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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hessen-Nassau - Hessische Eisenbahnen
u. s. w. treten. Während der ganzen Periode wur-
den bedeutende Mittel für Nebenbahnen bewilligt
und im ganzen Lande der Bau solcher Bahnen eifrig
in Angriff genommen, auch eine Reihe von Linien
fertig gestellt <s. Hessische Eisenbahnen). Die Ver-
staatlichung der Hessischen Ludwigs-Eisenbahn (s. d.)
erforderte wegen der Größe des Unternehmens und
der Höhe der aufzubringenden Mittel lange Ver-
handlungen zwischen H. und Preußen und den
Aktionären. Nach dem Übereinkommen der Aktionäre
6. Juli und der Zustimmung beider Regierungen
wurde der Staatsvertrag mit Preußen über den An-
kauf und die gemeinfame Verwaltung 24. Juli von
der Zweiten und 25. Juli von der Ersten Kammer
angenommen. Im Juni 1896 ging den Landständen
auch der Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der
Heilquellen zu. Am 3. Juni schloß sich die Zweite
Kammer dem Beschlusse der Ersten betreffs der Ein-
führung direkter Landtagswahlen an und lehnte mit
20 gegen 12 Stimmen den bezüglichen Antrag ab;
ebenso lehnte sie die Weinsteuer ab und beschloß
außerdem, den Zinsfuß für Darlehen aus der Renten-
kreditkasse auf 3^ Proz., die Amortisation auf
^4 Proz. und die Beleihungsgrenze auf 50 Proz. des
Schätzungswertes festzusetzen. Am 8.Iuni genehmigte
sie gegen zwei Stimmen den Staatsvertrag zwischen
Preußen und H. wegen des Bahnbaues Friedberg-
Friedrichsdorf-Homburg. Am 27. Juli erfolgte der
Schluß des 29. Landtags durch den Großherzog.
Zur Entlastung des bejahrten Ministers Finger
wurde 1. Aug. das Justizministerium von dem des
Innern abgetrennt und zum Chef des neugebildeten
Ressorts der Geheimrat Dittmar ernannt. Nach
den Wahlen vom 14. Okt. 1896 setzt sich der Landtag
zusammen aus 24 Nationalliberalen (die hiermit die
absolute Mehrheit, die sie bisher hatten, verloren
haben), je 6 Freisinnigen, Nltramontanen, Anti-
semiten, Socialdemokraten, 1 Vauernbündlcr und
1 Christlich-Socialen. Den Reichstagswahlkrcis
Mainz vertritt seit Nov. 1896 vi-.Schmitt (Centrum).
"Hessen-Nassau, Provinz, hat (1895) 1756 802
(854070 männl., 902 732 weibl.) E. (einschließlich
15341 Militärpersonen), darunter 1218805 Evan-
gelische, 482 752 Katholiken, 8925 andere Christen,
45725 Israeliten und 595 Vekenner anderer Re-
ligionen. Die Zunahme gegen 1890 beträgt 92363
Personen oder 5,55 Proz. 11584 Personen sind
Reichsausländer. Nach dem vorläufigen Ergebnis der
Volkszählung entfallen auf die 104 Städte 719263
(346 421 männl., 372 842 weibl.) E., 59 039 bewohnte
Wohnhäuser, 154924 Haushaltungen und 757 An-
stalten; auf die 2223 Landgemeinden 1028725
(503413 männl., 525312 we'lbl.) E., 168677 be-
wohnte Wohnhäuser, 214861 Haushaltungen und
189 Anstalten, und aus die 281 Gutsbezirke 8566
(4376 männl., 4190 weibl.) E., 850 bewohnte Wohn-
gebäude, 1160 Haushaltungen und 4 Anstalten.
Land- und Forstwirtschaft. Von der Gesamtfläche
entfielen 1893 auf Ackerland 613 344, Gartenland
11864, Weinberge 3826, Wiesen 181600, reiche
Weiden 7420, geringe Weiden und Hutungen
52 291, Forsten und Holzungen 623 612, Haus-
und Hofräume 13 356, Öd- und Unland 10036,
Wegeland, Gewässer u. s. w. 52030 Ka. Die An-
baufläche betrug 1895 von Hafer 142 300, Roggen
138 300, Weizen 04752, Gerste 35 233, Kartoffeln
83 927 lia, die Erntemenge 171543 t Hafer, 162 326
Roggen, 81289 Weizen, 37 263 Gerste, 2645 Spelz
und Emer, 8227 Erbsen, 7937 Ackerbohnen, 2839
Wicken, 856 257 Kartoffeln, 303 733 Runkel-,
131017 Zucker-, 427 325 Weiße und 186 579 Kohl-
rüben, 2931 Mohren, 123 634 Klee (Heu), 17595
Luzerne, 5998 Esparsette, 3922 Mais, 6879 Gras-
saat und 616 825 t Wiesenheu. Die Weinernte von
2923 Ka ergab 47 559 1ü Weinmost im Werte von
4 525 854 M. Von 1920 Tabakspflanzern, welche
132 da bepflanzt hatten, wurden 386 t getrocknete
Tabaksblätter im Werte von 178000 M. (nach Ab-
zug der Steuer) geerntet. Der Viehbestand bezifferte
sich 1892 auf 75 288 Pferde, 545 678 Stück Rind-
vieh, 411328 Schafe (Abnahme gegen 1883:142 971
Stück ^ 25,9 Proz.), 403020 Schweine, 151556
Ziegen und 39498 Bienenstöcke.
Industrie, Handel und Gewerbe. Von 360
Brennereien wurden 1894/95 aus 6000 t Kar-
toffeln, 4700 t Getreide und 18 200 lil Wein- und
Obsttrcstern, Brauereiabfällen u. s. w. 16000 Kl
Alkohol gewonnen. 302 Bierbrauereien erzeugten
aus 36982t Malz und 198t Surrogaten 1763000
Kl Vier, fast ausschließlich untergäriges. Die vier
im Betriebe gewesenen Zuckerfabriken lieferten aus
176107 t Rüben 19494 t Rohzucker.
Verkehrswesen. Die Länge der Kunststraßen,
deren Zahl sich in neuerer Zeit ganz erheblich ver-
mehrt hat, betrug 1891: 78371cm, darunter 5022 km
Kreis- und 2815 km Provinzialchausseen. An Eisen-
bahnen waren 1. Jan. 1897: 1655 km, darunter
30 km Privatbahnen, vorhanden.
Bildungswesen. Die Provinz hat außer der Uni-
versität Marburg 14 Gymnasien (in Cassel 2, Fulda,
Hanau, Hersfeld, Marburg, Rinteln, Dillenburg,
Frankfurt a. M. 2, Hadamar, Montabaur, Weil-
burg, Wiesbaden), 6 Progymnasien (in Eschwege,
Hofgeismar, Höchst, Homburg v. d. H., Limburg,
Frankfurt a. M.), 4 Realgymnasien (in Cassel,
Frankfurt a. M. 2, Wiesbaden), 14 Realprogym-
nasien (in Eschwege, Hersfeld, Höchst, Homburg
v. d. H., Limburg, Fulda, Marburg, Schmalkalden,
Biebrich, Viedenkopf, Diez, Ems, Geisenheim, Ober-
lahnstein), 4 Oberrealschulen (in Cassel, Frankfurt
a. M., Hanau, Wiesbaden), 10 Realschulen (in
Cassel, Hanau, Frankfurt a. M. 4, Oberursel, Her-
born, Höhr, Idstein), mehrere höhere Bürgerschulen
und private Erziehungsanstalten, 28 höhere Mäd-
chenschulen, darunter 14 städtische, und zahlreiche
Mittel- und Elementarschulen. Ferner sind vorhan-
den 6 Lehrerseminare (in Fulda, Homberg, Schlüch-
tern, Dillenburg, Montabaur und in Cassel eins für
Israeliten), 4 Seminare bez. VildungsanstaltenHir
Lehrerinnen (in Cassel, Montabaur, Frankfurt a. M.,
Wiesbaden), 5 Präparanden-, 3 Taubstummen-,
2 Blindenanstalten und 1 Landwirtschaftsschule in
Weilburg a. d. Lahn.
* Hessische Eisenbahnen. Die H. E. hatten
1. April 1895 eine Länge von 963,53 km, darunter
39,0i km Schmalspurbahnen. Am 1. Juli 1895
wurde die 3,92 km lange Nebenbahn Flonheim-
Wendelsheim von der Hess. Ludwigs-Eisenbahn und
die ebenfalls dem Hess. Staate gehörende 16,29 km
lange Nebenbahn Weinheim-Fürth von der Main-
Ncckar-Vahn in Betrieb genommen, 8. Juli 1895
von letzterer Bahn auch die Nebenbahn Bickenbach-
Seeheim. Von der Hess. Ludwigs-Eisenbahn wurden
1. Okt. 1896 die Nebenbahnen Vodenheim-Alzey
(30,9 km) und Offenbach-Dieburg-Reinheim (39,6 km)
eröffnet, 1. Aug. 1896 die Nebenbahn Grünberg-
Londorf (12,7 km) von der großherzogl. Direktion
in Gießen. Die Nebenbahnen Friedberg-Hungen,