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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Württemberg (Geschichte)

Erbfolgekriege beteiligte, erfuhr das Land auch das Unglück einer Maitressenregierung. Unter Karl Alexander (s. d.; 1733-37), der in Wien katholisch geworden war, wurde W. durch den Juden Süß-Oppenheimer (s. d.) ausgesogen und bedrückt.

Auch die fast 50jährige Regierung Karl Eugens (s. d.; 1737-93) brachte durch die Genußsucht und Verschwendung des Herzogs viel Unglück über das Land. Seinen gewaltsamen Angriffen auf die verfassungsmäßigen Rechte des Landes setzte der ständische Ausschuß zwar Widerstand entgegen, sorgte aber mehr für Erhaltung seiner Privilegien und eigenen Vorteile als für die Interessen des Landes. Ein mehr als 20jähriger Kampf, in welchem nicht nur der Kaiser, sondern auch Preußen, England und Dänemark zum Schutz der württemb. Verfassung angerufen wurden, endigte 1770 mit dem sog. Erbvergleich, durch welchen die Rechte und Freiheiten des Landes aufs neue bestätigt wurden, der Herzog aber das Geld, das er brauchte, bekam. In den letzten 25 Jahren seiner Regierung bemühte sich Karl Eugen, einigermaßen die dem Lande geschlagencn Wunden zu heilen. Er starb 24. Okt. 1793. Es folgten ihm nacheinander seine zwei Brüder Ludwig Eugen und Friedrich Eugen, die beide nur wenige Jahre regierten. Kaum hatte letzterer die Regierung angetreten, so drangen die Franzosen siegreich in W. ein. Der Herzog schloß mit General Moreau 17. Juli 1790 einen Waffenstillstand, infolgedessen die württemb. Truppen sich von der Reichsarmee trennten, und 7. Aug. 1796 wurde Mömpelgard an Frankreich abgetreten. Nach Moreaus Abzug hatte aber das Land von den Österreichern, die nun einzogen, ebenso große Belästigung zu erdulden als von den Franzosen. Nach Friedrich Eugens Tode (23. Dez. 1797) bestieg dessen ältester Sohn Friedrich I. (s. d.) den Thron, ein begabter, aber gewaltthätiger Herr. Er geriet bald mit den Ständen in Zwiespalt, da er gegen ihren Willen an der zweiten Koalition gegen Frankreich teilnahm. Moreau rückte 1800 wieder in W. ein, besetzte und brandschatzte das Land. Der Herzog, der nach Erlangen geflohen war, kehrte nach dem Lunéviller Frieden zurück und schloß mit Frankreich den Separatfrieden vom 20. Mai 1802, infolgedessen er für das abgetretene Mömpelgard 1803 durch den Reichsdeputatioushauptschluß eine ansehnliche Entschädigung durch die Propstei Ellwangcn, die Abteien Schönthal und Zwiefalten, fünf Klöster und Stifter und neun Reichsstädte (Reutlingen, Eßlingen, Rottweil, Gmünd, Heilbronn, Hall u. a.), zusammen 2200 qkm mit 121688 E., und die Kurwürde erhielt. Als 1805 ein neuer Krieg zwischen Frankreich und Österreich drohte, suchte Friedrich eine neutrale Stellung zu gewinnen, der aber Napoleon I. durch sein plötzliches Erscheinen in Ludwigsburg ein schnelles Ende machte. Am 5. Okt. erfolgte der Abschluß eines Allianzvertrags, worauf der Kurfürst seine Truppen zu Napoleon I. stoßen ließ. Durch den Preßburger Frieden vom 26. Dez. 1805 erhielt er die Königswürde, die österr. Besitzungen in Oberschwaben, mehrere Grafschaften und die Landvogtei Altdorf (mit zusammen 121857 E.); Österreich verzichtete auf sein Anwartschaftsrecht von 1599.

Friedrich nahm 1. Jan. 1806 die Königswürde an, hob die Verfassung auf, vereinigte Altwürttemberg und die neuen Gebiete zu einem Ganzen und gab durch das Religionsedikt vom 15. Okt. den drei christl. Konfessionen gleiche Rechte. Am 12. Juli 1806 trat er dem Rheinbund bei und erhielt durch Mediatisierung einiger fürstl. und gräfl. Häuser und durch Gebietsabtretungen weitern Länderzuwachs (mit über 250000 E.). Doch mußte er in allen Napoleonischen Kriegen sein Kontingent stellen. Der Wiener Friede vom 14. Okt. 1809 und der daraus erfolgte Vertrag von Compiègne brachte eine neue Vergrößerung, darunter die (seit 1805 bayrische) frühere Reichsstadt Ulm und das deutschmeisterliche Gebiet von Mergentheim. W. hatte nun etwa 1380000 E. Sein Flächeninhalt hatte sich mehr als verdoppelt. Zum russ. Feldzug mußte W. ein Heer von 16000 Mann stellen, von welchen nur einige Hundert zurückkehrten. 1813 kämpften die württemb. Truppen unter Napoleons I. Fahnen gegen Preußen und Österreich. Am 2. Nov. 1813 sagte sich König Friedrich durch den Vertrag zu Fulda von Napoleon I. los, trat zu den Verbündeten über, nachdem ihm Österreich den ungeschmälerten Besitz seines alten und neu erworbenen Gebietes und die Erhaltung seiner Souveränität verbürgt hatte, und ließ seine Truppen 1814 und 1815 zu der unter dem Fürsten Schwarzenberg in Frankreich einrückenden Armee stoßen. Auf dem Wiener Kongreß suchte der König eine Schmälerung seiner Souveränität durch eine Deutschland einigende Bundesverfassung auf jede Weise zu hindern. Er bot nach seiner Rückkehr von Wien durch ein Manifest vom 15. März 1815 seinem Volke eine ständische Vertretung an, um den etwaigen Anforderungen des Bundestags zuvorzukommen und sich einen Rückhalt zum Widerstand gegen die Großmächte zu verschaffen, trat übrigens 1. Sept. 1815 dem Deutschen Bunde bei. Die württemb. Stände forderten jedoch die Wiederherstellung der alten Verfassung und beharrten auch darauf, als Friedrich seine Angebote steigerte und Zugeständnisse machte. Während der Verhandlungen starb der König 30. Okt. 1816.

Sein Sohn und Nachfolger, König Wilhelm I. (s. d.), bot 1817 einen dritten, noch freisinnigern Verfassungsentwurf an; aber auch dieser wurde abgelehnt, weil die Majorität der Stände an den Bestimmungen der alten Verfassung über ständische Steuerverwaltung und an einem bleibenden, mit großen Befugnissen ausgerüsteten ständischen Ausschuß festhielt. Als König Wilhelm 1819 aufs neue eine Verfassung anbot, in welcher manche liberalen Bestimmungen des Entwurfs von 1817 fehlten oder abgeschwächt waren, beeilten sich endlich die Vertreter des Volks, durch die bereits einreißende Reaktion eingeschüchtert, die Verhandlungen zum Abschluß zu bringen. Am 25. Sept. 1819 wurde die Verfassungsurkunde unterzeichnet. Der 1820 eröffnete erste Landtag war ein gefügiges Werkzeug in der Hand der Regierung. Die Eröffnung der 1831 gewählten Ständeversammlung, in welcher die Opposition durch tüchtige Kräfte vertreten war, wußte die Regierung bis ins Frühjahr 1833 hinauszuziehen, wo die polit. Aufregung sich bereits gelegt hatte. Als dennoch die liberale Opposition die Oberhand zu gewinnen schien, wurde die Versammlung nach zwei Monaten aufgelöst.

Für die neue Kammer wurden zwar die bedeutendsten Vertreter der Opposition, Uhland, Pfizer, Schott, Römer, wiedergewählt, aber die Zahl der entschieden gesinnten Mitglieder war auf 18-20 herabgesunken und ihre Anträge blieben ohne Erfolg. Als die Zollvereinsfrage im Sommer 1833 in der Kammer zur Verhandlung kam, stimmte ein großer Teil der liberalen Opposition dagegen. Bei