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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Enterbung - Eötvös
der Zuckungsformel (überwiegen der Anoden-
zuckung, träger, wurmförmigerCharakterderZuckung)
erkennen läßt; von kompletter E., wenn der Nerv
nicht mehr erregbar ist und der Muskel nur noch
schwach oder auch nicht mehr reagiert. (S. Nerven-
elektricität, Bd. 12.)
^Enterbung. Nach dem neuen Vürgerl. Ge-
setzbuch für das Deutsche Reich ist E. gegen einen
Abkömmling nur zulässig: 1) wenn derselbe dem
Erblasser, dem Ehegatten oder einem andern Ab-
kömmling des Erblassers nach dem Leben trachtet;
2) wenn er sich einer vorsätzlichen körperlichen Miß-
handlung des Erblassers oder des Ehegatten des-
selben schuldig macht, im letztern Falle jedoch nur,
wenn der Abkömmling von diesem Ehegatten ab-
stammt; 3) wenn er sich eines Verbrechens oder
schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erb-
lasser oder dessen Ehegatten schuldig macht; 4> wenn
er die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich ob-
liegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt; 5) wenn
er einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel
wider Willen des Erblassers führt, in welch letzterm
Falle die Entziehung jedoch unwirksam wird, wenn
sich der Abkömmling zur Zeit des Erbfalls von
jenem Lebenswandel dauernd abgewendet hat. Vater
und Mutter können enterbt werden, wenn sie sich
der vorstehend unter 1, 3 und 4 genannten Ver-
fehlungen gegen den Erblasser, dessen Ehegatten oder
einen Abkömmling des Erblassers schuldig machen.
Der Ehegatte kann enterbt werden, wenn er sich
einer Verfehlung schuldig macht, vermöge deren der
Erblasser nach den M. 1565-1568 Scheidung zu
verlangen berechtigt ist. Die E. hat durch letztwillige
Verfügung zu geschehen. Der Grund der E. muß
zur Zeit der Errichtung bestehen und in der Ver-
fügung angegeben sein. Der Beweis des Grundes
liegt demjenigen ob, welcher die Entziehung gel-
tend macht. Das Recht der E. erlischt durch Ver-
zeihung. Eine Verfügung, in welcher bereits E. aus-
gesprochen ist, wird durch Verzeihung unwirksam. -
E. in guter Absicht ist gegenüber einem Abkömm-
ling im Interesse seiner selbst oder seiner Familie
zulässig, wenn er in solchem Maße Verschwender
oder überschuldet ist, daß sein späterer Erwerb er-
heblich gefährdet erscheint. Der Erblasser kann in
diesem Falle das Pflichtteilrecht des Abkömmlings
durch die Anordnung beschränken, daß nach dem
Tode des Abkömmlings dessen gesetzliche Erben das
ihm Hinterlassene oder den ihm gebührenden Pflicht-
teil als Nacherben oder als Vermächtnisnehmer
nach dem Verhältnis ihrer gesetzlichen Erbteile er-
halten sollen. Der Erblasser kann auch für die Lebens-
zeit des Abkömmlings die Verwaltung einem Testa-
mentsvollstrecker übertragen; der Abkömmling hat
jedoch in einem solchen Falle Anspruch auf den jähr-
lichen Reinertrag. Die Anordnungen sind unwirk-
sam, wenn zur Zeit des Erbfalls der Abkömmling sich
dauernd von dem verschwenderischen Leben abgewen-
det hat oder die den Grund der Anordnung bildende
überschuldung nicht mehr besteht <8ß. 2333-2338).
Gntfleischungsmaschine, Enthülfer, s.
Kaffee. ^Geisteskrankheiten.
^ Gntmündigung wegen Geisteskrankheit, s.
Entrahmung, s. Butter.
^ Entschädigung unschuldig Verurteilter.
Mit dem unterm 28. Juni 1894 beschlossenen Ent-
wurf einer Strafprozeßnovelle hat der Bundesrat
einer allgemeinen Zeitströmung nachgegeben, die
unwiderstehlich dahin drängte, dem unschuldig Ver-
urteilten ein Recht auf Entschädigung zu gewähren,
während ihm bisher eine solche nur im Wege der
Gnädenbewilligung durch die Justizverwaltung Zu
teil wurde. Die E. u. V. sollte nur Vermögens-
schaden und zwarnurdendurch die Strafvollstreckung,
nicht auch den durch Untersuchungshaft erlittenen,
umfassen, für die erlittene Schmach und Angst also
keine Entschädigung stattfinden. Außer dem Verur-
teilten konnten Dritte, denen der Verurteilte nach
bürgerlichem Recht zur Gewährung von Unterhalt
verpflichtet war, insoweit Ersatz fordern, als ihnen
durch die Strafvollstreckung der Unterhalt entzogen
war. Die Entschädigung leistete der Bundesstaat,
bei dessen Gericht das Strafverfahren in erster In-
stanz anhängig war, das Reich, wenn das Reichs-
gericht in erster und letzter Instanz erkannte. Staat
und Reich hatten Regreß gegen Dritte, durch deren
rechtswidrige.Handlungen die Verurteilung herbei-
geführt war. Der Anspruch war spätestens drei Mo-
nate nach Rechtskraft des freisprechenden Urteils bei
der Staatsanwaltschaft des Gerichtes zu stellen, wel-
ches dies Urteil erlassen hat. Über den Antrag sollte
das Justizministerium oder, wenn das Reichsgericht
in erster und letzter Instanz erkannte, der Reichs-
kanzler entscheiden, gegen die Entscheidung Berufung
auf den Rechtsweg (Civilkammern der Landgerichte)
binnen Ausschlußfrist von drei Monaten nach Zu-
stellung der Entscheidung zulässig sein. Der Ent-
schädigungsanspruch ging auf die Erben nur über,
wenn er vor dem Tode des Berechtigten amtlich (bei
der Staatsanwaltschaft z. B.) geltend gemacht war.
Nachdem der Entwurf den Reichstag schon in der
Session 1894/95 beschäftigt hatte, aber unerledigt
geblieben war aus Meinungsverschiedenheiten zwi-
schen Regierung und Reichstag, welche nicht die
E. u. V. betrafen, war er wieder Gegenstand der
Beratung des Reichstags in der Session 1895/90
und in ihrer Fortsetzung im Winter 1896/97. Allein
er siel wegen zweier unausgeglichener Streitpunkte
im Dez. 1896, von welchen der eine mit der E. u. V.
zusammenhing. Nach dem Entwurf sollte Voraus-
setzung des Entschädigungsanspruchs Freisprechung
im Wiederaufnahmeverfahren sein, letzteres zu die-
sem Zwecke aber nicht mehr, wie bisher, schon dann
zulässig sein, wenn durch neue Thatsachen oder Be-
weismittel lediglich der frühere Schuldbeweis oder
Beweis der höhern Schuld erschüttert und so Frei-
sprechung erzielt zu werden vermag, sondern nur
dann, wenn neue Thatsachen oder Beweismittel an-
geführt werden können, aus welchen allein oder in
Verbindung mit frühern Beweisen sich die Un-
schuld des Verurteilten, sei es bezüglich der ihm
zur Last gelegten That überhaupt, sei es bezüglich
eines die Anwendung eines schwerern Strafgesetzes
begründenden Umstandes, ergiebt. Der Reichstag
widersetzte sich dieser Einengung der Wiederauf-
nahme des Verfahrens und der Bundesrat ver-
harrte auf seinem Standpunkt.
In Österreich (Gesetz vom 16. März 1892) ist
die E. u. V. bereits gesetzlich in ähnlicher Weise ge-
ordnet. Gegen die Entscheidung des Justizministe-
riums geht der Rechtsweg hier an ein Verwaltungs-
gericht, das Reichsgericht.
^Gnzersdorf. Der Sitz der Vezirkshauptmann-
schaft ist 1. Juli 1896 nach Floridsdorf (s. d.) ver-
logt worden.
Götvös (spr. öttwösch), Roland, Freiherr von,
ungar. Physiker und Staatsmann, geb. 27. Juli
1848 in Budapest, Sobn des Unterrichtsministers