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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Posadowsky-Wehner - Posen (Provinz)
der That trägt ein großer Teil der Gemälde den Cha-
rakter der Antwerpener Schnle. Die Überlieferung
schrieb alle erhaltenen Sachen dem Maler Vasco
Fernandez zu, der große Vasco genannt. Dies ist
wahrscheinlich der in den dreißiger und vierziger Jah-
ren blühende Meister der großen Tafeln der Sakristei
von Sta. Cruz in Coimbra, der sich auf dem Pente-
costes-Bilde Velascus unterzeichnet hat. Die alte
Lokaltradition hat seinen Namen mit den vier großen
Altartafeln, jetzt in der Sakristei der Kirche von
Vizeu, verknüpft. Von jenem Velascus und seiner
Schule sind ein Teil der Tafeln in Sao Ioao zu Tho-
mar, in Vom Jesus zu Setubal und im hauptstädti-
schen Museum (die Abram Prim bezeichnete Folge).
Es lassen sich aber noch andere Malerpersönlichkeiten
unterscheiden: der bedeutendste ist der in Evora
thätige, aus Flandern gebürtige Frey Carlos (Mu-
seum zu Lissabon); ferner der Hosmaler, der die
Madonna mit den zwei Söhnen Ioäos II. malte,
von ihm ist das große Werk mit der Susanna und
der hell. Iulitta und die 20 Tafeln im Kapitelsaal
zu Vizeu; der "Maler von Sao Bento", sehr frucht-
bar und sehr niederländisch, ein Schüler des Quinten
Massys, wahrscheinlich jener Eduard. Das Interesse
dieser Schule liegt in dem Reflex des damaligen
blühenden Zustandes des Reichs, seiner Bauten,
seines Kunstfleihes, seiner Typen und Landschaften.
Außerdem finden sich aber auch Werke, die vyn
Niederländern gemacht oder durch den Export einge-
führt sind: wie die 13 großen Tafeln des Marien-
lebens im erzbischöfl. Palast zu Evora (von Ger-
hard David), die Altartafeln der Heiligen-Geist-
Kapelle de Miragaya und die im Hospital der Mi-
sericordia zu Oporto u. a. Von Dürers Beziehungen
zu dem portug. Faktor Rodrigo erzählt noch der heil.
Hieronymus im Museum (von 1520). In diesem
Äu86ii nacion^i d6 ZeiillZ ^i t08 zu Lissabon ist ein
Schatz der alten Meister, aus aufgehobenen Klöstern,
vereinigt; auch treffliche Renaissanceskulpturen fehlen
mcht. Das von dem Miniaturmaler Simon Beninc
ausgeführte genealog. Prachtwerk bewahrt das Bri-
tische Museum. Von der Anwesenheit des Antonis
Mor und Christoph von Utrecht ist keine Spur nach-
gewiesen. Der Miniaturmaler und Architekt Fran-
cisco d'Hollanda (geb. 1515, gest. 1584) predigte
die ital. Kunst (das Album seiner ital. Reise im
Escorial), deren Nachahmung nach der Mitte des
16. Jahrh, die seitdem in Bedeutung und Interesse
sinkendeMalerei beherrscht; Romanisten warenVasco
Pereira und Christovao Lopez. Von Malern späte-
rer Jahrhunderte stellen die Portugiesen hoch: Bento
Coelho da Silveira (gest. 1708), Francisco Vieira
de Mattos (gest. 1783), genannt Lusitano, Francisco
Vieira Portuense (gest. 1805) und Dom. Ant. Se-
queira (geb. 1768, gest. 1837). - Den Fremden wer-
den aus dem 17. und 18. Jahrh, mehr einige Zweige
des Kunstgewerbes interessieren, deren Pflege in
die maur. Zeit zurückreicht: die kunstvollen Holzdecken
und Holzvertäfelungen und die Keramik. In Lissa-
bon, Eantarem, Braga bewundert man umfang-
reiche ornamentale und figürliche Flächendekora-
tionen mannigfaltigsten kirchlichen und profanen In-
halts, ausgeführt auf glasiertenThonfliesen in kobalt-
blauer Farbe, seltener auch in vollen Farben.
Litteratur. Murphy, iliZtoi-^ ^nä cwLcription
ok tlie 15. OonvLQt ol LawikH (Lond. 1792); Ra-
czynski, 1^68 iii't3 6u I^oi-w^I (Par. 1846); ders.,
DictioQimirß IiiLtorieoartiätiHue äu^oi'tuFÄi (ebd.
1847); I. de Vilhena Barbosa, Hloiiunißutoö äs?oi-
tu^I (Lissab. 1886); Iusti, Die portug. Malerei des
16. Jahrh. (Berl. 1888); I. de Vasconcellos, ^ M-
tui'H portu^ue^I. N03 86eui03 XV 6 XVI (Oporto
1887); ders., Da. ai'cniwcturH inanoelina (Coimbra.
1885); Haupt, Die Baukunst der Renaissance in
Portugal (2 Bde., Franks, a. M. 1890-95).
*Posadowsky-Wehner, Arthur Adolf, Graf,
übernahm 1897 das Reichsamt des Innern und
wurde zum preuß. Staatsminister ernannt.
'"Posen, Provinz, hat (1895) 1828658 (880713'
männl., 947 945 weibl.) E., darunter 1227197
Katholiken, 559 760 Evangelische, 1662 andere
Christen, 40019 Israeliten und 20 Vekenner an-
derer Religionen. Die Zunahme gegen 1890 um
77 016 Personen oder 4,i Proz.; 3044 waren Neichs-
ausländer. Nach dem vorläufigen Ergebnis dev
Volkszählung gab es 172731 bewohnte Wohnhäuser,.
750 andere bewohnte Gebäude, 360469 Haushal-
tungen und 969 Anstalten, und es entfielen auf
die 131 Städte 538696 (263179 männl., 275517
weibl.) E., 39108 bewohnte Wohnhäuser, 116371
Haushaltungen und 641 Anstalten; auf die 3137
Landgemeinden 894697 (431 674 männl., 463023
weibl.) E., 109 759 bewohnte Wohnhäuser, 176 628-
Haushaltungen und 255 Anstalten, und auf die
1966 Gutsbezirke 394802 (185484 männl., 209313
weibl.) E., 23 864 bewohnte Wohnhäuser, 67 470
Haushaltungen und 73 Anstalten.
Land- und Forstwirtschaft. Von der Gesamt-
fläche entfallen (1893) auf Ackerland, Gartenland
und Weinberge 1806848, Wiesen 233197, Weiden
und Hutungen 107525, Forsten und Holzungen
573403, auf Haus- und Hofräume 25553, Od- und
Unland 35948, Wegeland und Gewässer u. s. w.
113 951 da. Die Erntefläche beNug 1895 von
Roggen 576 743, Hafer 139192, Weizen 83 534,
Gerste 87 896, Kartoffeln 256127 w, der Ernte-
ertrag 604855 t Roggen, 123367 Hafer, 90733
Weizen, 88161 Gerste, 2 684 784 Kartoffeln, 22 080
Erbsen, 11971 Wicken, 21063 Lupinen, 279150
Runkel-, 953109 Zucker-, 8360 Weihe und 54201
Kohlrüben, 72087 Mohren, 196 075 Klee (Heu),
45 954 Lupinen (Heu), 8457 Luzerne, 16 857 Serra-
della, 33 065 Mais, 31941 Grassaat aller Art und
481053 t Wiesenheu.
Der Viehstand hat in neuerer Zeit mit Aus-
nahme der Schafe erheblich zugenommen. Es wurden
1. Dez. 1892 gezählt 231436 Pferde, 1102 Esel,
752 746 Stück Rindvieh, 1001489 Schafe (Abnahme
gegen 1883:47,i Proz.), 548871 Schweine, 104142
Ziegen und 99181 Bienenstöcke. Der geschätzte Ver-
taufswert des Viehes betrug 216,333 Mill. M.
Industrie, Handel und Gewerbe. In Bezug auf
die Branntweinbrennerei steht die Provinz in ganz
Deutschland unerreicht da; sie produziert mehr
Spiritus als die nahezu um die Hälfte größeres
Nachbarprovinz Schlesien. Es wurden 1894/95 in
443 Brennereien aus 352778 t Kartoffeln, 17933 t
Getreide und 34 t andern Stoffen 418864 Kl Alko-
hol gewonnen. Die Biergewinnung tritt dagegen
wesentlich zurück; 147 Brauereien bereiteten aus
9176 t Malz und 85 t Surrogaten 525000 Kl Vier,
also nur 29 1 auf den Kopf der Bevölkerung.
17 Zuckerfabriken verarbeiteten 1204788 t Rüben
und erzeugten 164574 t Rohzucker.
Verkehrswesen. Die Provinz hatte 1891 Kunst-
straßen von 4600 km Länge, darunter 797 wn
Kreischausseen. Eisenbahnen waren Ende 1896 vor-
handen 1997 km, darunter 29 km Privatbahnen.