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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisleben - Eiszeit
Höhlen und 45 Windröhren an. Seither sind nnr
2 neue E. entdeckt worden.
Permanente E. enthalten außer dem Bodeneise,
welches häusig trübe oder verunreinigt ist, auch hau-
iia vracktvolle Stalaktiten und Etalaamiten
höhlen, Fig. 1-3, und nachstehende, einen Längs-
schnitt durch die Veilstciner Eishöhle darstellende
Abbildung nach Kraus, Höhlenkunde, Wien 1894.)
Bei der Sprödigkeit des Säuleneises ist eine geringe
Beschädigung hinreichend, um eine gewichtige Säule
zum Zusammenbrechen zu bringen. Die größte Eis-
höhle in Europa ist die von Tobschau in Ungarn, wo
sich auch mebrere andere E. befinden. In den Alpen
dürfte das "Geldloch" am Otscher in Niederösterrcich
die bedeutendste Eishöhle sein. Sebr malerisch und
verhältnismäßig leicht erreichbar ist aucb die Eis-
höhle am Noilstein zwischen Gamo und Wildalpen
in Eteiermark. Die Frauenmauerhöble bei Eisenerz
und die Kolowratshöhle am Untersberge bei Salz-
burg gehören zu den besuchtesten E. des Alpen-
gebictes. Veide sind sebr sehenswert. - Vgl. außer
der Litteratur beim Artikel .Höhlenforschung noch
Fugger, E. und Windröhrcn (Salzb. 1891-93).
*Eisleben hat (1895) 23043 (11310 männl.,
11733 weibl.) E. (gegen 2389? E. im 1.1890), dar-
unter 1710 Katholiken und 130 Israeliten. In-
folge von Erdsenkungcn sind in den letzten Jahren
zahlreiche Häuser baufällig geworden.
^ Eismaschinen. Als Mittel zur Eiserzeugung
ist neuerdings das Naturgas (s. d.) zur Anwendung
gekommen.
* Eiszeit. Während Geikie für Europa neuer-
dings sechs E. mit fünf Interglacialzeiten unter-
scheidet, nimmt die Mehrzahl der Forscher drei E.
an, von denen jede folgende schwächer auftrat als die
vorhergehende, wobei auch die Gegensätze zwischen
den einzelnen Glacial- und Interglacialzeiten sich
successive verminderten. Es würde hiernacb auf die
gemäßigt zu denkende Pliocänzeit die erste E. gefolgt
sein, dann zweimal je eine Interglacial- und eine
Eiszeit. Dann aber ist der jetzige Zustand des Kli-
mas noch nicht unmittelbar eingetreten; wenigstens
lassen Vlytts Untersuchungen im südl. Schweden
vier Schichten von Torfmooren mit dazwischen la-
gernden Waldschichten erkennen, woraus auf ab-
wechselnd feuchtere und trocknere Perioden geschlos-
sen werden mich, deren letzte (trockne) den Boden
der Gegenwart bildet. Erscheinen biernach die E.
der höhern und mittlern Breiten als das Produkt
von Klimaschwankungen größerer Intensität und
längerer Tauer, so spricht die größte Wahrschein-
lichkeit dafür, daß auch in niedern Breiten die ver-
minderte Wärme und der reichlichere Niederschlag
sich geltend machte, und zwar in Gestalt mächtiger,
weit ausgedehnter Wasserbedeckung, so daß man
bier der Glacialperiode eine Pluvialperiode in
Parallele stellen kann. Dafür spricht die enorme
Geschiebemasse in zahlreichen Wadi der Sahara,
die durch die jetzigen Wassermengen unerklärlich
bliebe, dafür der einst höhere Wasserstand des Kaspi-
schen Sees, und besonders der des Bonnevillesees,
dessen hochgelegene Strandlinien eine ungeheuer
große Seefläche rekonstruieren lassen, gegen welche
der jetzt uocb übrige Rest, der Große Salzsee, ge-
radezu dürftig erscheint. Da hier zwei Strandlinien
in verschiedenen: Niveau deutlich erhalten sind, dür-
fen wir auf mindestens zwei Anschwellungsperioden,
entsprechend zwei E., schließen.
Das mebrmalige Vordringen und Zurückweichen
gewaltiger Eismassen hat natürlich auf den davon
betroffenen Gebieten mancherlei wichtige Folgen
nach sich gezogen, und zwar zunächst bezüglich des
Reliefs derselben, das durch den Wechsel von gla-
cialcn unter interglacialen Bilduugen vielfach um-
gestaltet worden ist. So ist unter den Typen der
Landoberfläche die Glaciallandschaft einer der wich-
tigern geworden, wie man z. B. auf der schwäbisch-
bayr. Hochebene oder am Alpenrand der lombard.
Ebene sieht, wo der Wechsel von moränen- und
fluvioglacialen Aufschüttungen für das gesamte
Landschastsbild bestimmend geworden ist. Auch das
hydrogr. Vild der betreffenden Gebiete ist beinahe
ausschließlich durch glaciale Vilduugen bedingt, in-
dem diese die Thäler zu Seen aufstauten (Starn-
berger See), Wasserscheiden verlegten (Achensee und
Innthal), den Flüssen andere Richtung gaben
(Oberrhein-Donau, Urweichsel und jetzige Fluß-
jysteme Norddeutschlands) u. s. w. Kurz, die Ge-
staltung der jetzigen Landobersiä'che ist in den Ge-
bieten einstiger Vereisung in vielfachster Beziehung
von dieser abhängig.
Das gilt aber auch bezüglich der Fauna und Flora.
So wurde z. B. in Mitteleuropa während der E.
! die Flora aus den schmalen eisfreien Raum zwischen
nordl. und südl. Vereisung (Alpen und Mittel-
gebirge) zusammengedrängt. Was dem schärfer ge-
wordenen Klima nicht stand hielt, ging zu Grunde,
! und nur die widerstandsfähigsten Formen hielten
sich. Mit dem Abschmelzen der Eismassen wurde
das Klima milder, und von West, Süd und Ost
drangen andere Pflanzenformen ein, die günstigere
! Bedingungen gewohnt waren, die eiszeitlichen
^ zurückdrängten und zwangen, einerseits auf die
! Höhen der Gebirge, andererseits nach Norden aus-
zuweichen. Daher kommt die so große und auf-
fallende Übereinstimmung der alpinen und der ark-
tischen Flora. Haben doch 92 Alpenpflanzen in der
^ arktischen Zone eine cirkumpolare Verbreitung.
^ Ganz analoge Betrachtungen gelten für die Tier-
^ welt des Hochgebirges in der Polarregion. Auch
> ihre Vcrbreitungsgesetze sind auf eiszeitliche Wir-
^ kungen zurückzuführen.
! In der Frage der Ursachen der E. gilt die
z Theorie von Croll (Veränderung der Excentricität
der Erdbahn und damit der Präcession der Tag-
und Nachtgleiche) immer noch als die wahrschein-
lichste. Neuerdings (1895) versuchte Luicn de Marchi
in einer preisgekrönten Schrift als Ursache der
Temperaturcrnicdrigung und Feuchtigkeitserhöhung
zur E. die geringere Durchsichtigkeit der Atmosphäre,