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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Württemberg (Geschichte)

um seinen Besitz durch Kauf von Gütern und Aneignung von nutzbaren Rechten zu erweitern (Erwerb der Grafschaft Urach u. s. w.), und seine Nachfolger thaten nach seinem Beispiel. Sein zweiter Sohn, Graf Eberhard I. (s. d.) der Erlauchte (1279-1325), geriet mit drei Kaisern (Rudolf I., Albrecht 1. und Heinrich VII.) durch seine Unbotmäßigkeit in Fehde und war mehrmals nahe daran, seine Herrschaft zu verlieren. Er hinterließ das Land beinahe um die Hälfte vergrößert.

Sein Enkel Eberhard II. (s. d.; 1344-92), Sohn Ulrichs III., erwarb sich durch seine Fehdelust den Beinamen der Greiner (auch der Rauschebart). Er vergrößerte sein Gebiet anf Kosten der benachbarten Reichsstände und war namentlich eingefürchteter Feind der Reichsstädte, über die er in dem Fürsten- und Städtekriege, der gegen Ende des 14. Jahrh. Süddeutschland verheerte, 23. Aug. 1388 bei Döffingen zu Gunsten der fürstl. Macht einen glänzenden Sieg erfocht. Sein Enkel Eberhard III. (s. d.) regierte von 1392 bis 1417; dessen Sohn Eberhard IV. (1417-19) erwarb durch Heirat mit der Enkelin und Erbin des Grafen Stephan von Montfaucon, Henriette, die Grafschaft Mömpelgard, die nun fast 400 Jahre lang Eigentum des Hauses W. blieb. Eine Teilung des Landes, welche 1442 zwischen Eberhards IV. Söhnen, den Grafen Ludwig I. und Ulrich V. stattfand, so daß Ludwig die Uracher, Ulrich die Neuffener oder Stuttgarter Linie stiftete, wurde glücklich überwunden durch den unter Mitwirkung der ständischen Vertreter des Landes geschlossenen Vertrag von Münsingen, der (14. Dez. 1482) die Unteilbarkeit des damals bereits 6600 qkm umfassenden Landes sowie die Senioratserbfolge festsetzte. Graf Eberhard V. (s. d.) im Bart, durch diesen Vertrag alleiniger Besitzer des Landes, war einer der besten Fürsten des württemb. Hauses. Er erließ 11. Nov. 1495 die Landesordnung, die erste umfassende Gesetzgebung für das ganze Land, und wurde 21. Juli 1495 auf dem Reichstage zu Worms von Kaiser Maximilian I. zum Herzog erboben, womit zugleich sein Land unveräußerliches Mannslehn wurde. Als Eberhard 1496 kinderlos starb, folgte ihm sein Vetter Eberhard VI. (s. d.), der Jüngere, wurde aber 1498 von den Ständen mit Zustimmung des Kaisers wegen leichtsinnigen Lebens und Regierungsunfähigkeit abgesetzt. Unter Vormundschaft eines ständischen Regiments wnrde dessen minderjähriger Neffe Ulrich (s. d.), der Enkel Graf Ulrichs V., als Herzog eingesetzt und 1503 im 16. Lebensjahre vom Kaiser für mündig erklärt. Ein glücklicher Krieg gegen die Pfalz (1504) verschaffte ihm Ruhm und ansehnliche Besitzungen, während seine Verbindung mit Sabine von Bayern ihm äußeres Ansehen erwarb. Aber Leichtsinn, Verschwendung und schlechte Finanzmittel machten seine Regierung bald verhaßt. Der Druck neuer Steuern und die Erbitteruug über die Verringerung von Maß und Gewicht rief 1514 unter dem Landvolke im Remsthal den Aufruhr des Armen Konrad hervor, der nur dadurch unterdrückt ward, daß der Herzog das allgemeine Verlangen nach einer gesetzlichen Ordnung erfüllte. Im Tübinger Vertrag (8. Juli 1514) erhielt die Landschaft gegen Übernahme der herzogl. Schulden viele Rechte, welche die Grundlage der württemb. Verfassung wurden. Durch Ermordung des Hans von Hutten (Mai 1515) und durch Mißhandlung der Herzogin brachte jedoch Ulrich seine bayr. Verwandten und den süddeutschen Adel gegen sich auf. Zweimal wurde er vom Kaiser in die Acht erklärt. Eine neue Gewaltthat kostete ihm 1519 das Land, das der schwäbische Bund nun an Österreich verkaufte (1520), worauf Kaiser Karl V. seinen Bruder Ferdinand (1522) damit belehnte. Es folgten nun für W. Zeiten harten militär. Drucks und strenger Unterdrückung aller religiös-reformatorischen Regungen, so daß sich das Land nach dem Herzog zurücksehnte. Nach mißlungenen Versuchen brachte Ulrich im Bunde mit Philipp von Hessen und den prot. Fürsten das Land wieder in seine Gewalt, mußte aber in dem Vertrage von Kaaden vom 29.Juni 1534 die österr. Afterlehnschaft anerkennen. Nun wurde die Reformation, namentlich durch Schnepf, der nach des Zwinglianers Blaurer Entfernung die Leitung allein behielt, durchgeführt, die Tübinger Hochschule reformiert, für das Schulwesen aus den reichen Mitteln der eingezogenen Kirchengüter gesorgt. Noch einmal erfuhr Ulrich eine Zeit der Bedrängnis. Nach dem unglücklichen Ausgange des Schmalkaldischen Bundes, dessen Mitglied er war, konnte er sich nur durch demütige Unterwerfung behaupten, mußte das Interim annehmen und ward von den Ansprüchen Ferdinands bedroht. Inzwischen aber starb er 6. Nov. 1550.

Ihm folgte sein Sohn Christoph (s. d.; 1550-68). Dieser wußte dem Drängen Österreichs und der kath. Reaktion zu begegnen und benutzte die Jahre des Friedens zur Aufrichtung einer polit. und kirchlichen Ordnung, die zum Teil bis in die neuere Zeit fortbestand. Unter ihm wurde unter Mitwirkung von Johann Brenz die Reformation vollends durchgeführt, aus den Stiftungen der kath. Kirche ein prot. Kirchengut gegründet, die von seinem Vater errichtete Pflanzschule der Kirchen- und Schuldiener, das sog. Stift in Tübingen, erweitert und verbessert, in den aufgehobenen Klöstern Gelehrtenschnlen angelegt, ein allgemeines Landrecht eingeführt, die landständische Verfassung weiter ausgebildet. Auch das Institut der bleibenden Ausschüsse, der Kern der ständischen Macht, stammt aus seiner Zeit. Dem schwachen und energielosen Sohne Herzog Christophs, Ludwig (1568-93), folgte sein Vetter Friedrich I. (1593-1608), der Sohn des Grafen Georg von Mömpelgard. Friedrich (geb. 19. Aug. 1557), ein Mann von bedeutendem Talent, Bildung und reger Thätigkeit, aber von absolutistischen Grundsätzen beseelt, wollte im Verein mit dem Kanzler Enzlin die Macht der Landstände brechen, was ihm jedoch nur teilweise gelang. Durch Unterhandlungen mit Kaiser Rudolf II. bewirkte er 1599, daß im Prager Vertrag W. aus einem österr. Afterlehn wieder ein Reichslehn wnrde und Österreich nur das Recht der Nachfolge für den Fall des Aussterbens des württemb. Mannsstammes sich vorbehielt. Er starb 29. Jan. 1608. Sein Sohn und Nachfolger Johann Friedrich (1608-28) hob die Neuerungen seines Vaters wieder auf und ließ sogar dem Kanzler Enzlin den Hochverratsprozcß machen und ihn (1613) enthaupten. Die Bedrängnisse des Dreißigjährigen Krieges hatte W.in hohem Grade durchzumachen. Nach der Schlacht bei Nördlingen wurde das Land von österr.-span. Truppen besetzt und mehrere Gebiete an Bayern und einige hohe österr. Beamte verschenkt. Der damalige Herzog Eberhard III. (s.d.; 1628-74) mußte 1634 fliehen. Vier Jahre nachher erfolgte eine teilweise Restitution, im Westfälischen Frieden eine vollständige. Auch 1688-92 litt W. viel Kriegsungemach durch die Franzosen. Unter Herzog Eberhard Ludwig (1677-1733), der sich an dem Spanischen