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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Essigäther

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Essig - Essigäther

andren Säuren oder scharfen Pflanzensubstanzen muß dem Chemiker überlassen werden. Übrigens gibt schon das Eindampfen einer Probe und Prüfung der dabei auftretenden Gerüche und Geschmäcke dem Geübten ziemlich guten Aufschluß über die Beschaffenheit eines E. -

Die Essigsäure (Acetylsäure, lat. acidum aceticum, frz. acide acétique, engl. acetic acid), also das saure Prinzip des E. ohne Verdünnungswasser, ist ebenfalls Gegenstand der Fabrikation und des Handels und kommt in verschiednen Graden der Stärke und Reinheit vor. Eine direkte Trennung von Wasser und Säure ist nicht ausführbar, man bindet daher die Säure des E. an eine Basis, stellt also ein essigsaures Salz dar, das man trocknet und durch Einwirkung einer starken Säure wieder zerlegt. Das gewöhnlich angewandte Salz ist das essigsaure Natron und die Säure Schwefelsäure. Das Salz wird zunächst durch Schmelzen über Feuer entwässert, dann mit überschüssiger Schwefelsäure der Destillation unterworfen, die Essigsäure destilliert über und saures schwefelsaures Natron bleibt zurück. Die meiste Essigsäure wird jetzt aus Holzessig (s. d.) bereitet und zwar in einer Reinheit, daß man ihren Ursprung nicht mehr erkennen kann. Hat man geschmolzenes, d. h. wasserfreies essigsaures Natron angewendet, so erhält man die stärkste Essigsäure, gewöhnlich Eisessig (acidum aceticum glaciale) genannt; war jedoch das zu zersetzende Salz nicht vollständig entwässert, so daß also noch etwas Wasser mit in das Destillat übergeht, so erhält man eine mehr oder weniger wasserhaltige Essigsäure. Die Säure bildet dann eine wasserhelle Flüssigkeit, die, auf +8° abgekühlt, sich teilweise in helle eisähnliche Kristalle verwandelt. Die wasserfreie Säure dagegen gesteht unter diesen Umständen vollständig zu farblosen Kristallen, die sich erst bei 17° wieder verflüssigen. Gießt man von den Kristallen der erwähnten konzentrierten Essigsäure das flüssig Gebliebene ab, so hat man dieselbe stärkere Säure. Übrigens mag noch bemerkt sein, daß auch die stärkste Säure nicht eigentlich wasserfrei ist, sie enthält noch Wasser, welches sich nicht austreiben läßt, ist demnach Essigsäurehydrat. Nur in ihre Salze geht sie wasserfrei ein. Das auf ganz andre Weise zu erzeugende Essigsäureanhydrit kommt nicht in den Handel. Der Eisessig hat den Essiggeruch und Geschmack äußerst konzentriert und stechend, ist sehr flüchtig und sein Dampf ist brennbar. Auf die Haut wirkt er stark ätzend und zerstörend. Reine geschmolzene Eisessigsäure muß reines Zitronenöl klar auflösen; sowie die Säure schwächer ist, d. h. (nicht chemisch gebundenes, sondern nur beigemengtes) Wasser enthält, löst sich das Zitronenöl nicht mehr darin. Im Handel bezeichnet man eine Essigsäure von 1,070 specif. Gew. oft auch noch als Eisessig (der stärkste Eisessig hat 1,063 specif. Gew.); diese Säure löst jedoch Zitronenöl nicht mehr auf, wohl aber Nelkenöl. Außer diesen beiden stärksten Sorten hat man im Handel noch schwächere, so z. B. Essigsäure von 1,060 specif. Gew. (= 10° Beck oder 8½ Bmé.), ferner solche von 1,056 specif. Gew. (= 9° Beck oder 8° Bmé.) und von 1,040 specif. Gew. (= 6½° Beck oder 6° Bmé.). Außer nach der Stärke unterscheidet man die Essigsäure des Handels auch noch nach dem größeren oder geringeren Grade ihrer Reinheit; man hat hiernach: rohe oder technische Essigsäure (acidum aceticum crudum), welche noch schwachgelblich gefärbt ist und einen geringen brenzlichen Nebengeruch besitzt, ferner gereinigte Essigsäure (acidum aceticum purum) farblos ohne Nebengeruch, und chemisch reine Essigsäure (acidum aceticum purissimum), die frei von allen fremden Bestandteilen sein muß. -

Die Versendung der Essigsäure erfolgt in Glasballons, beim Eisessig in solchen mit Glasstöpsel. Die Essigsäure wird in der Medizin und Färberei, in der Teerfarbenfabrikation und zur Bereitung verschiedner chemischer Präparate benutzt; die Eisessigsäure findet hauptsächlich in der Photographie Verwendung. Bei der Bestimmung der Stärke der Essigsäuresorten ist das spezifische Gewicht nicht in allen Fällen, sondern nur bei den schwächeren Sorten maßgebend, da das Maximum der Dichte dieser Säure nicht mit dem Maximalgehalte an Essigsäurehydrat zusammenfällt, sondern vielmehr das Maximum der Dichte einer wasserhaltigen Säure zukommt, und die Dichte von diesem Punkte aus, sowohl bei steigendem Essigsäuregehalte, als auch bei steigendem Wassergehalte abnimmt. So hat z. B. eine Essigsäure von 41% Essigsäuregehalt und 59% Wasser bei 15° C. dasselbe spezif. Gew. wie das wasserfreie Essigsäurehydrat (Eisessig) von 100%. Es muß also, um hier Irrtum zu vermeiden, die Säure auf +8° C. abgekühlt werden, um zu sehen, ob sie erstarrt, was bei der 41 prozentigen von demselben spezifischen Gewicht nicht der Fall ist, oder man muß ermitteln, wie viel die betreffende Säure Natron zu ihrer Sättigung bedarf. - Einfuhrzoll für Essig und Essigsäure s. Tarif Nr. 25 d 1 u. 2. Für den zur Essigbereitung unter amtlicher Aufsicht mit Essig und Wasser vermischten Branntwein wird die Steuer nach den gleichen Sätzen, wie beim Export des letzteren vergütet.

Essigäther (Aether aceticus, Essignaphta, Essigsäureäthyläther, essigsaures Äthyloxyd); eine chemische Verbindung des gewöhnlichen Äthers (s. d.) mit Essigsäure, ist eine leichte, flüchtige, brennbare und wasserhelle Flüssigkeit; sein Geruch ist angenehm erfrischend, an seines Obst erinnernd. Der E. wird erhalten, wenn man dem Gemisch von Schwefelsäure und Alkohol, welches für sich bei der Destillation gewöhnlichen Äther geben würde, noch Essigsäure oder ein essigsaures Salz zusetzt, das vorher durch Hitze entwässert wurde. Durch Schütteln des Destillats mit Wasser, kohlensaurem Natron und schließlich durch Destillation über Chlorcalcium wird der Äther rein dargestellt. Die käufliche Ware enthält häufig noch kleine Mengen von Alkohol und Wasser. Man gebraucht den Stoff medizinisch, vielfach auch unter Fruchtessenzen und zur Geschmacksverbesserung von Branntwein. Man unterscheidet im Handel nach der Stärke mehrere Sorten; die stärkste und reinste Sorte, gewöhnlich nur für