er hielt dann 1869‒70 an der Universität zu Petersburg Vorlesungen, lebte jedoch meist als Privatgelehrter im Auslande. Von seinen Schriften sind als die wichtigsten hervorzuheben: «Beitrag zur Kenntnis der Chytridieen» (in Verbindung mit de Bary, in den «Berichten» über die Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Freiburg, Bd. 3, Freiburg 1864), «Plasmodiophora Brassicae, Urheber der Kohlpflanzenhernie» (Lpz. 1878), «Beiträge zur Kenntnis der Ustilagineen» (Frankf. 1882), «Über die Sklerotienkrankheiten der Vaccinium-Beeren» (Petersb. 1888), «Die Sklerotienkrankheit der Traubenkirsche und Eberesche» (ebd. 1895). Auch veröffentlichte W. Abhandlungen, teils in russ. Sprache, in Fachzeitschriften.

Woronzów, russische gräfl. und fürstl. Familie, deren Stammbaum bis in die Mitte des 17. Jahrh. hinaufreicht. Von den Enkeln des ersten Ahns der Familie, Gawrilo W., der bei der Belagerung von Tschigirin in Kleinrußland 1678 fiel, that sich besonders Michael Illarionowitsch W., geb. 1714, hervor. Er war der Günstling der Kaiserin Elisabeth, die ihn 1744 zum Vicekanzler erhob, ihm die Leitung des Ministeriums des Auswärtigen übertrug und ihn durch Kaiser Karl ⅥI. 1744 in den Reichsgrafenstand erheben ließ. Er brachte 1745 den Vertrag zwischen Rußland und Schweden zu stande, sowie 1747 den Vertrag mit Österreich zur Verteidigung der Erbfolge Maria Theresias und den Subsidienvertrag mit England, nach welchem ein russ. Korps von 37000 Mann im Sold der Seemächte an den Rhein zog. In den letzten Jahren der Regierung der Kaiserin Elisabeth stand W. an der Spitze der schwed. Partei, deren Seele Großfürst Peter war. Er stürzte 1758 den Kanzler Bestuschew und wurde an dessen Stelle zum Reichskanzler ernannt, gehörte zu den Günstlingen Peters Ⅲ., verlor aber unter Katharina Ⅱ. seinen Einfluß und starb 1767 in Moskau.

Seine Nichte, Katharina Romanowna W., war die Fürstin Daschkow (s. d.).

Deren Bruder, Graf Alexander Romanowitsch W., geb. 1741, früher Gesandter an mehrern europ. Höfen und Präsident des Handelskollegiums unter der Kaiserin Katharina Ⅱ., wurde vom Kaiser Alexander Ⅰ. 1802 zum Reichskanzler ernannt, leitete bis 1804 die auswärtigen Angelegenheiten und starb 1805 zu Moskau.

Sein jüngerer Bruder, Graf Semen Romanowitsch W., geb. 1744, war 1785‒1806 russ. Gesandter in London, lebte dann dort als Privatmann und starb 21. Juni 1832.

Michael Semenowitsch W., Sohn des vorigen, russ. Feldmarschall, geb. 17. Mai 1772 zu Moskau, kämpfte im Kaukasus, in der Türkei und that sich besonders in den Feldzügen 1812‒14 gegen Frankreich hervor. Er blockierte 1813 Cüstrin,