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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutschland und Deutsches Reich
land Ende 1895 über 2500 Zeitschriften. Unter den
neu begründeten erwarben sich eine größere Verbrei-
tung "Die Zukunft" (Berlin), "Die Kritik" (Berlin),
"Die Jugend" (München), "Cosmopolis" (Inter-
nationale Revue, Berlin), ein in seiner Art neues
Unternehmen, und die "Romanwclt" (Berlin). An
wissenschaftlichenZeit-und Vereinsschriften erscheinen
über 4000 in allen Sprachen (vgl. das Verzeichnis
der königl. Bibliothek, Verl. 1892); hiervon entfällt
auf Deutschland allein annähernd der dritte Teil
(vgl. Verzeichnis der in Deutschland erschienenen
wissenschaftlichen Zeitschriften,Verl. 1893). DieZahl
der in deutscher Sprache erscheinenden Zeitschriften
und Tageszeitungen hat sich seit 1892 von 7350 auf
8004 vermehrt. Hiervon erschienen 1. Jan. 1896 in
Deutschland 7035; bis zum 20. Juni 1890 sind seit-
dem 466 neu hinzugekommen, während 366 gelöscht
wurden. In Hamburg entstand die "Neue Ham-
burger Zeitung", in Berlin die beiden polit. Blätter:
"Deutsche Tageszeitung", offiziöses Organ des Bun-
des der Landwirte, und die "Deutsche Zeitung"
(Herausgeber Dr. Friedr. Lange). Industrielle In-
teressen nimmt im besondern die 1890 begründete,
unparteiische "Deutsche Warte" wahr, die zur Re-
gierung nähere Beziehungen gewonnen hat. Ver-
bunden mit der letztern sind seit Neujahr 1896 das
alte "Berliner Intelligenzblatt" und der junge Ab-
leger der "Täglichen Rundschau", die "Volksrund-
schau". Ausführliche histor. Nachrichten über die
Berliner Presse enthält "Das litterar. Berlin" (Berl.
1895). Eine wachsende Ausbildung ist ferner in
dem Zeitungs-Korrespondenzwesen zu verzeichnen.
An sog. Feuilleton-, politischen oder lokalen Kor-
respondenzen ist eine Überproduktion eingetreten,
während andererseits das gesteigerte Bedürfnis nach
stofsvorbereitenden periodischen Schriften anerkannt
werden muß. Auch die preuß. Regierung hat sich
auf Anregung des frühern Ministers des Innern,
von Koller, zur Herausgabe einer amtlichen "Ber-
liner Korrespondenz" entschlossen, die auf Wunsch
allen Redaktionen des Reichs unentgeltlich zur Ver-
fügung steht. Sie enthält offizielle Mitteilungen
aus sämtlichen Ministerien und macht sich die Be-
richtigung falscher Preßgerüchte zur besondern Auf-
gabe. Die neue Einrichtung entspricht jedoch dem
Bedürfnis der Regierung in Benutzung der Presse
nicht vollkommen, weswegen nebenbei die "Nord-
deutsche Allgemeine Zeitung", die "Kölnische Zei-
tung", die "Münchener Allgemeine Zeitung", der
"Hamburger Korrespondent" u. a. ihren bisherigen
offiziösen Charakter zu behaupten vermochten.
Litterarische Produktion. An litterar. Erzeug-
nissen erschienen 1894: 22570, 1895: 23607 Stück.
Davon kommen auf Encyklopädien, Sammelwerke
u.a. 359, 395; auf Theologie 2073, 2180; auf
Rechts- und Staatswissenschaft 2180. 2261; auf
Heilwissenschaft 1631,1651; auf Naturwissenschaf-
ten, Mathematik 1201,1286; auf Philosophie 240,
225; auf Erziehung und Unterricht, Iugendschriften
3611, 3732; auf Sprach- und Litteraturwissenschaft
1455,1361; auf Geschichte 894,869; auf Erdbeschrei-
bung, Karten 1176, 1214; auf Kriegswissenschaft
562, 717; auf Handel und Gewerbe 1102, 1229;
auf Bau- und Ingenieurwissenschaft 590, 615; auf
Haus-, Land- und Forstwissenschaft 713, 807; auf
Schöne Litteratur 1791,1756; auf Kunst 1287,1358;
auf Volksschriften und Vermischtes 1702, 1951. -
Die Einfuhr an Büchern, Landkarten und Musi-
kalien betrug 1395: 3391300 K3 im Werte von
15,4 Mill. M., die Ausfuhr 10960700 KZ im Werte
von 52,6 Mill. M.
Der Kunsthandel brachte 1894 und 1895 fol-
gende Neuigkeiten: Kupferstiche und Radierungen
92, 124; Photogravüren und Heliogravüren 346,
552; farbige Drucke 295, 242; Photographien 980,
2895; Licht-und Pigmentdrucke 510,470; illustrierte
Prachtwerke 392, 400; Architektur- und gewerbliche
Vorlagewerke 182, 244; zusammen 2797 und 4837.
Die Einfuhr betrug 1895: 530200K3 im Werte von
5,83 Mill. M., die Ausfuhr 4201700 K3 im Werte
von 46,22 Mill. M.
Im Musikalienhandel begannen statist. Auf-
stellungen der jährlichen Erscheinungen von 1891 an
und gaben folgende Resultate:
Musikalien
1891
1892
1893
1894
1835
Instrumentalmusik . Vokalmusik..... Schriften zur Musik.
5024 3287 298
5462 3966 325
6071 3976 325
6 397 3 986 431
6 86? 3 756 313
Zusammen > 8609 j 9753 j 10 372 I 10 814 > 10 936
Die Zahl der Buch-, Kunst-, Musikalien- und
Landkartenhandlungen betrug 1896: 6506.
Litteratur ferner: Trinius, Alldeutschland in
Wort und Bild (2. Aufl., 3 Bde., Verl. 1895);
E. Küster, Die deutschen Buntsandsteingcbirge sin
den "Forschungen zur deutschen Landeskunde", Bd. 5,
1891);F.Wahnschaffe,DieUrsachendcrOberflächen-
gestaltung des norddeutschen Flachlandes (in den
"Forschungen zur deutschen Landeskunde", Bd. 6,
1892); P. E. Richter, IMIiotliLca. Fso^rapliicH
66lmll.uia6. Litteratur der Landes- und Volkskunde
des Deutschen Reichs (Lpz. 1896).
Geschichte 1892-96. Eine schwere Gefahr be-
drohte im Sommer 1892 Deutschland, als plötzlich
Mitte August in Hamburg die Cholera auftrat.
(S. Hamburg, Geschichte, Bd. 8.) Nun blieb zwar
die Pest auf .Hamburg beschränkt, aber die ohnehin
üble wirtschaftliche Lage wurde durch die Stockung
des Kamburger Handels noch ungünstiger, und auch
der Plan, die wirtschaftliche Depression durch eine
Weltausstellung in Berlin 1896 oder 1900 zu heben,
scheiterte teils an der Abneigung der Großindu-
striellen, teils an dem Bedenken, mit Paris in Kon-
kurrenz zu treten, wo für 1900 eine Ausstellung geplant
wurde. Trotz dieser trüben ökonomischen Verhältnisse
trat die Regierung im Herbst mit einer neuen Mili-
tärvorlage vor den Reichstag, die große finanzielle
Opfer erheischte, weil sie für die nächsten fünf Jahre
eine Mehreinstellung von60000Rekrutenund 12000
Unteroffizieren forderte und die Friedenspräsenzstärke
auf durchschnittlich 492000 Mann (ausschließlich der
Einjährig-Freiwilligen) und 78 800 Unteroffiziere
erhöhen wollte. Um die Kosten nicht unerschwing-
lich zu machen, sollten die Fuhtruppen im allgemei-
nen nur zwei, anstatt wie bisher zum größten Teile
drei Jahre bei der Fahne bleiben; und damit die
Ausbildung durch die Verkürzung der Dienstzeit nicht
litte, war einerseits die Erhöhung der Etatsstärke,
andererseits die Errichtung von einem vierten Ba-
taillon bei jedem Regiment vorgesehen. Diese vier-
ten aus 2 Compagnien bestehenden Bataillone soll-
ten den drei ersten Bataillonen durch Übernahme
verschiedener Dienstzweige und des größten Teils
der außerhalb der Front Kommandierten Entlastung
gewähren und ferner im MobilmachungsfaNe die
Aufstellung der Neu- und Reserveformationen in
festerm Gefüge erleichtern. Die jährlichen Mehrkosten
der Neuerung wurden auf 64 Mill. M. angeschlagen.