Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Benzoë - Benzoësäure
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Benzin'
unterscheidet reines Benzol
und Rohbenzol. Reines
Benzol (Phenylwasserstoff)
ist eine farblose, leicht bewegliche, klare Flüssigkeit von
nicht unangenehmen Geruch, verdunstet schnell, siedet bei 80,4°
C. und ist sehr feuergefährlich; es hat bei 15° C. ein
spezifisches Gewicht von 0,8841 und erstarrt bei -6° C. zu
einer weißen kristallinischen Masse; enthält das Benzol fremde
Beimengungen, so erstarrt es nicht. In Wasser ist es fast
ganz unlöslich, löslich dagegen in starkem Alkohol, Äther und
ähnlichen Flüssigkeiten. Solches reines Benzol wird nur zur
Darstellung von reinem Anilin (s. d.) behufs
Fabrikation gewisser Farben verwendet. Für Rohanilin und Fuchsin
muß man sogar ein unreines Benzol verwenden, welches noch
Toluol enthält; ein Kohlenwasserstoff, der zwar dem B. ähnlich
ist, aber eine andere Zusammensetzung und einen höheren
Siedepunkt besitzt. Je nachdem der Gehalt von reinem Benzol in
einem solchen Gemenge geringer oder größer ist, unterscheidet
man 30, 60 und 90 prozentiges Benzol. - Behufs Gewinnung des
Benzols wird der vom Ammoniakwasser möglichst getrennte
Steinkohlenteer einer Destillation unterworfen, wobei zunächst
entzündbare Gase entweichen und noch etwas Ammoniakwasser
übergeht. Hierauf kommen die leichtflüchtigsten flüssigen
Kohlenwasserstoffe, die bis zu 200° Siedepunkt allmählich
steigend ungefähr 2 bis 6% des Theers betragen. Diese werden
für sich aufgefangen und nach passender Behandlung mit
Schwefelsäure und dann mit Ätznatronlauge einer nochmaligen
Destillation unterworfen. Hierbei wird der zwischen 80 und 115°
C. übergehende Anteil für sich aufgefangen; dies ist das
Rohbenzol des Handels, es
besteht, wie schon oben erwähnt, aus Benzol und Toluol, nebst
sehr kleinen Mengen von Xylol. Eine Trennung dieser Bestandteile
wird, wenn nötig, in besonders konstruierten Destillationsapparaten
ausgeführt. Die höher siedenden Kohlenwasserstoffe werden
unter dem Namen Benzin für Gummiwarenfabriken verkauft. -
Benzol und Toluol aus Steinkohlenteer sind zollfrei, Benzin
wie Petroleum.
Benzoë (Benzoëharz, resina Benzoës,
Asa dulcis); ein Artikel des Droguenhandels, besteht aus dem
festgewordenen harzigen Ausfluß von Benzoin officinale, eines
zu den Styraceen gehörigen Baumes Hinterindiens und der
ostindischen Inseln, der auch dort kultiviert wird und in
neuerer Zeit auch nach Brasilien verpflanzt wurde. Junge 6-7
jährige Bäume geben die beste B., alte liefern nur eine dunkle
und schwach riechende Sorte. Man gewinnt das Harz durch
Einschnitte, welche man in die Rinde macht. Der Form nach
unterscheidet man im Handel drei Sorten von B., nämlich:
a) Benzoë in Thränen
(Benzoë in lacrymis),
besteht aus thränenförmigen, losen, kleinen Stückchen von
weißer, bis gelblicher oder rötlicher Farbe und opalartigem
Aussehen; gilt als die beste Sorte,
b) Mandelbenzoë
(Benzoë amygdaloides),
bildet unregelmäßig gestaltete Bruchstücke von
rötlichbrauner Farbe, in welcher zahlreiche weiße oder
gelblichweiße, häufig mandelförmige Stücke verteilt sind.
Die Masse ist hart und beim Daraufschlagen bröcklig.
c) Blockbenzoë,
so genannt, weil sie in Form großer Blöcke
↔
in den Handel kommt; ist der vorigen ähnlich, nur weniger
rein und dunkler gefärbt.
Sämtliche Sorten von B. haben einen angenehmen Geruch;
sie enthalten drei sich wenig von einander unterscheidende
Harze und Benzoësäure oder Zimtsäure, zuweilen auch beide
Säuren zugleich, von 12-20 Prozent. Man teilt daher die
Benzoësorten auch ein in
zimtsäurefreie und
zimtsäurehaltige Benzoë;
erstere wird zum medizinischem Gebrauche, letztere für
Parfümeriezwecke verwendet. Die Gegenwart von Zimtsäure
in einer B. erkennt man leicht auf folgende Weise: Man
zerreibt die B. zu Pulver, kocht dieses mit etwas Wasser
und filtriert; das Filtrat wird durch Verdampfen etwas
konzentriert und dann mit etwas übermangansaurem Kali zum
Kochen erhitzt; wenn Zimtsäure vorhanden ist, tritt
hierdurch der Geruch nach Bittermandelöl auf. - Nach dem
Produktionsländern unterscheidet man:
Siambenzoë,
Kalkuttabenzoë,
Sumatrabenzoë und
Penangbenzoë; letztere
beiden sind zimtsäurehaltig und besitzen auch einen etwas
anderen, mehr storaxartigen Geruch. - Zollfrei.
Benzoëäther (Benzoësäureäther,
Benzoëvinester, benzoësaures Äthyloxyd, Benzoësäureäthyläther,
Aether benzoicus); eine
wasserhelle farblose, aromatische, im verdünntem Zustande
sehr angenehm riechende Flüssigkeit, wird durch Digestion
einer Mischung von Alkohol, Benzoësäure und starker Salzsäure
erhalten und zur Bereitung von Fruchtäthern verwendet. In
Wasser ist der B. nur sehr wenig, in Alkohol leicht löslich.
- Zoll: S. Tarif im Anhang, N. 5 a.
Benzoësäure (Benzoylsäure,
Benzoëblumen, acidum benzoicum,
flores Benzoës); eine in verschiedenen Balsamen und Harzen
enthaltene organische Säure, kann auch auf verschiedene Weise
künstlich erhalten werden. Reine B. erhält man gewöhnlich in
weißen, schönglänzenden, blättrigen Kristallaggregaten ohne
Geruch. Nur die aus dem Benzoëharze durch Sublimation bereitete
B. besitzt einen schwachen, angenehmen, von beigemengten
flüchtigen Stoffen herrührenden Geruch. Bei 121° C. schmilzt
die B. zu einer farblosen Flüssigkeit, die bei 249° C. siedet
und sich dann in zum Husten reizenden Dämpfen unverändert
verflüchtigen läßt. In Wasser ist die B. nur in geringer Menge
löslich. Aus der Benzoë bereitet man die B. entweder auf
trockenem Wege durch Sublimation oder auf nassem durch
Auskochen; mit Kalkmilch und Zersetzen des benzoësauren Kalks
mit Salzsäure. Künstlich kann die B. auf verschiedene Weise
erzeugt werden, so z. B. aus dem Naphtalin, doch hat man diese
Fabrikation wieder aufgegeben, da sich herausgestellt hat,
daß die hieraus bereitete B. sich zur Anilinfarbenfabrikation
- dies ist die Hauptverwendung der B. - weniger gut eignet.
Dagegen wird für diesen Zweck hauptsächlich
Harnbenzoësäure verwendet,
die man aus der in dem Harn der Rinder und Pferde enthaltene
Hippursäure bereitet. In
Königsberg und bei Nürnberg sind Fabriken, die diese Säure in
großen Quantitäten bereiten. Die aus der Benzoë bereitete B.
wird nur zu medizinischen Zwecken verwendet. Mit den Basen
bildet die B. die benzoësauren
Salze, Benzoate genannt;
von diesen werden nur einige
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 47.