Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Buddhismus'
folge. So ist der Großlama von Lha-sa die stete Wiedergeburt des Avalokiteçvara, welcher also die Rolle eines Spiritus rector der Kirche führt.
Es ist erwähnt worden, daß schon in die Mahâyânaschule zoroastrische Ideen eindrangen, noch stärker mußte die Religion modifiziert werden in Ländern, die bis zur
Einführung der Buddhalehre eine ganz eigenartige selbständige Kultur entwickelt hatten, wie China und Japan, oder die überhaupt erst durch den B. der Kultur
erschlossen wurden, wie Tibet und die Mongolei. In China konnte der B. dem lebenszähen und genußsüchtigen, dabei nüchternem
Charakter des Volks entsprechend nur wirksam eingreifen, indem er sich den Ahnenkult sicherte. Die alteingeprägte kindliche
Liebe, der Kult der verstorbenen Eltern war der Punkt, über den die buddhistischen Missionare Aufklärung geben konnten (vgl. de Groot,
Le code du Mahâyâna en Chine, Amsterd. 1893; ders.,
Les fêtes annuellement célebrées à Emoui, Actes du 6ᵉᵐᵉ Congrès international des Orientalistes à Leide, IV, 1885;
ders., The religious systems of China, Leiden 1892). Im übrigen hat die Mahâyânaschule in China die durchaus unfruchtbare
Dhyânischule als die herrschende unter den Foisten entwickelt. Daneben bestehen im nördl. China auch zahlreiche zum Teil
kaiserlich dotierte Klöster tibetischer Lamas, sie stehen unter einem besondern Huthuktu, dem sog. Tschangtscha Huthuktu von Peking. In
Japan wurde die Ausgleichung des alten Kamidienstes (s.
Japan [Religion], Bd. 9 und Japanische Mythologie und Religion) mit der neuen aus Korea schon um
552 n.Chr. eingeführten Lehre durch die Sekte des Mönchs Sin-ran vollzogen; er wußte die einheimischen Götter in das System einzugliedern, zum Teil mit den
Hindûgöttern des Mahâyâna zu identifizieren. Es darf nicht vergessen werden, daß diese ind. Einflüsse auf die alte
Shin-tō-Religion wieder umgestaltend gewirkt haben, so daß manches jetzt alt und echt Aussehende nur eine Reaktion gegen das
Fremde mit demselben Material (Legendenstoffe, Märchenkult, feste Gliederung des Pantheons) bedeutet. So sind z.B. die shintoistischen Tori-i’s nach Fergusson nur
Nachbildungen der altbuddhistischen Holz- (später Stein-)Thore (torâna’s) Indiens. Ein Tori-i, das sich am Eingang zum
Tempelhof des Jejasu (geb. 1542), des vergöttlichten Gründers des Schogunats, befindet, zeigt Taf.
I, Fig. 7, links. In Tibet, wo vor dem B. die alte Teufelsbannerei der Bon gewesen
war, liegen ähnliche Verhältnisse vor, nicht nur daß die magischen Schulen der Rotmützen aus dem Wettkämpfe mit den Bon-Schamanen sich besonders entwickelten,
auch die alte Religion selbst hat dabei so viel Indisches angenommen, daß man aus dem bis jetzt bekannten kaum ein Bild über die ursprüngliche Form gewinnen kann.
Wie sich aus dem Gesagten ergiebt, besteht die Kirche nur aus dem Mönchtum, der heiligen Gemeinde
(sañgha); der Laie hat am Kult nur geringen Anteil (Predigt hören, Almosen geben u.s.w.). Was nun das Mönchtum (südl. Kirche)
betrifft, so ist im Artikel Buddha (s. d., Bd. 3) erwähnt worden, daß der Novize (samaṇera) im 20. Jahre in
den Orden aufgenommen werden kann. Der Lehrer des Novizen spielt dabei eine empfehlende Rolle und der Vorsitzende bindet am Schluß der Ceremonie dem Aufzunehmenden
den Almosentopf um den Hals. Besitzen darf der Mönch nur folgende Dinge: drei Kleidungsstücke (ticîvara), ein Lendentuch
↔ (antaravâsaka), ein Unterkleid (sañghâṭi) und eine Robe
(uttarasañgha) von gelber oder gelbbrauner Farbe, einen Gürtel (kâyabandhana), den
Almosentopf (patta), jetzt häufig in einer Hängetasche (Siam) oder einem Netze (Birma)
thavikâ getragen, ein Rasiermesser (vâsi), eine Nähnadel
(sûci), ein Wasserfilter (parissâvana), um Tiere im Trinkwasser vor dem Verschlucktwerden
zu retten, und die Zahnhölzer (dantakaṭṭha) zur Reinigung der Zähne. Dazu kommen in der modernen Kirche noch Sandalen und
Palmblattfächer, hinter denen der Mönch sich vor Frauen verbergen soll. Von diesen Fächern (tâlapaṇṇa) stammt der in Europa
gebräuchliche Ausdruck Talapoinen. (S. Taf. III, Fig. 5.) In der nördl. Kirche
sind infolge des rauhern Klimas von Tibet und der Mongolei die Mönchkleider vermehrt um Hosen, hohe Stiefel und Mützen oder Filzhüte; das Material ist grober
Wollenstoff von gelber, braunroter, hochroter Farbe. Zu dem Würdezeichen des vollordinierten Mönchs (tibetan. dge-slong)
gehören noch Donnerkeil (s. Taf. II, Fig. 6,
vajra, tibetan. rdo-rje) und Glocke (ghaṇṭâ, tibetan.
dril-bu, s. Taf. II, Fig. 8, und
I, Fig. 6). Statt des Almosentopfes (patta) des
Südens hat der Mönch des Nordens sein Holznäpfchen für den im Kloster durch Laienalmosen gespendeten Thee im Gürtel und dabei wohl auch Pincetten, Zahnreiniger,
Pfeife, Tabak und Feuerzeug in besondern Taschen. Das Mönchskostüm in China (Foisten) ist im Schnitt dem der Lamaisten ähnlich, doch sind weniger Mützen und
andere Formen, auch Strümpfe und Sandalen im Gebrauch. (Koreanischer Mönch s. Taf. III, Fig. 2; Mönch (Abt von den Liu-kiu-Inseln s. Taf.
III, Fig. 3.) Eine eigentümliche Ceremonie, welche ihre legendarische Begründung
findet in den Peinigungen (ins Feuergehen u.s.w.) derjenigen, welche die Bodhisatvacarriere anstreben, ist bei der Aufnahme des Mönchs in der Mahâyânaschule
Chinas im Gebrauch. Das Haar des Novizen wird nämlich nicht geschoren, sondern auf dcm Kopfe abgebrannt. Die Kleider der buddhistischen Religiosen Japans sind
denen Chinas ähnlich, doch sind die Farben verschieden: rot und schwarz, blau und schwarz und grau sind vorherrschend. (S. Taf.
III, Fig. 8.) Eine eigentümliche Einrichtung, welche in China und Japan wie im
christl. Mittelalter vorkam, ist die Heranziehung der Mönche zur Verteidigung von Haus und Altar. In Japan giebt es eine Art Einsiedler, wandernde Halbmönche, die
sog.Yama-bushis, welche diese Verpflichtung auf sich nahmen. Sie geben in Laientracht, tragen ein großes Schwert, eine Rassel, eine Muscheltrompete, Halsgehänge
mit runden Quasten, je nach dem Range, eine kleine Mütze, wie eine winzige Studentenmütze auf der Stirn, einen Beutel über der Schulter, darin Bücher, Geld u.s.w.,
und Strohschuhe bei ihren Pilgerfahrten. (S. Taf. III, Fig. 7.) Die alte Kirche
kannte auch Nonnen. Dies Institut geht der Legende nach auf Buddhas Lieblingsschüler Ânanda zurück. Der Lamaismus hat heute
noch Nonnen (auch China, Japan, s. Taf. III, Fig. 1). Am berühmtesten ist das
Kloster Samding (tibetan. bSam-Idiṅ), in welchem Mönche und Nonnen unter einer inkarnierten Äbtissin
(Vajravarâhî, tibetan. rDo-rje-phag-mo) in strenger Disciplin hausen. In einem Raume
dieses Klosters stehen die Mumien der frühern Inkarnationen dieser Göttin. Einmal in ihrem Leben muß die Äbtissin diese Mumien besuchen u.s.w.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 231.