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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Paderewski; Pakracz; Paläogeographische Karten

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Paderewski - Paläogeographische Karten

beschränkt, vielmehr beruft man sich hier zum Teil auf ähnliche Bestrebungen im Auslande; in manchen Beziehungen gehen neuerdings Frankreich, Skandinavien und Nordamerika eigene und neue Wege.

Die Volksschule war in Deutschland inzwischen immer mehr zur Pestalozzischule geworden. In den dreißiger und vierziger Jahren hatte Diesterweg ein hervorragendes Verdienst, aber durch die Reaktion wurde er beseitigt, und die Stiehlschen Regulative von 1854 waren bemüht, dem Verlangen der Lehrer nach eigener besserer und erweiterter Bildung entgegenzuarbeiten und einen frömmelnden Geist in die Schule einzuführen. Unter dem Ministerium Falk (1872-79), in den Zeiten des Kulturkampfes, wo die Schule überhaupt zum Streitobjekt zwischen den Parteien zu werden drohte, wurden die Regulative wieder beseitigt, und der in ähnlich konfessionellem Geiste gehaltene Volksschulgesetzentwurf des Ministers von Zedlitz-Trützschler (1892) stieß auf so heftigen Widerstand, daß auf seine Durchführung verzichtet werden mußte. Die Feier von Pestalozzis Geburtstag 12. Jan. 1896 bewies ebenso wie die großen Lehrerversammlungen der letzten Jahre, daß die deutschen Volksschullehrer an dem freiern Pestalozzischen Geiste festhalten wollen, wenn sie inzwischen auch in der Methode vielfach von Herbart nur allzu abhängig geworden sind. In ihren Kreisen findet auch der ebenfalls auf Pestalozzi zurückgehende Gedanke einer socialen P. lebhaftesten Anklang und williges Verständnis, wozu in Theorie und Praxis allerlei gute Ansätze vorhanden sind. Ungelöst aber ist immer noch die Frage nach dem Verhältnis der Schule zur Kirche: während man in den meisten deutschen Staaten an der alten Konfessionsschule festhält und auf der andern Seite Frankreich es mit einem konfessions-, wenngleich nicht ganz religionslosen Moralunterricht versucht, hat Baden mit dem System der Simultanschulen gute Erfahrungen gemacht und hält sie und im Zusammenhang damit die ausschließlich fachmännische Schulaufsicht trotz aller Anfechtungen von konfessioneller Seite tapfer aufrecht. Unbefriedigt ist dann weiter auch noch das Verlangen der Lehrer nach einer wesentlich erweiterten und erhöhten Bildung und die echt sociale Forderung einer wirklich allgemeinen Volksschule. Endlich ist auch die Frage der höhern Mädchenbildung noch im Fluß: die preuß. Verfügung vom 31. Mai 1894 ist ein vielfach angefochtener Versuch, der dadurch, daß er den zehnjährigen Kursus der höhern Mädchenschule principiell auf einen neunjährigen reduziert hat, eher hemmend als fördernd wirken dürfte. Und ebenso ist für die Mädchengymnasien die rechte Form noch nicht gefunden. So bleiben auch auf dem Gebiet der P. dem 20. Jahrh. Aufgaben zu lösen, welche das 19. zwar gestellt, aber nicht zu Ende gedacht und geführt hat.

Die Litteratur zur Geschichte der P. ist überreich; vgl. die Hauptwerke von K. von Raumer, K. Schmidt, K. A. Schmid, die Handbücher von Stöckl, Schiller und Th. Ziegler, O. Willmanns Didaktik, Fr. Paulsens Geschichte des gelehrten Unterrichts; K. A. Schmids Encyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens, die bis jetzt erschienenen Bände der Monumenta Germaniae Paedagogica, und die seit 1890 erscheinenden Mitteilungen der Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte, beides von K. Kehrbach herausgegeben.

Paderewski, Ignaz Johann, Pianist und Komponist, geb. 6. Nov. 1800 in Kurylówka (Podolien), studierte auf dem Konservatorium in Warschau unter Janota, machte 1876-77 eine größere Konzertreise durch Rußland, war 1879-81 Lehrer am Warschauer Konservatorium, studierte noch bei Kiel und Urban in Berlin, 1884 bei Leszeticky in Wien und war kurze Zeit Lehrer am Konservatorium in Straßburg. Seit 1887 hat er sich durch zahlreiche Konzerte in Österreich, Paris, Deutschland, Belgien, Rumänien und besonders in England und Amerika (1891, 1893 und 1895-96) einen Weltruf erworben. P. ist unter den heutigen Pianisten einer der hervorragendsten. Von seinen Kompositionen seien ein Menuett (Op. 14, Nr. 1), "Chants du voyageur", eine Violinsonate (Op. 13), ein Klavierkonzert (Op. 17), zwei Hefte Variationen (Op. 11), ein Nocturno, eine "Fantaisie polonaise" für Klavier und Orchester und zwei Hefte Lieder (Dichtungen von Adam Mickiewicz, deutsch von A. Nossig) hervorgehoben. Paderewski-Vereine bestehen in Amerika, eine von dem Künstler selbst begründete Paderewski-Stiftung für amerik. Musiker in Neuyork.

Pakracz (spr. pákraz), kroat. Pakrac, polit. Gemeinde und Hauptort des Stuhlbezirks P. (26435 E.) im Komitat Požega in Kroatien-Slawonien, an der Pakra und der Barcs-Pakraczer Eisenbahn (Station P.-Lipik, 95 km) im Betriebe der Österr. Südbahn, ist Sitz eines griech.-orient.-serb. Bischofs und hat (1890) 2089 serb.-kroat., ungar. und deutsche E.; Seidenzucht, Wein- und Obstbau. Die frühere Festung ist in Ruinen. Bei P. das bekannte Jodbad Lipik (s. d., Bd. 11).

Paläogeographische Karten sollen zur Darstellung bringen zunächst die Verteilung von Meer und Festland in möglichst eng bestimmten Perioden der Erdentwicklungsgeschichte, dann aber womöglich auch die Ausgestaltung des festen Landes und die hauptsächlichsten Flüsse und Seen in der betreffenden Zeit. Man hat früher die Verteilung von Land und Meer in nicht zutreffender Weise nach der jetzigen Verbreitung der geolog. Formationen darzustellen gesucht. Ein solches Verfahren ist aber unzulänglich; es muß vielmehr auf die spätere Zerstörung der Sedimente durch Erosion und Abrasion Rücksicht genommen werden, es müssen die in späterer Zeit entstandenen Gebirge ausgeebnet werden, es müssen nach der Beschaffenheit der Sedimente die Küstenlinien und die annähernden Tiefenverhältnisse der Meere rekonstruiert werden. Das sind insgesamt sehr schwierige und umfangreiche Untersuchungen, die erst vereinzelt für kleinere Gebiete oder andererseits von einem ganz einseitigen, z. B. paläontologischen oder stratigraphischen Standpunkte aus in Angriff genommen worden sind, und bei denen das subjektive Urteil des Forschers schwer ins Gewicht fällt. So sind P. K. immer noch eine der hervorragendsten Aufgaben der zukünftigen geolog. Forschung; ihre Lösung wird erst die Geologie zu einer wahren Erdgeschichte machen.

Die Konstruktion von P. K. wird um so schwieriger, je weiter wir in die Vergangenheit der Erde zurückgreifen, und deshalb giebt die beigefügte Karte: Paläogeographische Skizzen Deutschlands und der benachbarten Gebiete, keine Skizzen aus der Zeit vor der obern Trias; für ältere Zeiten, z. B. für die besonders interessante Periode der produktiven Steinkohlenformation, ließen sich bisher nur einzelne Küstenstriche rekonstruieren wegen der großen Umwälzungen und der gebirgsbildenden Thätigkeit der Erde in der Permischen Periode. Auf