Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Angolaholz - Anilin
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Angelikawurzel'
Bündel zusammengedreht; auf dem Querschnitt erkennt man in
der weißlichen Rinde zahlreiche, mit einem rötlichgelben
Balsam gefüllte kleine Behälter. Die Wurzel von kultivierten
Pflanzen wird vorgezogen, man sammelt sie im Frühjahr oder
im Herbste. Als beste Sorte gilt die sächsische A. aus der
Gegend von Bockau bei Schwarzenberg; die jährliche Produktion
soll sich dort auf 50000 kg belaufen. Auch in Thüringen und
am Harz wird viel A. angebaut, so namentlich in der Gegend
von Cölleda, Jena, Gebsen, Quedlinburg, Gernrode u. s. w.
Verwechslungen mit den Wurzeln der
Angelica silvestris kommen
wohl kaum noch vor, da man fast ausschließlich nur kultivierte
Ware kauft. Der Geruch jener Wurzel ist von dem der echten
ganz verschieden und die Farbe ist mehr grau als braun.
Die A. wird teils in Apotheken, teils zur Fabrikation von
Likören und Angelikaöl verbraucht. Außer dem ätherischen
Öle enthält die A. noch eine besondere Säure, die
Angelikasäure, und einen
kristallisierbaren Stoff, das
Angelicin, als
charakteristische Bestandteile. - Zollfrei. Angelikalikör
Nr. 25 b des Tarifs im Anhang.
Angolaholz (afrikanisches Sandelholz,
franz. bois dé Cam, engl. Camwood). Eine Art Rotholz aus
Angola und andern Gegenden der afrikanischen Westküste, von
Baphia nitida, einer
Leguminose, stammend. Es ist dem Fernambuk ähnlich und sowohl
als Farb- wie als Tischlerholz dienlich. Falls als
Tischlerholz brauchbare Stücke eingehen, gemäß Tarif im
Anhang Nr. 13 c; dagegen geraspelt, gemahlen etc. Nr. 5 i.
Angorafelle, d. s. diejenigen der
anfangs genannten persischen und levantischen Ziegen, bilden
auch ein, wenn auch minder bedeutendes Objekt des
Rauchwarenhandels; sie werden teils weiß (naturell) zu
Besätzen, teils in bunten Farben gefärbt zu Teppichen u.
dergl. benutzt. Die sogenannten "Angoradecken", die meistens
zu letzterem Zweck benutzt werden, stammen indes von dem
englischen langhaarigen (Southdown) Schaf.
Angorawolle (Angorahaar, Kämelhaar,
unrichtig Kamelhaar). Das Kämelhaar kommt von der
Kämelziege, einem in der
Gegend von Angora in Kleinasien gezüchteten kleinen Schlag
von Ziegen mit gewundenen Hörnern und Hängeohren, deren Name
durch das arabische chamal = zart, fein, erklärt wird. Die
ihr ähnliche persische
Ziege, mit demselben Haarwuchs, liefert ihr Haar unter
derselben Bezeichnung. Andre Ziegenhaare aus der Levante
sind weniger geschätzt und wohlfeiler. Das Kämelhaar ist
lang (das beste hat 30 cm), fein, weich, seidenartig glänzend
und krauslockig, meistens ganz weiß, zuweilen grau und am
seltensten schwarz. Die schwarze und die weiße Sorte sind am
meisten geschätzt. Eine geringere Sorte ist die sogenannte
Wickelwolle (Pelotage).
Die Stadt Angora und ihre Umgegend ist seit langer Zeit
berühmt wegen des feinen Garnes, das die Weiber dort aus
dem Ziegenhaar zu spinnen verstehen, und der daraus gewebten
vorzüglichen Zeuge, die unter dem Namen Kamelotte, Serge
und Shawls von Angora bekannt sind, in größter Menge in der
Levante selbst verbraucht werden, früher auch nach Europa
kamen. In großen Mengen
↔
aber wurden die im Orient gesponnenen
Garne in verschiedenen
Feinheitsgraden in Europa eingeführt, während man hier seit
einigen zwanzig Jahren immer mehr nur den Rohstoff von
dorther bezieht und die Spinnerei selbst besorgt. Die Einfuhr
des Kämelhaars in Europa ist im Abnehmen; sie soll in England
jährlich etwa 100000 kg betragen. Die Ausbildung der
Kammgarnspinnerei mit ihren jetzt so schönen Erzeugnissen
hat dem Artikel Abbruch gethan, wenn schon die Kammgarne an
Glanz nicht den Kämelgarnen gleichkommen. Die Ziegenwolle
heißt bei den Franzosen Poil de chevre,
bei den Engländern Mohair, und unter
dieser Bezeichnung gehen denn auch die verschiedenen Webwaren,
in welche der Stoff ganz oder teilweise eingeht (s. d. Artikel). -
Das eigentliche Kamelhaar
und das vom Trampeltier ist ebenfalls ein Spinnstoff, den
man aber in den Ländern, wo das Tier gehalten wird, meistens
selbst verarbeitet und von dem wenig nach Europa kommt.
Es ist auch nicht so beschaffen, daß es mit dem Kämelhaar
verwechselt werden könnte. Das Haar wird vom Rücken, Hals
und Bauch genommen; das vom Rücken ist das beste und in der
Qualität überhaupt steht das persische obenan. Es kommt in
den Farben schwarz, rot und grau vor, und in dieser Reihenfolge
gehen auch die Preise abwärts. Das feinste Haar gibt ziemlich
gute, doch glanzlose Kamelotte, die geringere Sorte gröbere
Zeuge, Filzdecken u. s. w. Das nach Frankreich und England
gehende Haar wird teils zur Hutmacherei, teils zu feinen
Pinseln benutzt. - Zoll: Gemäß Tarif im Anh. Nr. 41 a bis d.
Angosturarinde
(Cortex Angosturae verus,
Carony); nach der gleichnamigen südamerikanischen Stadt
benannte Rinde, wurde ehemals medizinisch verwendet, ist
aber jetzt ganz außer Gebrauch gekommen. Hierzu hat namentlich
die häufige Verwechslung mit der sehr giftigen falschen A.
beigetragen, die vom Krähenaugenbaum abstammt. - Zollfrei.
Anhydrit ist wasserfreier natürlicher
schwefelsaurer Kalk; er findet sich fast überall als
regelmäßiger Begleiter der Steinsalzlager. - Zollfrei.
Anilin (Phenylamin, Amidobenzol,
Kyanol, Benzidam; lat.
Anilinum; franz.
Aniline); eine stickstoffhaltige organische Basis, die
schon in geringer Menge im Steinkohlenteer enthalten ist,
gewöhnlich aber aus dem Benzol des Steinkohlenteers
fabrikmäßig dargestellt wird, da dieses in größerer Menge
im Teer enthalten ist als das A. Im Handel hat man
reines A. und
Rohanilin zu unterscheiden,
welches letztere gewöhnlich
Anilinöl genannt wird.
Dieses ist ein Gemenge verschiedener, aber ähnlicher Basen,
von denen Anilin,
Paratoluidin und
Orthotoluidin die
Hauptmenge bilden. Man stellt das Rohanilin aus dem Rohbenzol
dar, welches aus Benzol und Toluol, nebst sehr kleinen
Mengen Xylol u. s. w. besteht. Diese Kohlenwasserstoffe
werden zunächst nitriert, d. h. durch Behandlung mit einer
Mischung von Salpetersäure und Schwefelsäure in
Nitrobenzol und
Nitrotoluol verwandelt.
Das Gemenge dieser beiden Stoffe wird hierauf durch Behandlung
mit
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 19.