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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Baker - Bakterien
fahrt machenden Schiffen aus gut gefehen werden
können. Sie geben entweder durch ihre Stellung
unter sich oder in Verbindung mit andern Land-
marken bestimmte Richtungen, z. B. die Kompaß-
richtung Ost-West, an und sind an ihrem obern Ende
mit bestimmten, weithin erkennbaren Unterschei-
dungszeichen, z.V. liegenden Kreuzen, Ringen u.s.w.,
ausgestattet.
*Baker, Sir Samuel White, starb 30. Dez.
1893 auf seinem Gut Sanford Orleigh bei Newton
Abbot in Devonshire. - Vgl. Murray und White,
3ir 8NNU6I L. (Lond. 1895).
^Bakterien, Spaltpilze oder Schizomy-
ceten, kleinste pflanzliche einzellige Lebewesen, die
sich durch Zweiteilung, durch Querspaltung, ver-
mehren. Ihrem physiol. Verhalten nach sind die V.
durch den fast durchgängig anzutreffenden Chloro-
phyllmangel und die hierdurch bedingtenErnährungs-
verhältnisse am meisten den Pilzen verwandt, wes-
halb sie auch den Namen Spaltpilze erhielten und in
de Barys System der niedern Pilze als besondere
Klasse aufgenommen wurden; daneben bestehen aber
unzweifelhaft verwandtschaftliche Beziehungen zu
manchen Algen einerseits sowie zu den Flagellaten,
gewissen tierischen niedersten Lebewesen andererseits.
Das Zwischenglied zwischen B. und Schimmelpilzen
wird durch die Streptotricheen hergestellt, die man
früher auch wohl den V. felbst zurechnete und mit
einigen algenähnlichen Formen, den Cladotricheen
und Crenotricheen, als Spaltpilze von variabler
Wuchsform zusammenfaßte. Innerhalb der V. wird
zunächst nach morpholog. Charakteren die Hauptein-
teilung in Kokten (kugelige Individuen), Bacil-
len (gerade cylindrifche Stäbchen) und Spirillen
(gekrümmte Formen) angenommen. Die Kokken zer-
fallen je nach der Art der Wachstumsrichtung in
Diplokokken (grch. äipi008, doppelt), die immer
nur zu zweien aneinander haften, aber keine größern
Verbände bilden; ferner in Staphylokokken (grch.
8wp1ixi08, Traube), bei denen die Wachstumsrich-
tung beständig regellos wechselt und demnach die
neugebildeten Individuen in unregelmäßigen Haufen
gelagert sind, ferner in Streptokokken (grch.
ktreptoZ, Halskette), bei denen Wachstum und Tei-
lung stets nur in einer Richtung vor sich geht und
demnach lineare Verbände, Ketten, entsteben; dann
findet sich bei einigen Arten ein regelmäßiges Ab-
wechseln der Teilungsrichtung in zwei aufeinander
senkrecht stehenden Ebenen, wodurch regelmäßige
quadratische Gruppen von je 4 Kokken, istrassonuF,
^leriLinopLäiN, NeriLtk genannt, entstehen; erfolgt
endlich die Teilung in regelmäßiger Weise in allen
drei Dimensionen des Raumes, so entstehen die
pakctförmigen Gebilde der Sarcine (lat. 8ln-cink6,
Gepäckstücke). Neben und innerhalb diefer rein
morpholog. Einteilung macht sich aber das Be-
streben geltend, ein auf der Berücksichtigung aller
Eigenschaften, insbesondere der biologischen und
kulturellen Merkmale basierendes natürliches
System der B. zu schassen, welches die B. nach ihren
natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen gruppiert
und auch den phylogenetischen Verhältnissen gerecht
wird. Obgleich eine solche Einteilung noch nicht all-
gemein durchgeführt ist, so sind doch schon eine Anzahl
solcher natürlichen Gruppen unterschieden worden,
so die Gruppe der Streptokokken, der Nitrobakterien,
der roten Schwefelbakterien, des Typhusbacillus
und der. typhusähnlichen B., die peptonisierenden V.
der Kuhmilch, die Gruppe des li-oteus, die des
' Choleravibrio und der verwandten choleraähnlichen
Vibrionen,diedesDiphtheriebacillusundderPseudo-
diphtheriebacillen, die des Tuberkelbacillus und des
nahe verwandten ^ctinoinxceL. Die Aufstellung
dieser natürlichen Gruppen ist auch von hohem prak-
tischem Interesse, weil hierdurch eine außerordent-
lich genaue monographische Durchforschung der ein-
zelnen Arten und eine sehr scharfe Differential-
diagnose zwischen nahe verwandten Arten, die bis
dahin zusammengeworfen oder als Variationen einer
Art bezeichnet worden waren, ermöglicht wird; wie
bedeutsam es aber ist, z. V. den Cholcravibrio und
den Typhusbacillus gegenüber dem Heer der ver-
wandten ähnlichen Arten (in beiden Fällen sind
weit über hundert wohlunterschiedene verwandte
Arten bekannt) unterscheiden zu können, bedarf
keiner Auseinandersetzung.
über die feinere Struktur des von einer Zellhaut
eingeschlossenen Zelllcibes der V. stehen sich gegen-
wärtig noch zwei Ansichten gegenüber; nach Bütschli
besitzt die Vakterienzelle einen den Zellkernen höherer
Zellen nach chem. Beschaffenheit und Färbbarkeit
durchaus analogen Centralkörper von charakteristi-
scher wabiger Struktur und außerdem eine periphere,
dem Plasma höherer Zellen entsprechende Ninden-
schicht; nach A. Fischers neuesten Untersuchungen
jedoch hat die Vakterienzelle im wesentlichen den-
selben Aufbau wie jede andere Pflanzcnzelle, d. h.
besteht aus Zellhaut, einen der Wand anhaftenden
Protoplasmakörper und Zellfaft; Kerne sind bisher
noch nicht nachgewiesen worden. Die Verdichtung
des Protoplasten zu einem von der Zellwand abge-
lösten Centralkörper, die thatsächlich bäufig zu sehen
ist, darf nicht als Kern gedeutet werden, sondern er-
klärt sich durch Plasmolyse, d. h. durch künstliche
Kontraktion des Protoplasmas unter dem Einfluß
wasserentziehender Mittel, z. V. Salzlösungen, die
in das Plasma eindringen. Die Erscheinungen der
Plasmolyse an V. sind von A. Fischer sehr eingehend
studiert worden (in den "Untersuchungen über B.",
Verl. 1891). Außerhalb derZellhaut befindet sich dann
noch eine schleimige bis gallertige Hülle, die bei ver-
schiedenen Arten eine sehr verschiedene Ausdehnung
erreicht und das Zusammenhaften der B. in Kolo-
nien und Zooglöen ermöglicht. Von der Zell-
haut gehen außerdem die Vewegungsorgane der B.,
die Geißeln oder Cilien aus; es sind dünne,
lange, biegsame Fäden, die meist nur sehr schwierig
und mit Hilfe befonderer Färbemethoden sichtbar
gemacht werden können; ihre Zahl und Anordnung
ist bei verschiedenen Arten sehr verschieden, für jede
einzelne Art aber typisch. Entweder sitzt nur eine
Geißel an dem einen Ende des Vakteriums, wie z. B.
beim Choleravibrio, oder es findet sich ein ganzes
Büschel von Geißeln an einem oder auch an beiden En-
den, z. V. bei vielen großen Spirillen aus Jauche
u. s. w.; oder die Geißeln sind als diffuser Behang über
den ganzen Zellleib verteilt und entspringen also auch
von den Seiten, entweder in ziemlich geringer An-
zahl, wie beim Typhusbacillus (mit 8 Geißeln), oder
zu Hunderten, wie bei manchen Proteusarten. Das
funktionelle Verhalten der Geißeln der B. ist ganz
analog dem der Flagellaten. In ältern Kulturen
sind viele Geißeln losgelöst und finden sich zuweilen
1U wunderlichen zopfartigen Gebilden verflochten;
die letztern entstehen wahrscheinlich dadurch, daß die
B. bei lebhafter Bewegung, in engem Raume zu-
sammengedrängt, häufig aneinander hängen bleiben
und sich so ihre Geißeln miteinander verflechten.