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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Borden; Borten; Botanybaiholz; Bourette

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Borsten - Bourette

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Borsten'

Landschweine hat aussterben lassen und die jetzigen durch künstliche Zucht erzeugten Tiere fast nackt sind. Die besten, d. h. stärksten, längsten, spannkräftigsten B. kommen sonach aus Rußland und Polen; auch die rumänischen sind geschätzt; die norddeutsche und ungarische Ware ist mittelgut; Frankreich, England, selbst Amerika müssen starke B. einführen und beziehen große Mengen über den deutschen Markt. Ein großer Teil der Ware passiert die Leipziger Messen, soweit dieselbe nicht von den Ost- und Nordseehäfen per Schiff weiter westlich spediert wird. Die Fässer, welche den B. zur Emballage dienen, sind mitunter von imposanter Große, und wenn man weiß, daß ½ k bester Sorte etwa 7,50 Mk. kostet, so läßt sich in einem solchen Frachtstück leicht ein Wert von 3000 Mk. annehmen. Sehr wesentlich bei dieser Ware ist das Sortieren, nicht bloß nach dem Standort am Tier, sondern noch nach mancher andern Rücksicht. Es gibt daher zahme und wilde, Winter- und Sommer-, lebende und tote Ware, d. h. von geschlachteten und von gefallenen Schweinen. Das im Winter geschlachtete Vieh gibt viel kernigere Ware als die im Sommer erhaltene; ferner ist die kalt ausgeraufte besser als die, welche durch Abbrühen oder durch Kalkbeize losgemacht wird. Die ersten Aufkäufer erhalten von den Fleischern natürlich den ganzen Hautbesatz. Durch Kämmen wird hiervon zunächst das Wollhaar abgesondert, das Übrige erst nach der Farbe und jede Farbe wieder für sich in drei Sorten geschieden. Der Bürstenfabrikant muß dann noch gründlicher reinigen und sortieren lassen nach Länge und Kürze, Steifheit und Weiche. Gereinigt und geschönt werden die B. je nachdem durch Waschen mit heißem Alaunwasser, mit Seife, durch Aussetzen an die Sonne oder durch eine Bleiche in wässriger, schweflicher Säure. Nicht alle nehmen die Weißbleiche an, die russischen sehr gut, sie werden dadurch auch glänzend und behalten ihre Elasticität; von den weißen werden noch für Luxuswaren manche gelb, rot u. s. w. gefärbt. Die mißfarbigen und scheckigen können nur noch durch Schwarzfärben veredelt werden. In den Handel kommt die Ware teils nur oberflächlich gereinigt und sortiert (Rauhborsten), teils geschieden als Schuster-, Bürstenbinder-, Pinselborsten, bald in Schachteln, bald in Packeten. Die weißen sind die teuersten, schwarze von guter Beschaffenheit haben aber auch einen höhern Wert. Graue, rote, braune u. s. w. gehen zusammen als melierte. Das Reinigen, Zurichten und Sortieren der B. für die verschiedenen Zweige der Verwendung und nach dem Geschmack der Abnehmer in den Westländern gibt in mehreren deutschen Städten, wie Frankfurt a. d. O., Breslau, Hamburg, Wien, Nürnberg, vielen Leuten Beschäftigung. Die Stacheln des Stachelschweins, die als verwachsene B. angesehen werden müssen, benutzt man als Stahlfederhalter. Die Einfuhr von B. in das deutsche Zollgebiet betrug im Jahre 1878: 1658800 k brutto gegen 2105550 k in 1877, die Ausfuhr betrug 1398000 k gegen 1350600 k in 1877. Großbritaniens Einfuhr belief sich 1877 ↔ auf 2653460 engl. Pfund, die Ausfuhr auf 98955 engl. Pfund. - B. sind zollfrei. Die Waren daraus werden gemäß Tarif im Anhang No. 4 a und b verzollt.

Borten oder Borden (frz. passement, engl. trimming lace); sind schmale, bandartige Gewebe, welche entweder auf der Bandmühle oder dem Posamentierstuhle ohne oder mit Hilfe der Jacquardmaschine aus verschiedenen Gespinsten hergestellt werden. Sie sind größtenteils gemustert und dicker gewebt wie Bänder aus Wolle, Seide, Flachs, Baumwolle. Einen besonderen Geschäftszweig bildet die Herstellung der Gold- und Silberborden aus echtem und unechtem Gold- und Silbergespinst. Diese B. führen z. T. auch die Bezeichnung Tressen. Die B. werden je nach ihrer Bestimmung unterschieden als Besatzborden zu Möbeln, Livreen, Wagen- und Pferdegeschirren u. s. w. Als B. bezeichnet man öfter auch breitere aus festen Stoffen gewebte Bänder, die gewöhnlich Gurt heißen, z. B. die zu Stiefelstrippen gebrauchten. Besondere Klassen bilden die aus vergoldetem Papier gepreßten Goldborden für Buchbinderei und Galanteriewaren, und die zu den Papiertapeten gehörigen Einfaßstreifen, die man wohl auch Bordüren nennt. Zoll: Gewebte, siehe Bänder. Auf dem Posamentierstuhl hergestellte Borden werden gemäß Tarif im Anhang Nr. 2 d 3 (baumwollene), 22 h (leinene), 30 e (seidene), 41 d 6 α (wollene) verzollt. Die Verbindung mit Metallfäden ändert an der Verzollung nichts. Vgl. Anhang.

Botanybaiholz (Ochsenfleischholz, Boeuf-wood); diesen Namen führen zwei Hölzer;

1) ein aus Australien in Scheiten und Brettern zu uns kommendes, von verschiedenen Casuarineen abstammendes Holz;

2) ein aus Ostindien kommendes, von der Dalbergia latifolia abstammendes, anfangs blaues, später tief schwarz werdendes Holz (ostindisches Rosenholz, Black-wood); dieses führt also den Namen B. mit Unrecht.

Beide werden zu feinen Tischler- und Drechsler arbeiten benutzt. - Zoll: S. Tarif im Anhang Nr. 13.

Bourette (Seidenwerg-Staude, frz. bourre de soie). Mit dem Namen B. werden die noch spinnbaren Abgänge bei dem Kämmen der Florett-Seide (s. d.) belegt. Die Verarbeitung dieser Abfälle datiert aus den letzten 50 Jahren und wird gegenwärtig vorwiegend in der Schweiz betrieben. Das Seidenwerg ist eine Masse wirr durcheinander liegender Seidenfasern von verschiedener Länge, verunreinigt durch Schalenteile der Puppe und feine ovale Knötchen. Die mittlere Faserlänge liegt je nach Qualität bei 30-50 mm. Die Verarbeitung gleicht fast ganz der der Baumwolle und besteht in Mischen oder Melieren zur Erzielung der richtigen Qualität und angemessenen Preises, Auflockerung, Krempeln oder Kandieren, Kämmen, Strecken, Vorspinnen, Feinspinnen, Zwirnen. Die fertigen Garne werden auf Maschinen geputzt, um die noch in reicher Menge vorhandenen Unreinigkeiten zu entfernen (das Garn verliert beim Putzen 20-35% an Gewicht); dann auf Gassengmaschinen gesengt, um den Faden glatt und glänzend zu machen. Appretur durch gummiatige

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 64.