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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Trunksuchtspillen – Tschudi

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Trunksucht'

Vorentwurf eines Schweiz. Strafgesetzbuchs von 1896 zuläßt, daß das Gericht gegenüber Gewohnheitstrinkern, die zu Gefängnis von höchstens 1 Jahr verurteilt werden, neben der Strafe auch Verweisung in eine Trinkerheilanstalt ausspricht. Das Gericht verfügt die Entlassung, sobald die Person geheilt ist, jedoch spätestens nach 2 Jahren. Ebenso soll ein wegen Unzurechnungsfähigkeit freigesprochener Gewohnheitstrinker in eine solche Anstalt verwiesen werden können (Art. 28). Eine leichtere Strafe ist das Wirtshausverbot (Art. 27), zulässig für 1–5 Jahre, wenn ein Verbrechen auf übermäßigen Genuß geistiger Getränke zurückzuführen ist. (S. auch Alkoholismus.)

Trunksuchtspillen von Vollmann in Berlin, s. Geheimmittel.

Truppenübungsplätze (s. Lager, Bd. 10) bestehen im deutschen Heere 1896:

  • 1) Döberitz (Standort für den Kommandanten ist Spandau) für das Gardekorps;
  • 2) Arys (Standort Lötzen) für das 1. Armeekorps;
  • 3) Jüterbog für das 3. Armeekorps;
  • 4) Loburg (Standort Alten-Grabow) für das 4. Armeekorps;
  • 5) Senne (Standort Neuhaus) und
  • 6) Wesel für das 7. Armeekorps;
  • 7) Elsenborn (Standort Malmedy) für das 8. Armeekorps;
  • 8) Lokstedt (Standort Itzehoe) für das 9. Armeekorps;
  • 9) Munster (Standort Soltau) für das 10. Armeekorps;
  • 10) Darmstadt für das 11. Armeekorps;
  • 11) Hagenau für das 15. Armeekorps;
  • 12) Gruppe (bei Graudenz) für das 17. Armeekorps:
  • 13) Zeithain (Standort Riesa) für das königlich sächs. (12.) Armeekorps;
  • 14) Münsingen für das königlich württemb. (13.) Armeekorps;
  • 15) Lechfeld für das 1. und
  • 16) Hammelburg für das 2. bayr. Armeekorps.

Die Anlage von T. für die andern Armeekorps ist geplant, für das 5. im Etat für 1897/98 vorgesehen. Außerdem bestehen noch Artillerieschießplätze, die zeitweise auch von den übrigen Truppengattungen zu Übungen, besonders im Gefechtsschießen, benutzt werden: in Hammerstein (bei Danzig), Lamsdorf (Reg.-Bez. Potsdam) für Feldartillerie, und Thorn und Wahn (bei Köln) für Fußartillerie, sowie Königsbrück bei Dresden. In Frankreich bestehen Artillerieschießplätze schon seit langer Zeit, eigentliche T. sind erst neuerdings angelegt und noch geplant. Ein Gelände für Schieß- und andere Truppenübungen bietet nur das Lager von Châlons.

Trusenthalbahn, s. Brotterode.

Trynek, Dorf im Kreis Tost-Gleiwitz des preuß. Reg.-Bez. Oppeln, südöstlich bei Gleiwitz, hat (1895) 4764 E.; Ziegelei und Dampfmühle.

Tschackert, Paul, prot. Theolog, geb. 10. Jan. 1848 zu Freistadt (Niederschlesien), studierte in Breslau, Halle und Göttingen, habilitierte sich 1875 für Kirchengeschichte in Breslau, wurde 1877 außerord. Professor in Halle, 1879 zugleich Inspektor des Schlesischen Konvikts, 1884 ord. Professor in Königsberg, 1890 in Göttingen. T. schrieb: «Peter von Ailly» (Gotha 1877), «Die Päpste der Renaissance» (Heidelb. 1879), «Über evang. Kirchenbaustil» (Berl. 1881), «Evang. Polemik gegen die röm. Kirche» (Gotha 1885; 2. Aufl. 1888), «Vorteile und Gefahren, welche der Mission aus der Kolonialpolitik erwachsen» (Lpz. 1886), «J. Brießmanns Flosculi de homine interiore et exteriore, fide et operibus, die erste grundlegende Reformationsschrift aus dem Ordenslande Preußen vom J. 1523» (Gotha 1887), «Georg von Polentz, Bischof von Samland» (Lpz. 1888), «Unbekannte handschriftliche Predigten und Scholien Martin Luthers, ↔ aufgefunden, beschrieben und untersucht» (Berl. 1888), «Urkundenbuch zur Reformationsgeschichte des Herzogtums Preußen» (3 Bde., Lpz. 1890; in den «Publikationen aus den königlich preuß. Staatsarchiven», Bd. 43–45), «Paul Speratus» (Halle 1891), «Zur Jesuitenfrage» (Berl. 1891), «Herzog Albrecht von Preußen als reformatorische Persönlichkeit» (Halle 1894), «Ungedruckte Briefe zur allgemeinen Reformationsgeschichte» (Gött. 1894).

Tschiromo (engl. Chiromo), Ortschaft in Englisch-Centralafrika-Protektorat am mittlern Schire, an der Mündung des Ruo, südlich von Blantyre.

*Tschitral. In T. waren im Jan. 1895 Unruhen ausgebrochen. Der den Engländern günstig gesinnte Herrscher Nizam al Mulk wurde ermordet, und sein jüngerer Bruder Umra Chan bewies den Engländern sofort seine Feindseligkeit, indem er die engl. Besatzung von T., 460 Streitbare, völlig einschloß. Ohne Zögern bildeten die Engländer ein Expeditionskorps von 7 britischen, 9 Eingeborenenbataillonen, 3 Kavallerieregimentern und 4 Batterien, zu denen noch 4500 Mann Kaschmiri (Imperial Service Troops) hinzutraten. 30000 Kamele, Tragtiere und Ochsen folgten der Kolonne, die 1. April 1895 die Grenze von T. überschritt. Am 2. April morgens kam es zu einem heftigen Gefecht im Malakandpasse, und erst am Nachmittag konnten die Engländer den tapfern Widerstand leistenden Feind bewältigen. Am 4. April griffen 5000 Swatis die engl. Vorhut bei Khar an, wurden aber abgewiesen. Am 13. April überschritt die engl. Avantgarde den Panjkorafluß. Eine Abteilung von 500 Mann wurde über den 18700 Fuß hohen Paß Lowari vorausgesendet, um die Besatzung von T. zu entsetzen. Die Befreiung erfolgte jedoch durch eine von Gilghit aus Kaschmir vorgehende Kolonne unter Oberst Kelly, der mit 650 Mann trotz der denkbar größten Geländeschwierigkeiten in 29 Tagen 340 km zurücklegte, und zwar überschritt er im Winter ein bis dahin für unpassierbar gehaltenes Gebirge. Am 18. April vereinigte sich Kelly mit der Besatzung von T., worauf Umra Chan nach Kabul zum Emir von Afghanistan entfloh. Erst 10. Mai traf die Avantgarde der engl. Hauptkolonne in T. ein. Der Widerstand des Feindes war jetzt völlig gebrochen, das Land wurde von der ind. Regierung in Besitz genommen und der Beschluß des Ministeriums Rosebery, es wieder zu räumen, von dem neuen Kabinett Salisbury umgestoßen. – Vgl. Thomson, The Chitral Campaign (Lond. 1895).

Tschudi, Hugo von, Kunsthistoriker, geb. 7. Febr. 1851 auf dem Gut Jakobshof in Niederösterreich, Sohn von Joh. Jak. von Tschudi (s. d., Bd. 15), studierte in Wien Rechtswissenschaft und Kunstgeschichte und machte dann Reisen in Deutschland, den Niederlanden, England, Frankreich und Italien und später auch nach Spanien und Rußland. Nachdem er zunächst als Volontär am österr. Museum für Kunst und Industrie thätig gewesen war, wurde er 1884 Direktorialassistent an der Gemäldegalerie und der Abteilung der Bildwerke der christl. Epoche der königl. Museen in Berlin, erhielt 1894 den Titel als Professor und wurde 1896 zum Direktor der Berliner Nationalgalerie ernannt. Als solcher ist er auch Senator der Akademie der bildenden Künste. Er veröffentlichte mit K. von Pulszky den Text zu dem Werk «Landes-Gemäldegalerie in Budapest» (Wien 1883), mit W. Bode «Beschreibung der Bildwerke der christl. Epoche in den königl. Museen zu

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 987.