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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gerichtskonvention - Gerold
täten noch keine Abnahme zeigt. Allein der bisherige
Versuch scheiterte, z. 8 des im März 1896 dem Land-
tag vorgelegten Gesetzentwurfs über die Dienstalters-
zulagcn der Richter, der sog. Assessorenpara-
graph, der bestimmte, dah der Iustizminister aus
den mit Bestehen der zweiten Prüfung ipso.jurs
dem Iustizdienst angehörigen Referendaren nach
Maßgabe des Bedarfs gleich nach bestandener Prü-
fung die nach Befähigung, Charakter, Persönlichkeit
und Lebensverhältnissen besonders Geeigneten als
G. auswähle, die übrigen aber mit dem Titel
Assessoren aus dem Iustizdienst ausscheiden sollten,
fand um deswillen bei dem Abgeordnet^chause keine
Aufnahme, weil auf diese Weise den nicht als G.
übernommenen öffentlich ein Makel als minder-
wertig angeheftet würde. Zweckentsprechender wäre
es daher, wenn mit dem Bestehen der großen Staats-
prüfung alle Referendare mit dem Titel Assessor aus
dem Iustizdienst entlassen würden und es ihnen
' überlassen wäre, ob sie sich zur Justiz melden wollen,
welche ihrerseits, wie die übrigen Ressorts, nach
Bedarf die geeignetsten sich auswählt.
Gerichtskonvention, Vertrag, durch welchen
ein Staat einem andern die Gerichtsbarkeit ganz oder
zum Teil überträgt oder zwei oder mehrere Staaten
gemeinschaftliche Gerichte für ihre Gebiete einrichten,
beides veranlaßt entweder durch die geogr. Lage oder
die Kleinheit der einzelnen Staatsgebiete. So übt
Preußen kraft G.die Gerichtsbarkeit in Waldeck voll-
ständig' das Fürstentum Birkcnfeld untersteht dem
preuß. Landgericht zu Saarbrücken und dem Ober-
landesgericht zu Köln, Schwarzburg-Sondershaufen
dem Landgericht zu Erfurt und dem Oberlandes-
gericht zu Naumburg, Anhalt dem gleichen Ober-
landesgericht, Lippe dem zu Celle, das Fürstentum
Liechtenstein dem Oberlandesgericht zu Innsbruck.
Die betreffenden Staaten haben jedoch Präsenta-
tionsrechte für einen Teil der Stellen dieser fremden
Gerichte. Gemeinschaftliche Gerichte sind die Land-
gerichte zu Meiningen (für prcuß. Teile, Meiningen,
Coburg-Gotha), zu Nudolstadt für drei Staaten, zu
Gcra und Lübeck für je zwei Staaten, die Oberlandes-
gerichte zu Jena (für alle thüring. Staaten und
Preußen), zu Hamburg (drei Hansestädte), zu Olden-
burg (Oldenburg und Schaumburg-Lippc), zu Rostock
(beide Mecklenburg).
^ Gerichtskosten. Die in den übrigen deutschen
Staaten schon vorhandenen neuern Gesetze über die
G. im Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit (in
Bayern Gesetz vom 6. Juli 1892, in Sachsen vom
6. Nov. 1890, in Württemberg vom 16. Juni 1887,
in Elsaß-Lothringen vom 22. Juni 1891) waren die
Veranlassung, daß auch Preußen für alle seine Lan-
desteile unter dem 25. Juni 1895 ein einheitliches
Gerichtskostcngesetz und eine einheitliche Gebühren-
ordnung sür Notare geschaffen hat. Es hat damit
für das Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine
Rechtszerfplitterung beseitigt, die geradezu beispiel-
los war. Die wesentlichen Grundsätze der neuen
Gesetzgebung sind: 1) die Gebühren der Gerichte
und Notare sind grundsätzlich gleich; 2) die Gebüh-
ren werden nach dem Werte des Gegenstandes ab-
gestuft (nicht wie bisher zum Teil nach dem Zeit^
aufwand), wobei dieVorfchriften des 3teichs'Gerichts-
kostengesetzes über Wertberechnung, soweit thunlich,
übernommen sind, jedoch insofern über diefe hinaus-
gegangen ist, als bei Vollmachten und Vereins-
beschlüsscn, Nachlaß- und Vormundschastssachen
Abzug der Schulden gestattet wird. Das Bestreben
des Gesetzes geht dahin, die Gebühren in den un-
tern Wertklassen zu verbilligen, in den obern zu ver-
teuern. Aber dieser Grundsatz ist nicht völlig
durchgeführt, indem die Gebührensätze in den höch-
sten Klassen prozentual abnehmen, statt auch da in
gleichem Verhältnis mit dem Werte zu steigen. Im
allgemeinen ergiebt ein Vergleich mit den Gebühren-
ordnungen anderer Bundesstaaten, dah die Urkun-
den in Preußen im Durchschnitt teurer sind als
zumeist sonst in Deutschland, während andererseits
einige Bundcsstaaten (Bayern, Hessen, die Reichs-
lande, Mecklenburg-Schwerin) die höhern Wertklassen
viel entschiedener treffen als Preußen.
Gerichtsschöppe, s. Ortsgerichtspersonen.
Gerlach, Andr. Christian, Tierarzt, geb. 15. Mai
1811 zu Wedderstedt bei Quedlinburg, studierte an
der Tierarzneischule zu Berlin, war dann praktischer
Tierarzt in Hettstedt und seit 1845 Kreistierarzt im
Kreise Halberstadt. Er wurde 1846 Repetitor an
der Tierarzneischule in Berlin, 1848 Lehrer an der-
selben, 1859 Direktor der Tierarzneischule zu Han-
nover, 1870 in gleicher Eigenschaft nach Berlin be-
rufen, 1873 Mitglied des Landes-Okonomiekolle-
giums und 1875 Mitglied der technischen Deputa-
tion für das Veterinärwesen. Er starb 29. Aug.
1877. Ein Erzstandbild von ihm befindet sich seit
1890 in Berlin. Von G.s Schriften sind zu nennen:
"Krätze und Räude" (Berl. 1857), "Lehrbuch der
allgemeinen Therapie der Hanstiere" (2. Aufl., ebd.
1868), "Handbuch der gerichtlichen Tierheilkunde"
(2. Aufl., ebd. 1872), "Die Trichinen" (Hannov.
1866), "Die Rinderpest" (ebd. 1867), "Die Fleischkost
des Menschen vom sanitären und marktpolizeilichen
Standpunkte" (Berl. 1875). Seit 1875 gab G. auch
ein "Archiv für wissenschaftliche und praktische Tier-
heilkunde" heraus.
* Germanisches Museum. Unterm 15. Juni
1894 hat die bayr. Staatsregierung die vom Ver-
waltungsausschuß des Museums einstimmig be-
schlossenen neuen Satzungen bestätigt. Eine wesent-
liche Verbesserung der Verhältnisse des G. M. und
seiner Beamten ist dadurch erreicht worden, dah
nunmehr das Reich, die bayr. Staatsregierung und
die Stadt Nürnberg gemeinschaftlich die Kosten der
Verwaltung der Anstalt tragen. Die freiwilligen
Beiträge sind ausschließlich zur Fortbildung und
zum Ausbau des Museums bestimmt. Der bayr.
Staatsregierung ist eine erhöhte Einflußnahme auf
die Anstalt und namentlich deren Finanzwesen über-
tragen worden. Die Direktoren werden auf gut-
achtlichen Vorschlag des Verwaltungsausschusses
durch königl. Entschließung ernannt und sind den
im bayr. Verwaltungsdienste pragmatisch angestell-
ten Staatsdicnern gleichgestellt. Die Beamten wer-
den auf Vorfchlag des Direktoriums vom bayr.
Kultusministerium ernannt. Der Verwaltungsaus-
schuß hat künftig aus 25 Mitgliedern zu bestehen,
von denen 3 das Reich, 3 Bayern und 1 die Stadt
Nürnberg ernennt; die übrigen wählt der Verwal-
tungsausschuß durch Kooptation. Die drei erst-
genannten Faktoren können Kommissare abordnen,
die mit beratender Stimme den Sitzungen des Ver-
waltungsausschusses anwohnen. Zum ersten Direktor
wurde G. von Vezold, zum zweiten Hans Bosch er-
nannt, der schon früher diese Stelle bekleidete.
^ Gerold. Der Besitzer der Firma "Carl Gerolds
Sohn", Hermann Manz, starb 14. Okt. 1896.
Aus der Firma "Gerold & Comp." trat Ende 1896
Theodor Demuth aus.