Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Anacuhuiteholz - Angelikawurzel
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Anacardien'
Beide Arten von A. werden als hautreizende Amulette
getragen, was unbedenklich ist, solange die Schale nicht
entfernt ist. Bei unvorsichtiger Anwendung der geöffneten
Früchte dagegen können sehr bösartige Geschwüre entstehen,
die weiter greifen als die applizierte Stelle. - Zollfrei.
Anacuhuiteholz (Lignum
Anacuhuitae); ein sehr bald wieder der Vergessenheit
anheimgefallener, 1861 aufgekommener Artikel des Droguenhandels
ist das Stammholz der Cordia
Boisseri, eines Baumes in Mexiko, sollte gegen
Lungenschwindsucht helfen. - Zollfrei.
Ananas ist die bekannte, wegen ihres
feinen Aromas hochgeschätzte Frucht der im tropischen Amerika
heimischen Bromelia Ananas;
sie wird dort auch auf Feldern angebaut und bei uns in
Treibhäusern vielfach gezogen. Von Westindien und Brasilien
aus wird A. sowohl im frischen Zustande als auch in Scheiben
geschnitten und in Zucker eingemacht nach Europa versendet.
Der Verkauf der frischen Früchte geschieht allgemein nach
dem Gewichte; das Kilo kostet 6-7 Mk. Man hat verschiedene
Varietäten. Zoll: S. Tarif im Anh.: Frische Nr. 9 g (zollfrei).
Mit Zucker eingemachte und solche in Büchsen s. Tarif
im Anh. 25 p 1.
Ananasäther (Ananasessenz); ein
Kunstprodukt, besteht aus einer Auflösung verschiedener
zusammengesetzter Äther in Feinsprit. Vergl.
Fruchtäther. - Zoll: Gemäß im Anh. Nr. 5 a.
Ananasfaser (Ananashanf, franz.
chauvre d'Ananas (Anmerkung des Editors: richtig: chanvre
d'Ananas), engl. Ananas hemp). Man sondert
sowohl aus den Blättern der gewöhnlichen Ananaspflanze, als
auch aus denen verschiedener andrer Arten die Fasern ab und
verwendet sie je nach dem Grade ihrer Feinheit zu Seilen,
Tauen u. s. w. oder auch zu feinen Geweben. Für letzteren
Zweck werden z. B. auf den Philippinen die jungen Schößlinge
im Schatten groß gezogen, um die Fruchtbildung zu
verhindern. Die aus solchen Fasern gewebten Tücher werden
Piñas genannt. - Zoll: S. Tarif im Anh.: rohe u. gebleichte
Fasern Nr. 5 i; die Waren daraus Nr. 22 d oder Nr. 22 e 2.
Anchovis. Kleine, den Sardellen
ähnliche Fischchen, mit diesen oft verwechselt, aber durch
Schuppenlosigkeit von ihnen unterschieden
(Clupea encrasicholus).
Sie sind etwa spannenlang, am Rücken blaubräunlich, sonst
silberweiß. Die Länge steigt selten über 12-15 cm. Der Fisch
lebt in der Nord- und Ostsee, in dieser am seltensten, um
das ganze übrige Europa herum und im Mittelmeer von der
griechischen Küste bis Gibraltar. Zur Laichzeit drängen
sie sich in dichten Scharen wie die Sardellen an die Küsten
und werden dabei massenhaft gefangen, meistens bei Nacht
und Feuerschein, indem man das Fangnetz flach aufs Wasser
breitet, so daß die von dem Licht angezogenen Tiere in die
Maschen des Netzes eindringen und mit ihren Kiemen darin
hängen bleiben. Den Gefangenen wird sogleich Kopf und
Eingeweide mit einem Ruck abgerissen, die Körper gereinigt,
gleich in Fässer mit Salz geschichtet und möglichst dicht
eingeschlagen. Das Fleisch der eingesalzenen
Fische wird nach einigen Monaten nelkenfarbig. Andre werden
wie die Sardellen nur leicht angesalzen
↔
und in Öl oder geschmolzener Butter gesotten in verlöteten
Blechbüchsen oder in Gläsern in den Handel gebracht. Wieder
andre werden geräuchert. Im frischen Zustande genossen
schmeckt übrigens der Fisch am delikatesten. Die Fangzeit
ist vom Dezember bis April, doch fischt man ihrer auch im
Sommer. Die aus Italien kommenden A. haben ihre Köpfe noch
und sind größer als die spanischen und portugiesischen; die
spanischen sollen sich nicht gut halten und leicht thranig
werden. Die von der kleinen italienischen Insel Gorgona
verschickten Fische sind die teuersten und werden für die
einzig echten angesehen; geringer und viel wohlfeiler sind
die französischen, sizilianischen und holländischen. Letztere
sind schuppenlos, sehr groß und haben ein weisses grobes
Fleisch. Die besten nordischen gesalzenen A. kommen aus
Norwegen. Ihr Geschmack ist durch Beigabe von Dragunkraut
(Estragon) würzhaft gemacht. Vergl. übrigens
Sardellen.
Anchovy-Pasta ist
Sardellenbutter, die in Dosen von etwa 500 g Inhalt verkauft
wird. - Zoll: S. Tarif im Anh. Nr. 37 a (frische); Nr. 25
g 2 (gesalzene); Nr. 25 p 1 (alle weiter zubereiteten oder
in hermetisch verschlossenen Büchsen eingehenden).
Andorn (Gottvergessenkraut, weißer
Dorant, Marobelkraut, Mariennesselkraut, lat.
herba Marrubii albi; franz.
herbe de Marrube blanc; engl. Horehound); die getrockneten
Spitzen der blühenden Stengel und Blätter von
Marrubium album s. M.
vulgaris, einer in ganz Mitteleuropa wild
wachsenden Pflanze mit hohlem, fast vierkantigem Stengel,
der mit grauweißem Filz überzogen ist und rundliche, gegen
den Blattstiel hin verschmälerte, grob gekerbte Blätter
trägt; dieselben sind runzelig, oberseits graugrün und
weichhaarig, unten weißfilzig. Die Blüten sitzen zu Quirlen
vereinigt in den Blattwinkeln. Das getrocknete Kraut hat
einen nur schwachen Geruch, aber bitteren Geschmack und
wird medizinisch verwendet. - Zollfrei, auch wenn es
getrocknet und pulverisiert ist.
Angelikaöl (Oleum
Angelicae); ein schwach gelb gefärbtes ätherisches
Öl von sehr starkem aromatischen Geruch und brennendem
Geschmack; es wird aus der Angelikawurzel durch Destillation
mit Wasserdampf gewonnen und hauptsächlich zur Bereitung
aromatischer Liköre verwendet. Aus dem Samen der Angelika
gewinnt man ebenfalls Öl, das jedoch einen etwas andern Geruch
besitzt. Das beste ist das aus den Angelikawurzeln des
sächsischen Erzgebirges, dann folgt das aus thüringer Wurzeln
und das aus den Wurzeln des Harzes. Zoll: Gemäß Tarif im
Anh. Nr. 5 a.
Angelikawurzel (Engelwurzel,
Theriakwurzel, Brustwurzel, lat. radix
Angelicae; franz. racine d'archangélique; engl.
Officinal Longwort); die getrocknete Wurzel der in den
Bergwäldern Mitteleuropas wildwachsenden, aber auch vielfach
kultivierten Doldenpflanze: Archangelica
officinalis. Die A. besteht aus einem mit zahlreichen
dicken und langen Fasern umgebenen Wurzelkopf von brauner
Farbe und stark aromatischem Geruch und Geschmack; die
Wurzelfasern werden gewöhnlich zu einem zopfähnlichen
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 18.