Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

201
Börse
die einzelnen Makler gutachtlich zu hören. Die
Kursmakler dürfen für eigene Rechnung oder in
Kommission nur infoweit Handelsgeschäfte in den
betreffenden Geschäftszweigen machen oder Bürg-
schaft übernehmen, als dies zur Ausführung der
Geschäfte nötig ist; auch dürfen sie in der Regel kein
sonstiges Handclsgewerbe betreiben oder als Gesell-
schafter daran beteiligt sein, ebensowenig zu einem
Kaufmann in dem Verhältnis eines Prokuristen,
Handlungsbevollmächtigten oder.Handlungsgehilfen
stehen. Nur die durch Kursmakler abgeschlossenen
Geschäfte haben Anspruch auf Berücksichtigung bei
der amtlichen Notierung. Als Börsenpreis ist der
Preis festzusetzen, welcher der wirklichen Geschäfts-
lage des Verkehrs an der B. entspricht.
Die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhan-
del erfolgt durch eine Kommission (Zulassungs-
stelle), deren Mitglieder mindestens zur Hälfte nicht
in das Vörscnregister für Wertpapiere eingetragen
sein dürfen. Bei der Beratung und Beschlußfassung
über die Zulassung sind Mitglieder auszuschließen,
welche an der Einführung des betreffenden Papiers be-
teiligt sind. Die Zulassungsstelle hat die Vorlegung
der Urkunden, welche die Grundlage für die zu emit-
tierenden Wertpapiere bilden, zu verlangen und diefe
Urkunden zu prüfen, für die Vollständigkeit der An-
gaben, welche für das Publikum von Wichtigkeit
sind, zu sorgen, Emissionen nicht zuzulassen, durck
welche erhebliche öffentliche Interessen geschädigt
oder die Käufer übervorteilt werden. DicZutassungs-
stelle darf die Emission ohne Angabe von Gründen
ablehnen, in welchem Falle sie den übrigen deut-
schen B. Mitteilung zu machen hat, welcke dann,
wenn die Ablehnung aus andern als örtlichen Ver-
hältnissen erfolgte, nur mit Zustimmung der erst-
genannten Stelle die Papiere zulassen dürfen. Die Zu-
lassungsstelle kann bereits zugelassene Wertpapiere
wieder ausschließen. Die Zulassung deutscher Rcichs-
und Staatsanleihen darf jedoch nicht versagt werden,
über die Zuläfsigkeit von Beschwerden gegen die
Entscheidung der Stelle wird durch die Börsenord-
nungen bestimmt. Aktien eines zur Aktiengesellschaft
oder Kommanditaktiengesellfchaft umgewandelten
Unternehmens dürfen vor Ablauf eines Jahres nach
der Eintragung in das Handelsregister und vor
Veröffentlichung der ersten Jahresbilanz nebst Ge-
winn- und Vcrlustrechnung nicht zum Vörsenhandcl
zugelassen werden (sog. Sperrfrist). Auslän-
dische Gesellschaften, welche ihre Anteilscheine oder
staatlich nicht garantierten Obligationen an einer
deutschen V. einführen wollen, müssen sich vcrpflick-
tcn, auf die Dauer von fünf Jahren ihre Bilanz und
Gewinn- und Verlustrechnung in einer oder mehrcrn
deutschen Zeitungen zu veröffentlichen. Nicht zum
Vö'rsenhandel zugelassene Wertpapiere dürfen amt-
lich nicht notiert werden, Kursmaklcr dürfen Ge-
schäfte in solchen Papieren nicht vermitteln, und es
ist verboten, über sie Kurszettel auszugeben, soweit
nicht die Börsenordnung Ausnabmen gestattet. Dcr
Bundesrat bestimmt den Mindestbctrag des Grund-
kapitals, welcker für die Zulassung von Aktien an
den einzelnen B. maßgebend sein soll, sowie den
Mindestbctrag der einzelnen Stücke. Das Gesetz ent-
hält ausführliche Bestimmungen über die Ersatz-
pflicht derjenigen, welche in dem Prospekt, auf
Grund dessen die Wertpapiere zugelassen sind und
der vor Zulassung zu veröffentlichen ist, unrichtige
Angaben machen oder von den Unrichtigkeiten Kennt-
ms hatten oder haben mußten, ferner derjenigen,
welche den Prospekt erlassen haben oder von welchen
der Erlaß ausgeht, wenn sie wichtige Thatsachen bös-
lich verschwiegen oder eine ausreichende Prüfung bös-
lich unterlassen haben. Der Ersatzanspruch verjährt
in fünf Jahren seit der Zulassung der Wertpapiere.
Über den Vörscnterminhandel sind folgende
Bestimmungen von großer Wichtigkeit. AlsVörsen-
termingefchäfte in Waren oder Wertpapieren gelten
Kauf- oder sonstige Anschaffungsgeschüfte auf eine
bestimmte Lieferungszcit oder mit einer fest be-
stimmten Lieferungsfrist (alfo ohne Nachfrist, s. Fix-
geschäft, Bd. 6),' wenn sie nach Geschäftsbedin-
gungen gefchlossen werden, die von dem Börsenvor-
stande für den Torminhandel festgesetzt sind, und
wenn für die an der betreffenden B. geschlossenen
Geschäfte solcher Art eine amtliche Feststellung von
Terminpreisen erfolgt. Über die Zulassung von
Waren und Wertpapieren zum Vörsenterminhandel
entscheiden die Börsenorgane nach näherer Bestim-
mung der Börsenordnung; sie müssen aber vorher
in jedem einzelnen Falle Vertreter der beteiligten
Erwerbszweige gutachtlich hören und das Ergebnis
dem Reichskanzler mitteilen. Nur wenn dieser er-
klärt hat, daß er zu weitern Ermittelungen keine
Veranlassung finde, darf die Zulassung erfolgen.
Tcr Bundesrat tann den Terminhandel von Bedin-
gungen abhängig machen oder in gewissen Waren
oder Wertpapieren ganz untersagen. In Anteilen
von Bergwerks- und Fabrikunternehmungen ist er
verboten, in Anteilen von andern Erwerbsgesell-
schaften nur erlaubt, wenn das Kapital mindestens
20 Mill. M. beträgt. In Getreide und Mühlen-
fabrikatcn ist der Terminhandel ebenfalls untersagt.
Nicht zugelassene Börscntermingeschäste dürfen von
den Kursmaklern nicht vermittelt und über sie, so-
weit sie im Inland abgeschlossen, Kurszettel nicht
veröffentlicht oder in mechanisch hergestellter Ver-
vielfältigung nicht verbreitet werden. Wird die
Zulassung gewisser Waren oder Wertpapiere zum
Vörsentcrminhandel nicht nachgesucht, so kann ein
thatsächlich stattfindender Terminhandcl von den
Vörsenaussichtsbehörden mit der Wirkung unter-
sagt werden, daß sich hieran die gleichen Folgen,
wie an Nichtzulassung knüpfen. Desgleichen ist ein
von der Mitwirkung der Vörfenorgane unab-
hängiger Terminhandel von der V. ausgeschlossen,
soweit er sich in den für Vörfentermingeschäfte
üblichen Formen vollzieht. Bei jedem zur Führung
des Handelsregisters zuständigen Gericht ist je ein
Vörsenregister für Waren und für Wertpapiere
zu führen, in welches die Personen, welche Vörsen-
termingcschäfte betreiben, nach Namen, Stand und
Wolmort eingetragen werden. Das Börsenregister
ist öffentlich. Die Eintragungsgebührbeträgt 150M.;
für jedes folgende Kalenderjahr ist eine Erbal-
tungc-gebühr von 25 M. zu entrichten. Die Ein-
tragungen werden von dem Gericht ohne Verzug
und ihrem ganzen Inhalt nach im Reichsanzeiger
und in den für das Handelsregister bestimmten son-
stigen Blättern bekannt gemacht. Durch ein Börsen-
tcrmingesckaft in einem Geschäftszweige, für welchen
nicht beide Parteien zur Zeit des Geschäftsabschlusses
in ein Börsenregister eingetragen sind, wird ein
^ckuldvcrhä'ltnis nicht begründet; auch dann nicht,
wenn das Geschäft im Auslande geschlossen oder zu
erfüllen ist. Das Gleiche gilt von der Erteilung und
Übernahme von Aufträgen sowie von der Vereini-
gung zum Abschluß von Börsctttcnttittgeschä'ften.
Die Unwirksamkeit umfaßt auch bestellte Sicherheiten