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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ottersleben - Pädagogik

Ottersleben, s. Groß-Ottersleben.

Ottilia, der 401. Planetoid.

*Otto, Karl, Ritter von, starb 11. Jan. 1897 in Dresden.

Otto-Peters, Luise, Schriftstellerin, geb. 26. März 1819 zu Meißen, erhielt eine sorgfältige Erziehung und begeisterte sich früh für freiheitliche Bestrebungen, gab 1849-52 eine demokratische "Frauenzeitung" heraus, vermählte sich 1858 mit dem Schriftsteller Aug. Peters und gab mit diesem bis zu seinem Tode (1864) in Leipzig die "Mitteldeutsche Volkszeitung" heraus. 1865 gründete sie den Allgemeinen deutschen Frauenverein, dessen Organ "Neue Bahnen" (seit 1866) sie mit Auguste Schmidt in Leipzig redigierte, wo sie 13. März 1895 starb. In gleichem Interesse erschienen von ihr: "Der Genius des Hauses - der Natur - der Menschheit" (Wien 1868-70) und "Frauenleben im Deutschen Reich" (1876). Auch verfaßte sie Gedichte (gesammelt als "Lieder eines deutschen Mädchens", Lpz. 1847; "Gedichte", ebd. 1868, und "Mein Lebensgang. Gedichte aus fünf Jahrzehnten", ebd. 1893) und Romane, wie "Schloß und Fabrik" (3 Bde., ebd. 1846), "Nürnberg" (1859; 3 Bde., Norden 1883), "Neue Bahnen" (2 Bde., Wien 1864), "Privatgeschichten der Weltgeschichte" (6 Bde., Lpz. 1868-72), "Deutsche Wunden" (4 Bde., Brem. 1872), "Aus vier Jahrhunderten" (2 Bde., Norden 1883), "Die Nachtigall von Werawag" (4 Bde., Freib. i. Br. 1887), "Die Äbtissin von Lindau" (2. Aufl., Lpz. 1888).

*Ourem, Stadt, hat (1890) 3954 E., wogegen das gegenüberliegende Villa Nova de Ourem 2346 E. zählt.

*Ourique, Stadt, hat (1890) 3840 E.

Outrigger (engl., spr. aut-), s. Ausleger.

*Ovar, Stadt, hat (1890) 11002 E.

Overath, Dorf im Kreis Mülheim a. Rhein des preuß. Reg.-Bez. Köln, am Aggerfluß und der Nebenlinie Siegburg-Bergneustadt der Köln-Gießener Staatsbahn, hat (1895) 452, als Gemeinde 5383 E., Post, Telegraph, Bürgermeisterei, kath. Kirche, Kriegerdenkmal; Bleierz- und Zinkblendegrube.

*Overbeck, Johs., starb 8. Nov. 1895 in Leipzig.

Oxychinaseptōl, s. Diaphtherin.

Ozonogēnpapier von Dr. Kopp in Straßburg, s. Geheimmittel.

P.

*Pädagogik. Geschichtliches. Die P. hat als Kunst des Erziehens eine praktische, als Lehre von dieser Kunst eine theoretische Seite. Ihre Geschichte hat daher beides ins Auge zu fassen, sowohl die Art, wie die verschiedenen Völker und Zeiten die Kinder erzogen haben, als auch die Theorien und Ideale, wie die Kinder nach psychol. und ethischen Gesetzen oder nach socialen und nationalen Gesichtspunkten erzogen werden sollten. Dabei hat man sich aber gewöhnt, die Geschichte der Erziehung bei entlegenen Völkern und Zeiten der Kulturgeschichte zu überlassen und nur das aufzunehmen, was in direktem Zusammenhang steht mit der heutigen Entwicklung und für diese ein naheliegendes Interesse hat. Und so beginnt man seit K. von Raumer meist mit der Renaissance, schickt aber einen kurzen Abriß des mittelalterlichen Erziehungswesens voran.

I. Das Unterrichtswesen im Mittelalter. Das Christentum hat die bestehenden heidn. Bildungsstätten zerstört, ersetzt und umgestaltet; namentlich in Gallien und weiterhin im Frankenreich vollzog sich dieser Prozeß. Die Kirche vermittelte den german. Völkern die Bildung, und darum sind die Schulen des frühern Mittelalters durchaus kirchlich. Zwar hat Karl d. Gr. an eine allgemeine, wenn auch zunächst nur religiöse Unterweisung des Volks gedacht; aber die Idee blieb unausgeführt. Dagegen entstanden an Klöstern und durch den Bischof Chrodegang von Metz auch an Kathedralkirchen die Kloster-, Dom- und Stiftsschulen, in denen die pueri oblati und die zum geistlichen Stand bestimmten Knaben in den scholae interiores, andere Kinder in den scholae exteriores unterrichtet wurden. Dagegen waren auf dem Lande die Pfarrschulen zwar vorgesehen, aber kaum vorhanden. Der Sprache der Kirche und der Kanzleien entsprechend handelte es sich vor allem um die Erlernung des Lateinischen. Die Unterrichtsfächer waren Grammatik, Rhetorik und Dialektik (das Trivium), Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Theorie der Musik (das Quadrivium), d. h. also die sieben Freien Künste, deren Gestaltung und Betrieb im einzelnen mit der Entwicklung der Scholastik zusammenhing. Nach Umfang und Wert waren die Schulen verschieden abgestuft: aus den entwickeltsten und berühmtesten ist im 13. Jahrh. das Studium generale, die Universität, entstanden. Den sieben Freien Künsten des Klerikers entsprachen die sieben Probitates des Ritters, zu denen neben sechs körperlichen Übungen doch auch das Versificare gehörte. Im spätern Mittelalter traten dann in den mächtig aufblühenden Städten die städtischen Pfarrschulen hinzu, ebenfalls lat. Schulen, jedoch mit ermäßigten Anforderungen; dagegen waren die deutschen oder Schreibschulen anfänglich Privatunternehmungen und dienten den Interessen des kleinen Bürgerstandes; das Rechnen lernte man ebenfalls privatim bei den sog. Stuhlschreibern oder Modisten. Gab es so in den Städten gegen Ende des Mittelalters verschiedene Schulgattungen, so blieb dagegen die Bildung des Landvolks durchaus vernachlässigt, und mit dem Zusammenbruch der Scholastik zeigte sich auch qualitativ ein Sinken und ein Verfall. Die Mehrzahl der lediglich auf das Schulgeld angewiesenen Lehrer war intellektuell und moralisch schlecht, und das Latein, das in den Schulen gelehrt wurde, wurde immer unlebendiger und barbarischer, auch die Mängel der mittelalterlichen Schulgrammatik, des Doctrinale, traten immer deutlicher zu Tage. Eine theoretische P. gab es im Mittelalter nicht.

II. Der Humanismus. In Italien bedeutet die Renaissance nicht bloß die Wiedererweckung des klassischen Altertums, sondern eine vollständige Umgestaltung des Lebens und der Weltanschauung, eine neue Bildung; sie war hier universal und natürlich. So wandte sich denn auch der humanistische Unterricht in erster Linie an die Erwachsenen, und erst in der zweiten Generation kam dann der Jugend-^[folgende Seite]