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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Offizier
Fällen werden auch vorübergehendO.des eigentlichen
Dienststandcs a 1a LuitL der Armee geführt, wenn
sie eine mit der Heereseinteilung nicht gut in Be-
ziehung zu setzende besondere Dienststelle, z. B. bei
Botschaften u.s.w., bekleiden. 7) Bezirks offiziere
(s. d., Bd. 2) gehören zum Offizierkorps des Land-
wehrbezirks; ihre Verwendung regelt derVezirkscom-
mandeur, der Hauptsache nach schließt sie sich an die
Einrichtung der Meldeämter (s. d., Bd. 11) an. Zu
8) Kontrolloffizieren (s.d., Bd. 10) werden von
den Generalkommandos Hauptleute und ältere Lieute-
nants der Infanterie und Jäger, die ihre Befähigung
als Compagnieführer im Mobilmachungsfalle be-
reits nachgewiesen haben, sowie O. zur Disposition
in erster Linie ernannt. In letzter Zeit wird jedoch
auf den künftigen Wegfall dieser Einrichtung hinge-
strebt. 9) O. vom Ortsdienst (oder, wie es für be-
sondere Dienstverrichtungen heißt: O. du ^'oui-, s. o.,
Bd. 5) ist in Garnisonen (besonders großen Städten
uud Festungen) der Kommandant oder Garnison-
älteste, zu dessen Vertretung bei der Kontrolle des
Nachtdienstes der O. äu ^oui- verwendet wird. Dieses
Kommando wechselt täglich (daher die alte Bezeich-
nung äu Mir) und wird gewöhnlich den Stabsoffi-
zieren vom Regimentscommandeur abwärts sowie
den altem Hauptleuten übertragen; ihnen sind für
die Dauer ihrer Funktion die übrigen im Wachtdienst
kommandierten O., z. V. die O. der Wachen, der ver-
schiedenen Ronden (s.d., Bd. 13) unterstellt. In
kleinen Garnisonen wird der Dienst des O. vom
Ortsdienst, des O. än ^our und der Nonde meist von
demselben O. verrichtet. 10) Zeugoffiziere und
Feuerwerks offiziere finden bei der Verwaltung
der Waffen bestände aller Art, bei der Beaufsichtigung
der Militär- oder Civilarbeiter in den Artillerie-
depots, Gewehrsälen und Laboratorien Verwendung;
sie tragen eine der Artillerie ähnliche Uniform mit
bestimmten Abweichungen von derselben und werden
in Lieutenants, Premicrlientenants und Hauptleute
eingeteilt; Stabsofsizierstellen giebt es für sie nicht.
IV. Die Ergänzung des Offizierkorps der
deutschen Armee geschieht entweder durch die Einstel-
lung von Zöglingen der Hanptkadettenanstalt (s. d.,
Bd. 8) in Lichterfelde als O. oder Portepeefähnriche
oder durch Einstellung von Offizieraspiranten, ge-
wöhnlich Avantageure (s. d., Bd. 2) genannt, in die
verschiedenen Regimenter. Über diese Einstellung auf
vorheriges Eintrittsgesuch entscheidet der Regiments-
oder selbständige Bataillonscommandeur, ihm sind
hierbei nur durch die höhern Vorschriften bezüglich der
Erfüllung der Offizieretats Grenzen gesetzt, über die
Auswahl des geeigneten Ersatzes für dieÖffizierkorps
hat Kaiser Wilhelm II. unter dem 29. März 1893 eine
allgemein bekannt gewordene Kabinettsorder an die
Regimentscommandeure erlassen, nach welcher "neben
den Sprossen der adligen Geschlechter des Landes,
neben den Söhnen von O. und Beamten auch Söhne
solcher ehrenwerter bürgerlicher Häuser, in denen die
Liebe zu König und Vaterland, ein warmes Herz für
den Soldatenstand und christl. Gesittung gepflegt und
anerzogen werden, als Offizieraspiranten zugelassen
werden sollen"; gleichzeitig wurden auch Direktiven
für die ökonomische Lebenshaltung in den Offizier-
korps gegeben. Vorbedingung für die Ernennung
der Avantageure zu Portepeefähnrichen ist der Besitz
eines Zeugnisses der Reife zu dicfer Charge; dieses
darf erst nach vollendetem 17. und vor vollendetem
23. Lebensjahre beantragt werden; auch muß der
Aspirant mindestens ein halbes Jahr im Dienste sein.
Die dienstliche Befähigung ist durch ein von dem Chef
und den O. der Compagnie, Eskadron oder Batterie,
von dem Bataillons- oder Abteilungs- und dem Re-
gimentscommandeur auszustellendes Dienstzeugnis
nachzuweisen. Auch Einjährig-Freiwillige können
nachträglich in die Zahl der Offizieraspiranten über-
geführt werden und umgekehrt; die Genehmigung
hierzu wird von den Generalkommandos gegeben.
Die hierfür maßgebenden Bedingungen sind in der
"Heerordnung" festgesetzt.
Die O. des Beurlaubtenstandes werden
durch die Ofsizieraspirantcn (s. d., Bd. 12) des Be-
urlaubtenstandes ergänzt.
V. Die Beförderung der O. zu den höhern
Chargen geschieht in der Regel in Übereinstimmung
mit dem Allerhöchsten Kriegs- (oder Kontingents-)
Herrn. Im allgemeinen wird im deutschen Heere da-
bei die Anciennetüt der einzelnen O. berücksichtigt,
doch kommen auch Beförderungen außer der Reihe
(im Gencralstab, in der höhcrn Adjutantur und bei
außergewöhnlichen Leistungen auf verschiedenen Ge-
bieten) vor. Eine eigentümliche Art der Beförderung
wird hin und wieder in solchen Fällen durch die Ver-
leihung eines ältern Patentes (meist innerhalb der-
selben Charge) ausgeübt. Bis einschließlich Major
geschieht die Beförderung der Regel nach innerhalb
der Regimenter, ohne Ausgleiche innerhalb gemein-
samer Verbände der Truppen auszuschließen; seit
den letzten Jahren jedoch geschieht die Ernennung
zum Hauptmann erster Klasse (keine eigentliche Be-
förderung, wohl aber eine sehr belangreiche Auf-
besserung der Gehaltsbezüge einschließend) grund-
sätzlich innerhalb der verschiedenen Waffengattun-
gen, auch wird es als ein Mittel zum Ausgleich des
sehr abweichenden Avancements der verschiedenen
Waffengattungen angewendet, den O. der am meisten
vorausstehenden Waffen oder Truppcnverbände bei
ihrer Beförderung vorläufig noch kein Patent zu
geben, sondern durch spätere Regelung der Veför-
derungspatcnte eine gleichmäßigere Behandlung in
Vezng auf das Avancement zu bewirken; doch schließt
die vorläufige Versagung des Patents bei der Be-
förderung in eine höhere etatsmähige Stelle den
Bezug der höhern Kompetenzen nicht aus.
Erst vom Major aufwärts erfolgt die Beförderung
innerhalb der ganzen Armee; für die Beförderung
zum Oberstlieutenant sind seit 1883 gewisse Direk-
tiven gegeben, welche für dicfe Beförderung eine an-
dere Avancementsstufe geschaffen haben, während bis
dahin die Stabsoffiziere, die nicht den Regiments-
commandcurrang haben, eine gleichmäßige Stufe
einnahmen, doch besteht irgend ein Unterschied der
Besoldung u. s. w. zwischen Oberstlieutenant und
Major zur Zeit nicht. (S. Dicnsteinkommen, Bd. 5.)
Die Beförderung zu Regimentscommandeuren er-
folgt innerhalb der verschiedenen Waffengattungen
unabhängig von der erreichten Stabsoffizierancien-
netät, so daß Oberstlieutenants und mit dem Cha-
rakter ihrer Chargen bcliehene Obersten als einfache
Stabsoffiziere neben Majoren und Regimentscom-
mandeuren einer andern Waffe, welche dann das
volle Einkommen ihrer Stelle haben, einhergehen.
Zum General läuft das Avancement der Obersten
durch die ganze Armee. Erst zum Divisionscom-
mandeur werden die Generalmajore und Brigade-
commandeure sowohl der Infanterie, Kavallerie,
wie der Feldartillerie gleichmäßig herangezogen,
natürlich unter besonderer Berücksichtigung ihrer
Geeignetheit für diese Stellung. Die Fußartillerie