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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

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Eisen - Eisen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Eisen'

von Jahren eintreten kann. Während dem gibt der Ofen beständig Eisen, welches zu kleinem Teile gleich in Formen gegossen wird; es geschieht dies für große Maschinenteile und andre Stücke, die aus gröberer Masse bestehen können (Hochofenguß). Abgesehen hiervon erzeugen die Hochöfen verkäufliches Roheisen. Das im Eisenkasten des Hochofens sich sammelnde flüssige E. wird 2-3 mal des Tages abgestochen, d. h. durch das an tiefster Stelle befindliche Stichloch abgezogen, und fließt in flache eiserne oder in Sand hergestellte Formen. Die erstarrten Blöcke führen die Bezeichnung Flossen und Gänze; die erstem sind muldenförmig, die andern 1-1,3 m lange, armstarke Barren. Das Roheisen selbst fällt je nach Umständen verschieden aus und bildet zwei Hauptkategorien, weißes und graues. Das erstere entsteht bei mäßiger Hitze und kommt dickflüssig aus dem Ofen. Seine weiße Farbe zeigt an, daß aller aufgenommene Kohlenstoff in der Masse chemisch gebunden ist. Graues dünnflüssiges Roheisen bildet sich stets bei großer Ofenhitze. Es ist bedeutend weicher als das weiße Roheisen. Der Kohlenstoff scheidet sich beim Erstarren zum Teil in Form feiner Graphitschüppchen aus, wodurch die graue Färbung entsteht. Durch rasches Abkühlen des Gusses wird die Gelegenheit zu dieser Ausscheidung abgeschnitten und das graue E. erscheint dann mit weißer Kruste und ist äußerlich so hart wie jenes. Man benutzt dies Verhalten bei dem sog. Hart- oder Schalengusse zur Erzeugung harter Blechwalzen, Reifen für Eisenbahnräder, Schienenkreuzungen, Geschosse für Artillerie etc. Solche Güsse werden in metallenen Formen ausgeführt, welche das Eisen außen rasch erstarren lassen. - Schweiß- und Flußeisen. - Herstellung. - Dies E. wird entweder direkt aus den Erzen oder aus dem Roheisen durch Entziehung von Kohlenstoff hergestellt. Die direkte Verarbeitung der Erze auf Schmiedeisen ist vielfach versucht, aber wenig in dauernde Anwendung genommen worden, weil nur reine, reiche und leichtflüssige Erze brauchbar sind, weil der Brennmaterialaufwand und der Verlust an E. durch Verschlackung ein sehr großer war. Dennoch liefert dieser Weg ein vorzügliches, zähes E. In neurer Zeit hat Siemens ein Verfahren angegeben, welches günstigere Betriebsresultate aufweist. Das Eisenerz wird in einem rotierenden, einem liegenden Faß ähnlichen Ofen eingeschmolzen; die Zuschläge sind so gewählt, daß eine basische Schlacke entsteht. Die Reduktion der Erze - d. h. die Verbrennung des Sauerstoffes derselben, erfolgt durch Zufügung von Steinkohle. Das gebildete E. ist sehr rein, da die Verunreinigungen in die Schlacke gehen. - Die Umwandlung des Roheisens in Schmiedeisen (das Frischen) erfolgt entweder im Herd oder im Puddelofen (Herdfrischen und Puddelfrischen oder Puddeln). Weiße Roheisensorten stehen hierzu fast ausschließlich in Verwendung. Bei dem Herdfrischen wird das Roheisen mittels Holzkohlen- oder Holzfeuer unter scharfem Gebläsewind niedergeschmolzen, wobei ein Teil des Eisens oxydiert und der Kohlenstoff nach und ↔ nach verbrennt. Dadurch, daß man das E. wiederholt der höchsten Glut und dem Winde aussetzt, entsteht ein Klumpen (Luppe) Schmiedeeisen von teigartiger Beschaffenheit, den man sofort unter Hämmern behufs Verdichtung und Entfernung der Schlacke zu Stangen oder Schienen ausschmiedet. Das durch Herdfrischen erzeugte E. ist hart, körnig, zähe und dicht; letzteres namentlich, weil es mit wenig Schlacke in Berührung kam. Zur Herstellung muß ein sehr reines Roheisen verwendet werden, weil bei dem Prozeß namentlich Phosphor und Schwefel nur zu ganz geringen Teilen ausscheiden. Durch Herdfrischen kann man nur kleine Eisenmengen gewinnen; die Herstellungskosten fallen des teuren Brennmaterials wegen ebenfalls hoch aus. Aus diesen Gründen ist von den meisten Orten seit langer Zeit schon das Puddeln betrieben worden, wobei die Verwendung geringerwertiger Brennmaterialien und die Erzeugung größerer Massen E., allerdings nicht von gleicher Güte, möglich ist. Das Roheisen wird durch glühende Gase und darüber streichende Flammen in einem mit flacher muldenförmiger Vertiefung versehenen Ofen eingeschmolzen und mit viel Schlacke, welche reich mit Eisenoxydoxydul durchsetzt ist, bedeckt. Der Sauerstoff des Letzteren verbrennt den Kohlenstoff des Roheisens. Beständiges Umrühren der geschmolzenen Masse ist notwendig, um die Entkohlung gleichmäßig zu machen. Das E. ballt sich allmählich zu kleinen Brocken und Körnern zusammen, die man durch Rollen und Walzen zu größeren Luppen, welche ein schwammartiges Aussehen zeigen, vereinigt. Diese werden sofort unter besondren Maschinen oder unter Dampfhämmern verdichtet, wodurch die in großen Mengen vorhandene Schlacke ausgepreßt wird, und unter Walzen zu Rohschienen ausgereckt. Die erpuddelten Rohschienen sind nie so dicht und ganz als die durch Herdfrischen gewonnenen. Die große Menge Schlacke läßt sich nicht mit einem Male so vollkommen entfernen. Erst durch wiederholtes Zusammenschweißen, Überschmieden oder Auswalzen der Rohschienen entsteht ein brauchbares Schmiedeisen. - Das Puddeln (Durchrühren) ist eine sehr schwere Arbeit; viele Versuche sind gemacht worden, dieselbe auf mechanischem Wege zu verrichten (Rührvorrichtungen, rotierende Puddelöfen). - Das Puddeln hat gegenwärtig lange nicht mehr die Bedeutung, wie noch vor 10 und 20 Jahren. Seitdem Bessemer gezeigt hat, wie Stahl und nach den neuesten Erfahrungen auch Flußeisen in großen Massen billig hergestellt werden kann, sind tausende der Puddelöfen zum Stillstand gekommen. An dieser Stelle muß auch das schmiedbare (getemperte, adouzierte) Gußeisen einen Platz finden. Wenn man Gegenstände, die aus halbiertem Gußeisen mit Schmiedeisenzusatz gegossen sind, mit Sauerstoff abgebenden Substanzen (Hammerschlag, gepulverter Roteisenstein) andauernd glüht, so wird dem Gußeisen allmälig der Kohlenstoff entzogen. Es geht durch Stahl über in weiches, nicht härtbares Schmiedeisen, welches zähe und biegsam ist, sich sehr leicht bearbeiten, bei bester Qualität auch schweißen läßt. Das Tempern eignet

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 109.