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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Erschwerende Umstände - Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften
Geschwister abhängt. - Die Vergünstigung besteht
im allgemeinen in der Einreihung in die Ersatz-
reserve. Kandidaten des geistlichen Standes sind von
jedem militär. Dienst im frieden wie im Kriege srei.
GrschwerendeUmstände,Qualifitations
umstände, Straferhöhungs-, Strafschär-
fungsgründe, in dcrEtrafthat oder inderPerson
des Thäters liegende Momente, die eine strafbare
Handlung so schwer erscheinen lassen, daß zu ihrer
Sühne die ordentliche, für diese strafbare.vandlung ge-
setzlich zulässige Höchststrafe nicht ausreicht, sondern
eine höhere Strafe verhängt wird. Während das
Teutsche Strafgesetzbuch dem Richter überläßt, was
er als strafmildernd ansehen will, ist dieZabl der E. U.
gesetzlich fixiert. Andererseits haben die (5. U. selbst-
verständlich mit den mildernden Umständen das ge-
mein, daß sie nur bei denjenigen Delikten zur An-
wendung gelangen dürfen, bei welchen es das Gesetz
ausdrücklich zuläßt. E. U. des Reichsstrafgesetz-
buchs sind gewerbs- oder gewohnheitsmäßige Be-
gehung <bei Hehlerei, Wildern, Wucker, ßtz. 260,
294,302 ä), Rüdelsführung (z. B. bei Auflauf, Meu-
terei, ^iandfriedensbruch, §ij. 116,2; 117,2; 122, 3;
125,2), besonders schwerer Erfolg (z. B. Körperver-
letzung mit tödlichem Ausgang, ^. 226, dazu ß. 224
und §. 118), endlich erster oder wiederholter Rückfall
(bei Diebstahl, Raub, Hehlerei, Betrug, 83-240,
250, 5; 261; 264). Bei Rüäfall führt es zu" großen
Härten, daß die Strafschärfung nickt in das Er-
messen des Rickters gestellt, sondern vom Gesetz
zwingend vorgeschrieben ist. (5s ist barbarisch hart,
daß ein zweimal rückfälliger Dieb mit mindestens
drei Monaten Gefängnis zu bestrafen ist; der Dieb-
stahl tann immer an dachen von allergeringstem
Wert, ja an wertlosen dachen begangen sein. Dazn
wird auf die Länge der Zeit zwischen den einzelnen
Delitten gar keine Rücksicht genommen. Der Vor-
entwurf eines schweiz. Strafgesetzbuchs von 1896
macht daher mit Recht zur Voraussetzung, daß Straf-
schürfnng wegen Rückfalls nur eintritt, wenn der
Thäter bereits einmal eine Zuckthausstrafe oder
eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten erlitten
hat und zwar innerhalb der letzten fünf Iabre vor
Begehung des neuen Verbrechens (Art. ^8 und 41).
Nicht im Strafgesetz genannte E. U. (z. B. nieder-
trächtigen, genieinen Beweggrund) tann der Richter
nur innerhalb des^ordentlichen Strafrahmens durch
Verhäuguug des ^trafmarimums treffen.
Grtingen, Dorf im Obcramt Riedlingen des
württcmb. Donaukreises, an der Schwarzach im
*Erwerbs-und Wirtschaftsgenossenschaf
ten. Die bedeutsame Umgestaltnug, welche das
Genossenschaftsrecht im Deutschen Reick durck
das Gesetz vom 1. Mai 1889 erfahren hat, ist, wie
begreiflich, nicht ohne wesentlichen Einfluß auf die
Entwicklung des Genossenschaftswesens geblieben.
Von der durch dieses Gesetz bewirkten Zulassung der
beschränkten Haftpflicht haben namentlich die Kon-
sumvereine (s. d.), die Baugenossenschaften (f. Bau-
gcsellschafteu) und die industriellen Prodnktivge-
nofsenschaften Gebrauch gemacht, während bei den
landwirtschaftlichen Prodnktivgenossmsckaften die
Zahl der Neugründungen nach dem System der be-
schränkten Haftpflicht zwar nicht unerheblich ist, ge-
gen jene nach dem System der unbeschränkten Haft-
pflicht aber wesentlich zurückbleibt <s. Produktivge-
nossenschasten) und bei den Kreditgenossenschaften
(s. Vorschuß- und Kreditvereine) die Neugründungen
mit beschränkter Haftpflicht ganz spärlich erscheinen.
Die durch das neue Gesetz den Genossenschaften fer-
ner auferlegte Verpflichtung, betreffend die Revision
ihrer Einrichtungen sowie ihrer Geschäftsführung
durck einen der Genossenschaft nicht angehörigen
sachverständigen Revisor, hat zur Bildung einer
Reihe von Verbänden geführt, denen das Recht zur
Bestellung des Revisors für die ihnen angehörigen
Genossenschaften verliehen wnrde. Nicht unerheb-
lich erscheint ferner die Errichtung von Genossen-
sckastsverbändcn, die selbst wiederum aus Genossen-
schaften bestehen, z. B. aus Rohstoffgenossenschaf-
ten, welche zum Zwecke des gemeinschaftlichen Ein-
taufs sich aneinander schließen und hierfür selbst die
genossenschaftliche Form wählen.
Am 31. Mai 1896 bestanden nach den Mitteilun-
gen des Anwaltes des Allgemeinen deutschen Ge-
nossenschaftsverbandes im Deutschen Reiche:
Genossenschaften
Anzahl
Darunter


mit unbeschr. Nach-schußpflicht
nicht eingetragene
Kreditgenossenschaften .... Konsumverein?....... Gewerbliche Noystoffgenosscn-schaften......... Landwirtschaftliche Ncchstoff-genofsenschanen...... Gewerbliche Magazingenossen-schaften......... Landwirtschaftliche Magazingenossenschaften ...... Gewerbliche Prodnktivgenos-fenfchaften........ Landwirtschaftliche Prodnktiv-genossenschaften...... Gewerbliche Werkgenossen-fchaften......... Landwirtschaftliche Werkgenossenschaften ....... Baugenossenschaften..... Versichernngs- und sonstige Genossenschaften.....
8 069 1400
58 1085 56 19 129 1604 21
248 132
184
556 903
13 153 17 7 79 342 6
27 119
115
41 7
2 1
2 55 1
113 107
11
7 5 4 77
176 3
Znsammen > 13 005 > 2337 j 113 j 626
Von den Kreditgenossenschaften entfallen etwa
2800 auf das Schulze-Delitzschsche System, während
die ländlichen Darlehnskassen auf rund 5200 zu
schätzen sind. Die Vermehrung gegen das Vorjahr
um rnnd 1650 Kreditgenossenschaften kommt haupt-
sächlich den ländlichen Darlehnskassenvereinen fs. d.)
zu gute. Dem Allgemeinen Verband der auf Selbst-
hilfe beruhenden E. u. W. gehören 1496 Genossen-
schaften und Gesellschaften an; dazu gehören 32
Unterverdände. Der größte Verband ist der Allge-
meine Verband der landwirtschaftlichen Genossen-
schaften des Deutschen Reichs. Ihm gehörten im
Aug. 1895: 2447 ländliche Genossenschaften an, von
denen 24:;8 wiederum 22 Uuterverbände bilden.
Trotz dieser ansebnlichen Entwicklung der E. u. W.
ist in der letzten Zeit die Idee einer Ergänzung der
durch das Genossenschaftswesen bisher gebotenen
Selbsthilfe durch Staatshilfe vertreten worden.
Hierher gebort namentlich der Plan eines sog. social-
reformatorischen Genossenschaftswesens, welcher
unter anderm 1889 zur Gründung der Deutschen
Centralgenossenschaft in Berlin führte, die als Stütz-
punkt für die Bewegung dienen sollte. Wichtiger